Erden des Verstärker Eingang - Stromregelung statt Spannungsregelung am Lautsprecher


Sehr geehrter Herr Ohmberger,

mein Name ist XXXXXXX, ich studiere Maschinenbau an der XXXXX.
Auf der Suche nach Antworten in den unendlichen Weiten des Webs, bin ich auf Ihre sehr interessante und informative Seite gestoßen. Leider entsprechen meine Elektrotechnik Kenntnisse nicht dem Interesse, das ich an ihr oder dem Thema HiFi habe. So stellen sich mir immer wieder Fragen, die ich trotz Internet und Wikipedia nicht beantworten kann.

1.) So habe ich vor einiger Zeit die Masse an den Cinchbuchsen meines Verstärkers geerdet (nicht über den Schutzleiter einer Steckdose, sondern über den Masseanschluss der Antennenbuchse, der in der Hauselektrik irgendwo mit dem Schutzleiter für die Steckdosen zusammenzulaufen scheint). Der Grund dafür war, dass sich an den Masseanschlüssen der sonst nicht geerdeten Anlage eine Potenzialdifferenz von ca. 40 V gegenüber den Schutzleitern der Steckdose aufbaute. Dieses war dann durch ein deutlich spürbares "Kribbeln" beim berühren der Gehäuse wahrnehmbar. Nun weiß ich nicht ob das Erden eine so gute Idee war. Einerseits wäre die Anlage sowieso geerdet, würde ich den Sattelitenreceiver an den Verstärker anschließen. Schädlich kann es also schon mal nicht sein. Andererseits ist der Verstärker selbst ja nicht geerdet, da keine Schutzleiter vorhanden sind.

2.) Die zweite Frage ist mir ehrlich gesagt peinlich lässt mir aber keine Ruhe. Wieso sind Audioverstärker als Spannungsverstärker ausgelegt? Ich geh mal vom einfachsten Fall aus, nämlich dem, dass an den Verstärker nur ein einziges Lautsprecher Chassis, also einfach nur eine Spule ohne Frequenzweiche angeschlossen ist. Auf diese Spule wirkt nun die Lorentzkraft F= B*I*L, die sie in Schwingungen versetzt. Diese ist aber von der Stromstärke abhängig und nicht von der Spannung. Steigt nun der induktive Widerstand der Spule mit der Frequenz an, so fließt immer weniger Strom durch sie, womit sich auch die Lorentzkraft verringert. Dies steht aber im Widerspruch zu der Tatsache, dass die Spule bei höheren Frequenzen stärker beschleunigt werden muss.


Wenn Sie mir bei der Beantwortung dieser Fragen behilflich sein könnten, wäre ich Ihnen sehr dankbar, denn ich habe weder Bücher, noch Internetseiten gefunden, die mir auf diese zugegebener weise sehr eigenartigen Fragen, eine Antwort geben konnten.

Vielen Dank im Voraus
XXXXXXXX

Antwort:

Bei leichtem Kribbeln (ernsthaft) besteht schon Verdacht auf akute Gefahr eines elektrischen Schlags - Anlage abschalten und spannungslos machen , gegen wiedereinschalten sichern,  Anlage von professionellem Elektroinstallateur prüfen lassen. 

Erden von Verstärkereingängen ist eigenes Risiko, im Zweifelsfall gelten die Angaben im Bedienerhandbuch der Geräte, und wenn da nichts von Erden drin steht, dann soll auch nicht geerdet werden.


Hallo xxxxx,

zu den allgemeinen Fragen eine persönliche Meinung, die niemandem aufgedrängt werden soll:

Erdung:


Ist dadurch mit Klangeinbußen zu rechen? Normalerweise nein.
Viele Verstärker Systeme sind schutzisoliert aufgebaut und für Gleichspannungnen und NF Spannungen ist die Niederspannungsseite floatend, sie über die Antennenbuchse zu erden sollte kein Problem darstellen, sonst wäre die Buchse nicht am Gerät. Brummen darf es nicht, wenn doch dann ist die Antennenanlage nicht richtig geerdet und zuerst muss die Antennenanlage brummfrei gemacht werden. Prinzipiell spricht nichts dagegen die Masse der Eingänge niederohmig auf Erdpotential zu legen. Wenn Brummgeräusche auftreten ist es zumeist eine schlechte Schirmung und eine Einstreuung in offene Kabel etc., ich denke bei guten Geräten ist seltener die Brummspannung tatsächlich als Störspannung (damit Signal) auf dem Kabel mit drauf. Im Falle aller Fälle als letzte Maßnahme die Masse des Verstärker Eingangs hart auf Erde legen, dann ist Ruhe im Busch. Alle Geräte sollten in die gleiche Steckdosenleiste, das ist sowieso günstig für den Betrieb der Anlage, daran angeschlossene Fernseher, Video etc. gleich mit dazu. Wenn es dann immer noch brummen sollte entsorge den Müll und kaufe was Gescheites. Durch ausstecken und abklemmen der einzelnen Geräte ist es ja leicht lokalisierbar welches Gerät der Übeltäter ist.

Normalerweise ist der Koaxialmantel aller Antennenleitungen geerdet über eine Potentialausgleichsschiene. Diese Schiene führt mit einem dicken Kupferkabel auf eine Hauptpotentialausgleichsschiene und die ist angeschlossen über ein dickes massives Metallband z.B. am Fundamenterder des Gebäudes. Von diesem geht dann eine massive Kupfer Erdungsleitung auch an den PEN des Übergabekasten vom Elektroversorgungsunternehmen. Auch die Schutzleiterschiene im Sicherungsverteiler ist daran angeschlossen. Zusätzlich kommen an diese Potentialausgleichschiene noch metallische Wasser- Heizungs-, Gasleitungen, Dusch- und Badewannen und auch der Blitzableiter. Verbrauchszähler (z.B. Wasseruhren) sind sogar dauerhaft mit einem Bügel gebrückt, so dass bei deren Ausbau die Verbindung nicht abreißt. Geerdet sind nicht nur die Koaxialleitungen der Antennenanlagen sondern auch die Antennenmasten und damit die Antennen, auch Satellitenanlagen sollten geerdet sein. Im Prinzip sind viele größere metallische Gebilde geedert. Die VDE Vorschriten hierzu sind eindeutig was, wie und wo geerdet werden muss und seit Jahren im Kern unverändert geblieben, Deutschland hat klare und sinnvolle VDE Bestimmungen und meine Erfahrungen mit deren Einhaltung in Bezug auf Erdung sind flächendeckend gut. Klar gibt es immer Stellen wo gepfuscht worden ist, oder einfach was vergessen worden ist, Antennenanlagen sind tatsächlich ein realer Kandidat hierfür, oft wurden Antennen nachträglich angebracht (wenige erden ihre Satellitenschüssel, die sie am Wochende an die Wand schrauben).  Manche Antennenkabel wurden einfach vergessen zu erden oder nachträglich drangebastelt. Manche Häuser wurden noch vor dem Krieg gebaut, 25 Jahre später kam dann der erste Fernseher in die Bude, auf dem Dachstuhl lag aber garantiert kein dickes Kupferkabel, dass an die Potentialausgleichsschiene (früher die Wasserleitung) führte. Glaub doch nicht im Ernst, dass da jeder Antennenbauer hingegangen ist und hat ein 10mm² Kuferkabel vom Keller hoch bis in den Speicher gelegt, am besten mit der Schlitzfräse einmal quer durchs Wohnzimmer von Papa und Mutti. Es wurde dann oft irgendwas zusammengeerdet wo man was erdenswertes gefunden hatte, sei es an der Zuleitung vom Antennenverstärker. Fast immer war früher glücklicherweise der Hausanschlusskasten auch auf dem Dachboden, manche konnten dort erden, der Weg zum rettenden Sicherungskasten war früher meist auch nicht so weit, auch die Holzbretter der Decken konnten noch mit einem Stemmeisen und Staub- und Strohfressen überwunden werden. Für's Fernsehen ging eine miese Erdung dann über Jahre gut, die klanglich bessere Stereoanlage der Neuzeit fing an zu meckern. Die Ursache für Brummen kann vielfältig sein, man muss immer das Gesamtkonzept des Hauses in dem man wohnt berücksichtigen und dies zuerst klären, Allgemeinrezepte gibt es leider nicht.

Die beste messtechnische Erdung hätte man wahrscheinlich direkt am Fundamenterder, der in der Nähe vom PEN des Hautkabels ist - aber im feuchten Keller die Stereoanlage? na ja.

Zusätzliches  Erden ist nur ein letzter Versuch, wenn die Brummerei sonst nicht weggeht, Erden von Verstärkereingängen als alleinige Vorsichtsmaßnahme wenn es bereits super gut und problemlos klingt ist sinnlos, bleiben lassen. 

Aber wo denn erden? Um das zu tun, sollte das Wissen eines Elektronistallateurs befragt werden, einmal aus Versehen falsch anschließen und der Tod ist nahe. Ich meine das wirklich vollends ernst, wer da keine Ahnung hat wirklich Finger weg und den Elektriker fragen, das kostet nicht viel, der macht das Ruck-Zuck im Handumdrehen, ihn danach zu fragen braucht auch niemandem peinlich zu sein, man kann nicht alles wissen, dafür ist ein Leben zu kurz und wenn man falsch erdet ist es noch kürzer.

Gefahr für die Geräte beim Erden besteht besonders dann wenn z.B. der Verstärker intern als Brückenschaltung aufgebaut ist, wenn man dann den Minuspol des Verstärkerausgangs auch hart auf Erde legen würde zusammen mit dem Minus des Eingangs kann die Endstufe je nach internen Schutzmaßnahmen tatsächlich zerstört werden. Und es arbeiten gar nicht mal so wenige Geräte nach dem Prinzip einer internen Brückenschaltung. Diese interne Brückenschaltung ist eine Methode um mit einer geringeren internen DC Betriebsspannung mehr Leistung herauszuholen, es ist auch in der Herstellung günstiger mit kleineren internen DC Spannungen auszukommen. Beispielsweise sind fast alle Autoradios (besonders die ohne internen DC/DC Converter) fast alles Geräte mit interner Brückenschaltung, da nur 12 Volt zur Verfügung stehen,  schließt man dort den Minuspol des Ausgangs mit dem Minus des Eingang zusammen, geht meist nix mehr - manche gehen dabei sogar kaputt, viele sind dagegen geschützt. Man muss bei solchen Spielereien daher genau wissen was man tut. Daher grundsätzlich keinenfalls die Verstärkerausgänge an Erde legen, es sei denn man kennt den inneren Aufbau des Verstärkers sehr gut und weiß die Schaltungstechnik erlaubt dies.

Wenn man erdet sollte am auch wissen, falls sich z.B. durch einen Blitzschlag an zwei verschiedenen Erdungsstellen ein Spannungspotential aufbaut kann das den Verstärkereingang direkt zerstören kann, das geht dann Ruck-Zuck, viel Spannung halten die nicht aus. Es ist sehr sehr schwer über dieses breite Thema allgemeingültiges zu schreiben, fast an der Grenze des machbaren.

Im Zweifelsfall den Hersteller der Geräte befragen oder noch besser das Erden bleiben lassen.

Stromregelung:

da hast Du Recht, habe ich mich auch schon oft gefragt warum keine Stromregelung, mit dem gleichen Gedanken wie Du auch. Ich muss dazu sagen, von Lautsprechern habe ich keine Ahnung. Ein Lautsprecherexperte sagte mir mal, der Lautsprecher braucht eine Spannung als geregelte Führungsgröße und keinen Strom, ich habe es so hingenommen. Man könnte auch problemlos einen geregelten Stromverstärker anstatt einen Spannungsverstärker bauen, das wäre technisch kein Problem, allerdings aufwendiger. Als Ingenieur stehe ich täglich oft vor dem Problem etwas bauen zu müssen, das ein anderer will und ich es selber aber anders machen würde, er aber nur zahlt für das was er will und nicht für das was ich selber für richtig halte. Dagegen anzukämpfen holt man sich nur viel Ärger ein, der es nicht wert ist. Richtig kreativ werde ich dann, wenn mich einer frägt wie ich es denn machen würde und Bereitschaft zeigt zusammen nach der geeignesten Lösung zu suchen - ansonsten ist mir das ganze ziemlich wurscht - das ist der Selbstschutzmechanismus eines Ingenieurs, sonst geht er im Kopf kaputt.

Du kannst mir glauben, wenn die Stromregelung der Schlüssel zum besonderen Klangerlebnis wäre, die Menschheit hätte es schon lange gemacht. Falls ein Lautsprecherexperte der Meinung ist, das stimmt so nicht, soll er sich melden, würde mich interessieren.

Viele Grüße Ralf

www.amplifier.cd

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