Eine kleine Exkursion durch die Welt des ESD Schutzes:
Auch im Hobbybereich sollte genauso wie im industriellen Bereich ein
ESD Schutz gewährleistet sein. ESD = electro static charge and
discharge. Der Begriff ist eine umfassende Abkürzung
für den kontrollierten Umgang und Maßnahmen zum
Schutz von Elektroniken und Bauteilen gegen elektrostatische
Entladungen.
Maßnahmen:
Eine der wichtigsten Hilfsmittel ist eine intakte, richtig geerdete
hochwertige
ESD Matte mit Armband, um sein Handgelenk daran
anzuschließen. Die Matte ist über einen 1
Meg
Ohm
Widerstand mit dem Erdpotential verbunden, der
Widerstand zusätzlich sogar noch spannungsfest bis
1000 Volt.
Z.B könnte der Fußboden in einem Labor
durchaus ein alter, leicht mit Feuchte
gesättigter,
statisch kaum aufladbarer Holzfußboden sein. Die
Luftfeuchtigkeit
entspricht im Ideal dem eines feuchteren Wohnraums. In vielen
industriellen Anlagen finden sich Klimaanlagen, die trocknende
Eigenschaften aufweisen. Dies ist eine spitzfindige
Anspielung darauf, dass dieser essentielle Parameter der ausreichenden
Luftfeuchteüberwachung und Luftbefeuchtung von
vielen aus Unwissenheit unterschätzt wird, ein
trügerisches
Nichtwissen. Glücklicherweise verwirklichen viele Unternehmen
durchaus einen korrekten und wirksamen, umfassenden
ESD-Schutz, habe im
Leben
jedoch auch schon viel Schwachsinn beobachtet, der mehr schadet als
nützt.
Ich will eigentlich mit diesem Abschnitt nur sagen, ESD
Schutz muss aber auch zu Hause gar nicht teuer sein. Das
läßt
sich
bereits für ein paar lumpige Euros auch zu Hause
verwirklichen.
Beispielsweise ließe sich bestimmt eine ESD-Matte auch selbst
bauen, 1 Megohm Widerstand, Kupferfolie oder Streifen auf den Tisch geklebt und ein
dickes Baumwoll-Leintuch (kein Kunststoffmaterial)
darüber, anschließen über den ca.
>=1 Meg Widerstand
an der Wasserleitung oder der Heizung (bringt nichts bei
Kunstoffrohren). Am Schutzleiter geht es natürlich auch, den
Schukostecker
aber natürlich vom ausgebildeten Elektriker montieren lassen. Fehler sind hier tatsächlich ja auch wirklich
Lebensgefährlich, also noch mal: keinerlei
Empfehlung von mir ausgehend den Schuzleiter zu verwenden, wenn dann
nur durch
Anschluß vom ausgebildeten Elektriker.
Eine
wissentlich
geerdete Wasser- oder Heizungsleitung würde ich
grundsätzlich
vorziehen (wenn das Kabel auch lang ist, egal), die Verwechslungsgefahr
im Bereich der Schukosteckdose ist einfach zu hoch, das langfristige
Gefahrenpotetial einer Verwechslung zu hoch. Fragt den Elektriker
wo
man noch überall sinnvoll erden kann im Haus. Als weitere
Empfehlung
für die Stromversorgung in einem Labor im
Arbeitsbereich, man
sollte sich unbedingt vom Elektriker einen Fehlerstromschutzschalter
mit ausreichend niedrigem, dem Personenschutz angepassten,
Auslösestrom montieren lassen, Sicherheit geht vor.
Es ist eine Anschlußmöglichkeit für das
Armband an
der Matte zu schaffen, aber bloß niemals direkt
am
Erdpotential ein selbstgemachtes Armband anschließen !!!! Bitte
nur
über den
hochomigen, spannungsfesten ca. 1 Meg Widerstand.
Armbänder müssen auch einen Widerstand integriert haben
- also z.B. ein 1MegOhm im Armband als auch von der Matte zur Erde.
Nicht direkt
ans
Erdpotential hat zwei sehr wichtigen Gründe:
die
dadurch
entstehende äußerst hohe Lebensgefahr!!!!, Sie
wären in
einem Fehlerfall ein perfekter Rückleiter für
Ströme von
der Phase ausgehend über ihren Körper zurück
ins
Erdreich, das haut den Stärksten um.
Der zweite
Grund
ist der eigentliche ESD-technisch interessante; ein richtiger ESD
Schutz bedeuted "sanftes Entladen". Wenn Sie beispielsweise mit einem
Bauteil in der Hand von A nach B laufen und während des Laufen
Ladungen trennen und damit statisch genügend aufgeladen sind
und
Sie sich jetzt mit gutem Vorsatz am Punkt B über ein leider
direkt
niederohmig geerdetes Armband entladen würden, so geschieht
leider
eine "harte Entladung", ihr geladener Kleidungskondensator
entlädt
sich über die sehr niederohmige Armbandverbindung schlagartig
in
kleinsten Sekundenbruchteilen, mit der Folge einer sehr hohen
Stromanstiegsgeschwindigkeit - und genau diese, falls sie über
ein
Bauteil führt, mögen diese Teile überhaupt
nicht und
können dabei Schaden erleiden. Das ist sinnbildlich
vergleichbar mit einer sehr heftigen Windböe, die alles
umdrückt. Die sanfte Entadung (kleine
Stromanstiegsgeschwindigkeit) hingegen über eine
höherohmigen Widerstand
ist
wichtig. Es steht somit eine längere Zeitraum zur
Verfügung um sanft zu
entladen
mit kleinerer Stromspitze.
