Tragbares Röhrenradio zum
Aufschultern
Von
einem Bekannten der mittlerweile über 80 Jahre ist kam ich die
Frage, ob ich sein altes Einbauradio haben will,
der ursprüngliche Musikschrank dazu muss weg, er braucht das
Radio
nicht mehr und wegwerfen kann er es einfach nicht, das täte
ihm
sonst leid. Nach seiner Aussage hat dieses Radio den besten Empfang,
den er bisher erlebt hatte.
Also
gut, selbstverständlich nehme
ich es, über die Jahre hinweg war es sehr sehr verstaubt und
der
Dreck sitzte an den Röhren. Bevor es wieder in Betrieb
genommen
wird es zuerst mal richtig gewaschen. Das heißt bei mir zuerst
alle
Röhren raus, eine Plastiktüte über die
Übertrager
und den Netztrafo kleben und richtig ran mit dem Wasserstrahl und dem
Seifen Schaum und der Bürste - nach 20 min war es tip top
sauber - klasse wie neu. Alles geschehen mitten im
Hochsommer,
der bietet sich zum Trocknen danach nur so an, drei Tage in der
Sommersonne, da kann man dann sicher sein, daß alles Wasser
wieder aus den Bauteilen und allen Fugen und Ritzen draussen
ist.
Danach noch alle Kontakte mit Kontaktreiniger besprüht und ran
an
den Trenntrafo und die Spannung langsam hochgefahren, alles
gemäß seiner Aussage: "das Ding geht", so war es
auch -
astreiner Empfang - Fazit: endlich mal ein Gerät bei
dem
nichts aber auch gar nichts zu tauschen oder einzustellen war.
Ja
jetzt was ist sinnvolles zu tun mit
dem Ding, in erster Linie mal der Gedanke, selbstverständlich
kriegt er den wieder zurück, gehört
schließlich ihm und
Erinnerungen sind durch nichts zu ersetzen.
Jetzt
bauen wir mal einen
tragbares Röhrenradiogerät:
geht ganz einfach, MDF Platten von einem Familienmitlied zurecht
sägen
lassen
und eine Kiste bauen lassen, die Vorbereitungen dazu müssen sehr
penibel gplant sein, das verläuft dann etwa so:
Ich: "Du, ich brauch eine Holzkiste"
Er: "ja was soll ich denn für eine Kiste machen, wie
groß soll die sein, für was überhaupt?"
Ich: "schau her, da ist das alte Radio und da drüben zwei alte
Autolautsprecher, nimm alles mit und jetzt bau mal was!"
Er: "ja wie jetzt?"
Ich: "mach's so, daß es geht!"
Er: "also gut."
Übrigens:
normaldenkende Menschen
brauchen weder seitenweise Folienpräsentationen noch zuvor
fünfhundert Besprechungen, so wie hier genügen sechs
Sätze und vier sehende Augen und alles ist klar.
Eine
Woche später, die Kiste kommt
zurück, Radio passt, Lautsprecher sitzen, man kann zufrieden
sein.
Inbetriebnahme:
Lautsprecher
und Netzkabel
angelötet und mit der Sparmethode Knoten Zugentlastung. UKW
Antenne angelötet, jeweils 1.50 Meter
flexibler Draht .
Einschalten:
Fazit: Empfang einfach
super bis ausgezeichnet, die
Anzahl der Sender
in klarer Weise, die dieses alte Radio schafft zu empfangen ist einfach
nur fantastisch, was ich sonst an Tunern und Receivern zu Hause
rumstehen habe kann wirklich dagegen bald einpacken und den Laden dicht
machen - ich werde schon richtig neidisch. Auch der Kurzwellenempfang,
das ganze Band ist voll mit einem Sender neben dem anderen.
Erstaunlicherweise ist auch der Kurzwellenempfang in brauchbarer
Klangqualität, angenehm überrascht, klar und wenig
Gepfeife.
Auf Lang- und Mittelwelle ist kaum noch was los gewesen.
Jetzt wie soll das mit den Lautsprechern funktionieren? Sieht so aus
als ob die Kiste ein geschlossener Lautsprecher werden soll, also mal
einschalten. Die Lautsprecher klingen erstaunlich gut, jetzt mal auf
richtig laut drehen. Logisch es scheppert, die Frontskala scheppert,
das
Gehäuse dröhnt und dann noch beide Kanäle im
selben
Luftsystem - irgendwie das kann so nicht funktionieren. Ja was jetzt
tun?
Also gut, dann mal überlegen. Machen wir halt zwei Systeme. Ja
aber zwei leistungshungrige geschlossene System bei dem kleinen Volumen
und dazu noch mit
Röhrenantrieb? Oh nein das wird nichts. Da hilft
jetzt noch
nur ein Bassreflexsystem.
Ja nun wieder das nächste Problem, wie groß muss der
Tunnel
sein? ich weiß man kann es rechnen - aber welche
Resonanzfreqruenz hat dieser Breitbänder - keine Ahnung. Auf
der
Toilette kam die entscheidende Idee, denn ich hatte sie gerade in der
Hand
(nicht das was ihr jetzt denkt) sondern die leere Toilettenpapierrolle,
ja das ist es.
Von den Abmessungen könnte das Ding ganz gut funzen - da jetzt
noch irgendwas zu rechnen - nein erstens bin ich kein
Lautsprecherfreak, d.h. die Berechnungsgrundlagen dazu müsste
ich erst mal wieder
suchen, und dann noch Resonanzfrequenzen
des Treibers messen - ha ha -
also dachte ich mir einfach einbauen, auf irgendeiner Resonanzfrequenz
wird dieses Röhrchen schon seinen Krach machen - alles nur
kein
exorbitanter Aufwand - das verleidet einem nur den Spaß. Zu
guter
letzt noch eine zweite Rolle organisiert, besser gesagt abgerollt.
Was
dabei bis jetzt raus kam ist das hier:

Ein
Senator Stereo Röhren Radio Empfänger mit UKW, KW, MW
und LW, Phono Eingang und magischem Band zur Anzeige der
Signalstärke. Sieht doch irgendwie schick aus

Auch
von der Rückseite, zwei Bassreflextunnel, Antenne und jede Menge
Luftlöcher, natürlich ist das Gehäuse noch
im Rohzustand, auf der Unterseite sind auch noch einige. Die Wärme
muss halbwegs gut zirkulieren können, sonst geht er auf Dauer
schnell kaputt, wäre dazu noch gefährlich.
Was man natürlich sehen will, wie sieht es vonn innen aus.
Bitteschön: Speaker L & R, das Radio ist gefertigt auf einer
einzelnen Leiterplatte. Die beiden Kartonwände werden noch
ersetzt durch Bretter um die beiden Lautsprecher Systeme zu
schließen.

Die
Lautsprecherkammer ist beplankt mit einfachem Baustyropor, genau
deswegen, da genau dieses noch im Keller rumlag und das Ausgeben von
Geld für dieses Projekt unter Strafe steht, es tut's auch so. Wie
gesagt anstelle des Kartons kommt noch Holz.

Oben die angelöteten Drähte an die
Lautsprecheranschlüsse sind mit
einer Art Silikon einfach überbabbt (von mir) damit die
langen Drähtchen sich
nicht über die Jahre von der Lötstelle abvibrieren.
Ja hier wird
gnadenlos gebebbert und geklebt und zwar mit allem was gerade noch in
irgendeiner alten angebrochenen Silikonspritze zu finden ist - es
muss verschafft werden.
Zu sehen die beiden Ausgangsübertrager, daneben für
jeden Kanal eine Leistungsröhre eine Triode-Doppelpentode ECLL800.
Diese Röhre habe ich selten in einem Gerät
gesehen, eine Röhrenentwicklung seit etwa 1963 von Lorenz.
Solche Trioden-Leistungsdoppelpentoden sind selten.
Rechts davon befinden sich zwei hübsche EF86 Pentoden, eine
Verstärkerröhre mit etwas schirmendem Blech im
Innern, daß den Heizfaden abdeckt, eine Röhre die
früher jedoch nicht so selten verbaut worden ist. Heutzutage wird
sie vergöttert bei Verkäufen und Hifimenschen, ich weiß
auch nicht warum, eine stinknormale sehr gute Röhre wie viele
anderen
auch, lediglich ausgelegt für rauscharme Anwendungen. Nur wenn
man so was schreibt gebaut für "rauscharme Anwendungen",
meinen manche wieder andere Röhren wären
dafür überhaupt nicht geeignet und die EF86 sei ein
Gott - Blödsinn mit anderen Röhren lässt
sich auch vieles erreichen, so werden eben Mythen geboren durch
Unwissenheit und Bla Bla Bla. Die EF86 hat eine Schirmung über
der früher fast ausschließlich verbauten AC-Heizung
und bedämpft deren AC Einkopplung des Netzbrumms. Kann gut
sein, daß sie auch von der mechnischen System Auslegung
rauscharm ausgelegt ist, wie immer das funktionieren sollte,
sie hat aber nur eine geringe Steilheit und damit wenig
Verstärkung.
Ganz rechts zu sehen eine wie ich glaube früher sehr
häufig verbaute EABC80 (Schrift ist weg) Dreifach-Diode mit
einer Triode. Eine Diode davon für Amplitudenmodulation, eine
für die Frequenzmodulation und die Triode wahrscheinlich
für eine Vorverstärkung. Die stehende Leiterplatte
könnte der Stereodekoder sein? - schlagt mich nicht tot wenn
es nicht stimmt - das sind reine Vermutungen, bin kein Radiofreak.
Diese Mehrfachröhren sind sozusagen die ASIC's von
früher, bei Hexoden und Spezialröhren usw. wird's
dann noch mehr zum Röhren ASIC.
Unten in der Potentiometer Reihe, das rechte davon ein nicht
minderwertiges Stereo-Poti, das Heute immer noch kratzfrei
läuft wie geschmiert.
Was mir als tierisch auf den Sack geht, ist wenn irgendwelche Gestalten
insbesondere noch funktionierende Röhrenradios
auschlachten, nur um die Röhren meistbietend zu
verkaufen für das schnelle Geld, anstatt das ganze Gerät zu
verkaufen. Das Radio ist für immer tot und Irgendeiner dafür
um
genügende Euros ärmer, besonders dann wenn ihm mit
audiophilen Wahnsinnsprüchen alte Röhren angedreht
worden sind, die auch nur "Röhren" sind; mein lieber Fritz
wenn da jetzt noch zufällig zwei angehimmelte E88CC mit der
Raute im Glasboden drinnen wären, dann könnte man die
doch glatt für ettliche Euros verkaufen, mit den
Zusatzsprüchen: getestet, Emmission ok, vielleicht noch noch den
Zusatz "gematched" hinzuerfinden,
und dann am besten im Amiland verkaufen. Selbst diese
Langleberöhren sind häufig verbaut worden ist, gerne in
Messgeräten. Noch viel frevelhafter als das Radiotöten,
ist das sinnlose Ausschlachten von funktionierenden Oszilloskopen, gilt
aber auch genauso für defekte Meßgeräte, denn die sind
fast immer noch vertretbar reparierbar, gerade Röhrengeräte,
da sie selten nur schwer organisierbare Ersatzteile enthalten.
Die Anzahl an Unwissenden ist unbegreiflich hoch, es gibt einige noch
unentdeckte Röhrentypen, die keiner will, die aber auch sehr
gut sind. Übrigens warum denn immer den alten Dingern
nachjagen, es gibt sogar schöne neugefertigte Röhren ab Werk
-
ätschbätsch - und mal ehrlich, schlecht sind die
wahrhaftig nicht, ganz im Gegenteil, da sind Spitzenprodukte mit dabei.
Es gilt beim Transistor- wie auch beim
Röhrenverstärker, die Schaltung sollte die
Qualität des Verstärkers bestimmen, nicht in hohen
Maße die Kennlinien der aktiven Bauteil selbst. Wer wirklich die
Unterschiede
jeder
einzelnen Röhre des gleichen Typus deutlich heraushören kann,
der tut
mir ein wenig leid um den Haufen, den er als Schaltung da zu
Hause rumstehen hat. Normalerweise ist es auch Aufgabe einer
Verstärkerschaltung dafür zu sorgen, daß
die "Schlechtheit eines jeden verstärkenden nichtlinearen
Elementes wie ein Transistor oder einer Röhre" immer weniger zur
Geltung kommt, bzw. auf auf unhörbare Maße zurecht
gestutzt wird. Aber das kapieren die nur wenigsten, ist mir ehrlich
gesagt
mittlerweile auch schon ganz egal geworden.

Die
Ferrit Antenne für MW und LW, rechts davon der Gleichrichter
Kondensator, der Elko ist noch funktionsfähig. Ganz rechts der
Aufkleber 41.1976, bedeuted möglicherweise Herstellung dieses
Bauteils in der 41. Woche 1976, wenn das stimmt, dann wäre das
Gerät wirklich ein sehr spätes
Röhrengerät, so spät kann man kaum glauben -
ich weiß es nicht. Der Besitzer jedenfalls sagte um diese
Zeit herum hat er es gekauft. Aber ich denke es könnten aber
ebenso noch ein paar Jahre früher sein - eines der letzten
Röhrenradios ist es mit Sicherheit, (Leiterplatten,
bereits ein paar Transistoren und zu guter letzt
der ausgezeichnete Empfang, man könnte gerade meinen am Ende
der Röhrenepoche im Radiobau haben es die Entwickler nach
Jahrzehnten der Reifung verdammt gut geblickt aus diesen Teilen das
letzte an Serienqualität rauszuholen.
Stefan H. hat mit eine freundliche Email zugesant für die ich mich sehr gern bedanke:
"Guten Tag,
Ich bin per Zufall auf Ihre Seite mit dem Senator Radio gestossen. Dazu ein
paar Bemerkungen: ich glaube kaum, dass 1976 das Herstellungsjahr ist. Solche Kleber sind eher
Bestellnummern für das Ersatzteil, in dem Fall für den Tuner. Baujahr ist laut
radiomuseum.org etwa 1970.
Die ZF/Demodulatorröhre müsste laut Schaltplan eine EAF801 sein, im FM-
Demodulator sitzen zwei Germaniumdioden.
Die Lüftungslöcher auf der Oberseite wären nicht nötig, es sieht auch nicht so
toll aus. Das Original hat oben keine Löcher:
http://www.radiomuseum.org/r/quelle_senator_stereo_artnr_0747.html
Im Anhang noch der Schaltplan, falls Sie den gebrauchen können.
Gruss,
Stefan"
Ja danke den
kann ich gut gebrauchen, das Gerät funktioniert momentan nicht,
geht gar nichts. Für die neue Gartensaison wäre es schön
wenn er wieder läuft, kann da aber erst im Sommer dran gehen.

Noch
ein paar Bilder von der Endstufe,
weil's so schön war. Mittlerweile wieder Staub vom
Löcherbohren
angesetzt - ausblasen - der Staub fällt auf dem Foto viel mehr
auf als
in echt.
Unter
der Ferritantenne versteckt sich noch eine Röhre,
weiß nicht was es ist, hab nicht danach geschaut, in der
Bildmitte die UKW Empfangsröhre, war glaube ich eine ECC85
Doppeltriode. Rechts hinten der Netztrafo. Unten rechts das magische
Band EMM800 mit zusätzlichem Anzeiger für einen
Stereoempfang.
|
 |
Das
magische Band am Tage |
und
in der Nacht |
Alles
dran was das Herz des Radiohörers begehrt.

macht Nachts auch eine gute Figur
Ratet mal wal das hier für ein
Material zur Dämmung/Dämpfung ist, nein keine Schafwolle,
keine Glaswolle oder ein audiophiles Spezialmaterial - es ist
schlichtweg einfache Polierwatte vom Auto - und zwar die alte
verbrauchte , warum wegwerfen wenn sich doch noch Lautsprecher damit
dämmen lassen. Es hat jedenfalls hörbar funktioniert, ist
sicherlich nicht das optimale aber es funzt. Die schebbernde
Skala oben links läßt sich prima mit der alten Pampe aus der
Silikonspritze fixieren, jetzt ist dort auch Ruhe. Der Sound ist
mittlerweile wirklich sehr ansprechend geworden und kann sich sehen
lassen, wobei ich mich noch auf die Brettchen freue.
Bei diesem Gerät wieder
mal getreu dem Motto:
- bloß kein Geld
ausgeben
- dabei alten Haushalts
Müll entsorgen
- und trotzdem die Funktion
erfüllen
So jetzt nur noch die zwei Brettchen rein, Lack drauf (es
stehen sicher noch eine alte Spraydose oder Büchse mit Lack im
Keller) -
Schluss.
Und fertig ist
unser heißgeliebter
Röhrenradio
Ghettoblaster aus den Siebziger Jahren
Der Besitzer wird sich wieder
freuen, so als Radio für den Garten oder ähnliches.
Mal sehen wieviele Viecher über
Jahre hinweg die Löcher reinkrabbeln. Normalerweise sind Insekten
im trockenen Zustand Nichtleiter, d.h. es passiert so schnell
nichts. Wobei jedoch wenn ein Vielbeiner über der Netzspannung
rumtrampelt, kann ich mir vorstellen, daß es ihm hinterher nicht
mehr so gut geht, eventuell hat er sich auch stark formverändert,
hängt halt von den Randbedingungen ab, ob er es schafft
genügend Strom fließen zu lassen. Auf kleinen Spannungen
jedoch wird sehr wahrscheinlich nichts passieren.
Ein Beispiel Kakerlaken im Elektroherd
(war mal Elektriker und hab einige davon gesehen). Das Highlight war
bei
einem alten Herd mit eingebauter Analog Uhr in der Front, also eine
Zeigeruhr mit einem Glas davor, die Viecher saßen gemütlich
auf dem Stundenzeiger, der schön waagrecht auf drei Uhr stand und
haben mit ihren Fühlerchen gewinkt und die Alte Sau von einem Weib
hat da wirklich noch damit gekocht. Aber die paar Spinnen, die
eventuell ins Radio reinkrabbeln könnten, mir egal - Risiko -,
kommt vielleicht
noch ein Netz vor die Löcher. Solange jedenfalls keine Meisen
anfangen in den Bassreflexgehäusen zu nisten ist gut, falls doch
es gibt jede Menge Sender, die die Vögel sofort in die Flucht
treiben würden.

ein weißer Lack ward gefunden