Problemstellung: ein geschätzter Kollege stand vor der Schwierigkeit, wie kann er mit seinem Fahrad auf einer 4000 km Tour durch einsame Gegenden in Norwegen auf Dauer eine sichere Telefonverbindung herstellen. Alleine in diesem dünn besiedelten Land auf dem Fahrrad, das kann nicht nur einsam sein, sondern in bestimmten Situationen auch gefährlich werden.
Heutige
Handies haben aus Gründen des Designs fast nur noch
formangepasste Lithium Ionen Akkus. Handies mit Nickel Metall Hybrid
Akkus in den Größen Mignon oder Micro gibt es so gut
wie gar nicht mehr, früher war das mal, ich habe schon sehr lange
keines mehr gesehen bei dem überall kaufbare Standard Batterien
passen würden. Also
mit einfach neue Batterien einlegen, iss
nicht. Wen juckt das schon? Den normalen Mitteleuropäer
garantiert nicht, da es Strom und Steckdosen fast sowieso an jeder Ecke
gibt. Der Markt stellt sich eben darauf darauf ein.
Anders ist das in anderen Regionen der Erde, beispielsweise auch in Afrika, da ist es durchaus üblich, dass dort mit dem Aufladen der Handies sogar noch Geld verdient werden kann. Es ist dort im tiefsten Afrika so: viele Menschen wohnen im Umfeld der grossen Städte, dort wachsen dann sofort die Handy Funknetze empor, denn auf diesem Kontinent gilt eines: "ich habe zwar keinen Strom in meiner Hütte, aber ein Handy das brauch ich, hab schon eines und meine kleine Schwester auch schon", "laden tue ich es bei meinem Nachbarn eine Strasse weiter, der hat Strom und nimmt mir dafür umgerechtnet nur 10 Cent, dann reicht das wieder zwei Wochen, wenn ich es nachts ausschalte und Batteriestrom spare". Alles selbst als Tatsache so erlebt. Probiert das mal in Deutschland mit einer Zeitungsanzeige: "lade ihr Handy auf für nur 10 Cent".
Nun in Norwegen ist das etwas anders, da hat sicherlich jede Ortschaft Strom, aber was macht man auf dem Fahrad alleine in dieser Gegend ohne Strom und will auf das Telefon nicht verzichten?
Freitag Nachmittag:
Zunächst
die Betrachtung des Dynamos: der gute Kerl kauft einen Nabendynamo im
Vorderrad, das ist schon mal eine zuverlässige Vorraussetzung.
Das Oszi an den Dynamo angeschlossen und mal schaun was da so raus
kommt? Erwartungsgemäß Wechselspannung deren
Frequenz Raddrehzahlabhängig ist. Die Amplitude war etwa auf
10Volt begrenzt, egal wie
schnell man das Rad auch drehte. Selbstverständlich bei ganz
langsamer Fahrt weniger.
Analyse der Ladespannung meines Kollegen waren 8,4 Volt für das Handy, der MP3 Player brauchte auch etwa 5 Volt. Wo bekommt man die jetzt her? Nach dem Dynamo der Einbau einer Sicherung, Brückengleichrichter, Gleichrichter Elko. Aber wie jetzt runtersetzen?
Ein
Linearregler scheidet natürlich aus Gründen der
Verlustleitung aus, auch wegen der teilweise stark sinkenden Spannung
im langsamen Fahrbetrieb.
Lösung ist ein Schaltregler:
mit einem geeigneten Schaltregler läßt sich mit einem Wirkungsgrad in der Größenordnung von ca. 75-95% (je nach Modell und Randbedingungen) die Spannung auf die beiden gewünschten Ladespannungen herabsetzen. Aber wie in zwei Stunden eine Schaltung zusammenbekommen? Keine Ursache, das Glück stand uns zur Seite, man nehme ein Evaluationsboard eines Schaltreglers, von einem vorzüglichen und ultra flexiblem Baustein, der in seiner Weite der Anwendungen (wahlweise Boost, Buck, Inverting oder Sepic) nur als absolute Spitzenklasse zu bezeichnen ist, was besseres fällt mir dazu auch nicht mehr ein. Da dieses Board in der Vergangenheit meinerseits bereits ausgiebig getestet worden ist und als Entwicklungsplattform für ein Produkt diente, kannte ich es in und auswendig.
Die
Sache war nun schnell erledigt, die beiden Spannungsteiler der
Gegenkopplung entsprechend eingestellt, die Kondensatoren an die
Spannung angepasst und anschließend noch den Strom
in den Schaltinduktivitäten kontrolliert
(Tastverhältnis beobachtet) fertig! Ausgangsspannung sauber. Ein
Board selbst neu aufzubauen wäre in dieser Zeitspanne zu schwierig
gewesen.
Dazu hat er noch eine Hilfsplatine gestrickt und die Stecker adaptiert und in ein Gehäuse hinein geflickt.
Freitag Abend:
fertig, getestet , geht, Feierabend und Abfahren am Samstag.
Es macht nun keinen Sinn über die Details der Schaltung zu sprechen, da sowieso die Schaltregler für die jeweilige Ladeapplikation angepasst werden müssten und eine Nachbauschaltung nur verwirren würde, auch mit dem Hintergedanken, man muss es auch verstehen sonst macht es keinen Sinn. Also Jungs und Mädels sucht bei den Herstellern nach den modernen DC/DC regulator und lest gründlich die Datenblätter, dann klappt's auch mit dem Nachbarn. Ich sag's immer wieder, das Beschalten moderner DC/DC Regler ist nicht sonderlich viel schwieriger als Linearregler zu beschalten.
Ein paar grunglegende Dinge zu Schaltreglern gibt es dennoch zu beachten:
Einfach mal dranwagen an DC/DC Regler,
die fressen einem nicht auf und sind bei Beachtung der Grundregeln ganz
handzahm. Hoffentlich war diese Anregung von Nutzen selbst aktiv zu
werden.
Jetzt aber endlich zu den Fotos:
links das Evalboard mit dem angepassten Schaltregler, rechts die Zusatzleiterplatte mit den Steckanschlüssen.
die Box mit der Ladeschaltung, im Hintergrund ein Berg am Norwegischen Fjörd Sunndalsora. Das o im Name von Sunndalsora ist ein nordischer Buchstabe, ein durchgestrichenes o, das nicht auf der deutschen Tastatur zu finden ist, na ja - ich verstehe die Wikinger nicht, erst schreiben sie das o hin und dann streichen sie es gleich wieder durch.
Ich habe aber auch gleich einen
Link direkt zur Lagekarte dorthin erstellt: