Austausch des Kondensators in der Netz Zuleitung
Von einem Leser kam diese Frage:
Hallo Herr Ohmberger,
schöne mail-Adresse....und genau der Grund meiner Anfrage.
Nach vergeblichen Internet-Suchen zu meiner Frage, bin ich wieder auf
Ihre HP getroffen. Eine Seite die ich seit
vielen Monaten immer mal wieder aufsuche, um als Nicht-Elektroniker und
Hobby-Löter zu lernen.
Die Frage die mich beschäftigt ist folgende:
An vielen Hifi-Geräten befindet sich parallel zur Netzleitung (im
Gerätegehäuse) ein Kondensator. Ich habe bei einem
Elektronik-Versand gesucht und heraus gefunden, dass es sich hier meist
um Polyester
Kondensatoren, radial, metallisiert handelt. In meinem Gerät z. B.
ein 470 nF Typ (roter Bonbon). Jetzt habe ich in einer Quelle ein Bild
gesehen, indem dieser Kondensator gegen einen MKP gleichen Wertes
getauscht wurde und zudem noch mit kleineren Cs im Bypass versehen
wurde.
Spiele mit dem Gedanken dies auch durchzuführen, aber ich möchte
verstehen was ich mache und
welche Auswirkungen es hat.
Frage 1: Aus welchem Grund versieht man Netzleitungen parallel mit Cs?
Frage 2: Macht es elektrotechnisch überhaupt Sinn hier zu modifizieren,
kann man durch andere Werte und/oder Typen (z. B. MKP, also Polypropylen) hier eine verbesserte Strom-
/Spannungsversorgung für die Gleichrichtungsdioden/Siebelkos
erreichen/erahnen/vermuten? Mit der freundlichen Bitte um Hilfestellung.
Vielen Dank und schönes Wochenende
Karl
Antwort ein Tag darauf:
Hallo Karl,
An der Netzzuleitung filtert Ihr Kondensator höherfrequente Störanteile
heraus, besser gesagt er schwächt sie ab, alles auf Basis eines
Tiefpasses.
http://www.amplifier.cd/Tutorial/Grundlagen/Tiefpass.htm
Ihr roter Kondensator ist das C und grob gesagt ihre Netzzuleitung und die
Elektroleitungen in der Wand bilden das L und das R. Wenn der Kondensator
nach der Gerätesicherung verbaut ist, ist es sicherheitstechnisch am
günstigsten.
Es ist ganz wichtig an dieser Stelle, dass nur Kondensatoren an der
Netzzuleitung verwendet werden, die auch speziell für den Betrieb
am Netz geeignet sind; es sind X-Kondensatoren (Phase gegen
Neutralleiter), bzw. Y-Kondensatoren (L oder N gegen Schutzleiter) und
für Deutschland VDE zugelassen sein (sollten?/müssen? - ich
weiß es nicht?), ohne jeden Zweifel würde ich aber nur
geprüfte Kondensatoren empfehlen und selbst verwenden.
An der Stelle Netzuleitung ist die Verwendung eines zugelassen
Kondensators weit wichtiger, als nur die reine Frage nach der Art des
Dieelektrikums oder der Spannungsfestigkeit; natürlich tut ein anderer
ausreichend dimensionierter und ausreichend spannungsfester
Folienkondensator gut seine Arbeit am Netz, logisch, nur würde ich
ganz klar nur Typen verbauen, die auch dafür konstruiert und zugelassen
worden sind. Um nicht falsch verstanden zu werden, diese X und Y
Kondensatoren sind elektrisch sehr gute Kondensatoren, insbesondere aber von der Konstruktion her, sehr sichere hierfür.
Ob nun der Verlustfaktor durch Verwendung eines noch
verlustärmeren Materials oder durch den mechanischen Aufbau etwas
besser ist (verglichen zum zugelassen Typ) spielt bei dieser Anwendung
nach meiner Auffassung keine Rolle. An dieser Stelle gäbe es noch
andere Maßnahmen die Wirksamkeit des Kondensators zu
erhöhen, beispielsweise durch Serieneinbau einer geeineten und
zugelassenen Induktivität oder ein geschlossenes Komplettfilter
(siehe wieder Tiefpass). Alles verschiedene Maßnahmen, deren
Einbau unbedingt entsprechendes Fachwissen erfordert, insbesondere
wegen Einhaltung der Schutzklassen. Auch sehr wichtig zu wissen ist, in
Umlauf gebrachte Geräte müssen je nach Klasse, EMV
Bedingungen erfüllen, falsche Änderungen am Serienzustand
können das Nicht Einhalten bewirken, insbesondere z.B. bei
getakteten Netzteilen passiert das sehr schnell. Wobei man klar
dazusagen muss, wenn man sinnvolle, richtige Änderungen
durchführt gibt es da keine Probleme, oft im Gegenteil.
Klanglich bringen wird es nach meiner Ansicht - NICHTS -. Es bringt
klanglich nur dann etwas in dem Moment, in dem auch Störungen im
Netz anliegen würden. Der Tausch zu einem besseren Kondensator als
wirksamerer Tiefpass erhöht eventuell die Sicherheit der
nachfolgenden Elektronik gegenüber kleineren
(höherfrequenteren) Spannungsspitzen, falls die
sekundärseitige Filterung nicht in der Lage ist diese
genügend auszufiltern. Gegenüber größeren
Spannungsspitzen sind selbstverständlich zugelassene Varistoren
eine äußerst wirksame Waffe. Jedoch das deutsche Stromnetz
ist recht sauber, die deutschen Elektroversorger geben sich
hierfür die größte Mühe. Wenn natürlich ein
örtlicher elektrischer Störenfried in der näheren
Ümgebung alles mit HF-Störungen und Spannungsspitzen auf dem
Netz versaut, kann der Elektroversorger nichts dafür. Für
solche Fälle in der Nähe solcher Umgebung ist es sinnvoll
Abwehrmaßnahmen zu ergreifen.
Allgemein schreibe ich zu dem Thema "Arbeiten im Bereich der Netzspannung"
nur sehr ungern, da Ratschläge hierfür auch eine gewisse Verantwortung
darstellen, insbesondere in unserem Rechtssystem. Ich hätte die
Berufsaubildung und das Fachwissen es zu tun. Mein Ratschlag, belassen Sie
es beim Serienzustand des Gerätes.
Wenn Sie etwas gegenüber EMV Störungen tun wollen, wäre
der Kauf eines Filters sinnvoll, beispielsweise eine Steckdosenleiste,
die einen geprüften, zugelassenen Filter enthält. Das ist die
sicherste Lösung ohne großen Aufwand. Nur extrem viel Geld
dafür würde ich nicht ausgeben (wenn man's hat, warum nicht),
klangliche Wunder erwarten erst recht nicht. Würde Maß
behalten und versuchen ein Produkt zu wählen, dass sein
Preis-Leistungsverhältnis bereits in einem Test bewiesen hat.
Manche dieser Produkte können sicherlich auch einen guten
Überspannungsschutz nachweisen, zum Schutz angesteckter, teurer
Elektronik durchaus sinnvoll, wobei es den "Normalblitz und die
Normalblitzbedingungen" natürlich nicht gibt; damit will ich
sagen, wenn es "volle Kanne" in unmittelbarer Nähe an der
richtigen Stelle reinhaut, dann ist alles zu spät. Ich kann Ihnen
da leider keine Kaufempfehlung geben, da ich in meinen
Privatgeräten und Meßgeräten eine hochwertige EMV
Filterung/Überspannungsschutz Kombination grundsätzlich in
die Stromversorgung des Gerätes selbst miteinkonstruiere, und
damit ist das Thema eigentlich immer auf Lebenszeit des Gerätes
vom Tisch. Aber wie gesagt auch hier: "voller Kanne" nützt
das dann auch nichts mehr. Nur oft ist ein klein wenig immer noch
besser als gar nichts.
Nochmal zusammenfassend, klanglich bringen Verbesserungen an der EMV
Filterung nur dann etwas, "in dem Moment der Störung". Wenn jemand
ernsthaft behauptet, er höre ständig durch seine Maßnahmen "ein besseres
Klangbild" dann könnte das nur deswegen so sein, weil er eine permanente
oder häufige EMV Störung an seinem Netz vorliegen hätte. Oder die zweite
Variante, dass sein Gerät per Konstruktion selbst ein "EMV-Störer" ist,
und durch die Maßnahme die Störungen nach außen hin nun etwas gedämpft
worden sind (z.B. rückwärts in andere Singalquellen hinein), aber generell
sind solche Geräte arm dran, deren Serienzustand es nötig hat zusätzlich entstört
werden zu müssen. Gewissenhafte Hersteller geben sich jedenfalls größte Mühe selbst nicht
zu stören oder störbar zu sein, wobei die Wirksamkeit der Dämpfung natürlich immer eine Frage
der Kosten und Wirtschaftlichkeit ist. Man kann immer alles etwas besser
machen als es vorher war, immer stellt sich die Frage "Aufwand zu Nutzen".
Man könnte jetzt noch endlos diskutieren und spekulieren, macht
auf oberflächlicher Ebene aber keinen weiteren Sinn, da wären
jetzt Messungen und Versuchsaufbauten der wissenschaftlich korrekte
Weg. Auch nochmal als Erinnerung, sie sprachen hier vom Kondensator an
der Netzzuleitung, also vor dem Transformator und nicht von
sekundärseitigen Kondensatoren zum Zwecke der Gleichrichtung,
diese müssten gesondert behandelt werden oder ganz besonders auch
bei Kondensatoren im Signalweg und bei Filterfunktionen mit definiertem
Frequenzgang.
Grüße
Ralf
Nochmal als Kurzantwort:
zur Frage 1:
als Abwehrmaßnahme gegen manche Störungen, die auf der
Netzzuleitung anliegen können. Sowie auch als Filter in der
umgekehrten Richtung, falls aus dem Gerät heraus Störungen
zurück auf die Netzzuleitung treffen würden.
zur Frage 2:
Modifikationen an dieser Stelle erfordern Sachverstand in der Auswahl
eines zugelassenen Kondensators aus Gründen der elektrischen
Sicherheit und des Brandschutzes. Empfehle nicht den Serienzustand des Gerätes zu verändern
ohne das Wissen zu haben was man tut. Gewissenhafte
Gerätehersteller haben dieses Problem bereits erfolgreich
bearbeitet. Eine positive klangliche Auswirkung durch einen Austausch
an dieser Stelle halte ich wie bereits im obigen Text beschrieben
für äußerst gering, es sei denn es liegen hörbare
Störungen vor, die sich aber auch durch geeignete, geprüfte
Steckdosenleisten dämpfen lassen, aber nur wenn diese
Störungen auch tatsächlich netzgebunden sind, was nicht immer
leicht einschätzbar ist und auch nicht immer der Fall ist.
Der Grundgedanke des Modifizierenden war es durch Tausch gegen einen
Kondensator mit noch geringerem Verlustfaktor die Wirksamkeit des
Tiefpassfilters gegenüber Störungen aus dem Netz zu
erhöhen.