Die Verwendung der richtigen Kleidung während der
Handhabung der Bauteile und der Reparatur ist von Vorteil, meide
wirklich Kleidungsstücke mit hohen Anteilen an Kunstfasern,
wähle am besten eine komplette Bauwollbekleidung. Baumwolle
hat
die Eigenschaft der Bindung von Luft- und Körperfeuchte, die
die
Fähigkeit der statischen Aufladung des
Kleidungsstückes
bereits deutlich reduziert.
Eine statische Aufladung entsteht grundsätzlich immer in
Verbindung mit einer Bewegung, besonders beim Laufen oder schon mit den
Scharren der Füße am Boden wenn man sitzt, die
Bewegung ist
der Motor der Aufladung.
Schuhe sind auch ein kritisches Objekt, die
Beurteilung der statischen Eigenschaften dieser ist schwer und sehr
stark vom Sohlenmaterial abhängig. Generell gilt auch hier
wieder, Naturmaterialien im Bereich der Sohle
sind von Vorteil. Um sicher zu gehen existieren ESD geprüfte
Schuhe am Markt, zu deren Kauf ich raten würde. ESD Schuhe
zeigen
ihre höchste Wirkung in Verbindung mit ableitfähigem
Boden.
Verbanne im Bereich der Handhabung elektronischer Bauteile und
Schaltung den Umgang mit Verpackungschäumen,
Kunststoffverpackungsmaterialien und gewöhnlichen Kunstoffen
generell, selbst schon das Abziehen eines durchsichtigen Klebebandes
von seiner Rolle erzeugt immens hohe Ladungspotentiale.
Verpacken
bitte offene Elektronik mit ESD gerechtem Material, ist keines
vorhanden so nimm z.B. Papier oder Pappe, das ist gar nicht mal so
schlecht und ist feuchtigkeitsbindend.
Ein Beispiel für eine komplett untaugliche ESD Verpackung.
Ich
hatte einst ein paar Transistoren gekauft und war heilfroh diese noch
zu erhalten. Die Transistoren sind einfach aufgesteckt in einem
handelsüblichen Baumaterial das jeder kennt. Dieses Material
ist
als Verpackung für offene Elektronikmaterialien sehr
ungeeignet.
Bereits das alleinige Öffnen und ein klein wenig hin und
herschieben auf dem Tisch erzeugt mittels einer solchen Verpackung
bereits eine statische Spannung von etwa 900 Volt. Ein Bekannter hat
die Messung für mich durchgeführt.
Glücklicherweise sind
dies Endstufentransistoren, deren Empfindlichkeit nicht so
hoch
ist, wie dies beispielsweise bei kleinen HF Feldeffekt Transistoren der
Fall wäre, oder manchen CMOS. In Summe alle Bauteile mit
geringen
Eingangskapazitäten und niedrigen zulässigen
Spannungen sind extrem gefährdet. Gerade
Laserdioden
oder Leuchtdioden (niedrige Reverse Spannnungen) sind rucki zucki
defekt, es können sogar nur kaum merkliche Teilschädigungen auftreten.
Das häufig gesehene
Verpacken
von Bauteilen in Alufolie ist genau genommen auch Unsinn. Die Folie
lädt sich zwar statisch nicht auf, (ein Vorteil), sie hat
jedoch den Nachteil, das wenn die Pins der Bauteile die Folie
berühren, stellt
dieses hochgradig niederimpedante Material
eine elektrische Verbindung von den Pins zu der
Außenwelt
dar,
die Möglichkeit einer harten Entladung ist sehr
groß. Wer
kein spezielles Material hat, in Papier oder Pappe einpacken ist
nach meiner Meinung besser. Auch diese Verpackerei in handelsübliche
Plastiktüten, Kunstoffbecher,
Schrauben-Plastik-Sortimentskasten usw.
ist nicht das Wahre, jede noch so dreckige alte
vergammelte
Holzkiste, Zigarrenkiste oder Streichholzschachtel ist aus
ESD-technischer Sicht besser geeignet.
Das Gemeine durch ESD geschädigter Bauteile ist, sie
können
entweder sofort defekt sein oder zunächst nur
teilgeschädigt
werden, der Fehler tritt dann erst später auf, im
schlimmsten Fall im zunächst funktionierenden Gerät,
das dann
irgendwann ausfällt, wenn die Schädigung
fortgeschritten ist.
Man könnte stundenlang und seitenfüllend
über ESD
schreiben und vieles dazu messen, das führt hier jedoch zu
weit, mit
dieser kleinen Exkursion soll aber das Nachdenken über den
Umgang
mit elektronischen Bauelementen angeregt werden. Man braucht nichts auf
die Spitze zu treiben, aber nichts davon zu wissen oder es aus
Unglauben
zu ignorieren ist der schlimmste Fall.