Der hp 8116A
Puls/Funktionsgenerator ist einer der besten und universellsten
Generatoren, die je gebaut wurden. Seit er 1983 auf den Markt kam, ist
er in
vielen Entwicklungslaboren und Instituten zu finden. Bis heute werden
diese
Geräte eingesetzt in Forschung. Entwicklung und Service. Das
Gerät wurde von
hp in großen Stückzahlen verkauft und von 1983 bis
Anfang der 90er
Jahregebaut, es war jahrelang nahezu konkurrenzlos.
Ein ähnliches Gerät ist der 8112A. Das bei der deutschen hp Messgeräte-Devision in Böblingen entwickelte und gebaute Gerät verfügt über folgende Merkmale: |
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Das Gerät
ist sehr kompakt im Vergleich zu den zum
Entstehungszeitpunt des 8116A üblichen Tischgeräten,
es
eignet sich dadurch sowohl für den Laborbetrieb als auch im
Service.
Was das Gerät nicht kann ist die Bereitstellung sehr genauer Frequenzen oder die Steuerung durch einen Mastergenerator. Das liegt daran, dass im Gerät keine PLL zum Einsatz kommt und damit auch kein quarzgesteuerter Referenzoszillator. Die Frequenzen werden von einem prozessorgesteuerten VCO erzeugt, die Genauigkeit hängt ausschließlich vom Abgleich des VCOs und dessen Ansteuerung über DACs ab. Sie liegt im Prozentbereich, was für einen Funktionsgenerator völlig ausreicht, durch das Fehlen einer PLL reagiert der Generator nahezu verzögerungsfrei und ohne Einschwingvorgänge auf Änderung der Frequenzeinstellung. Die gesamte Bedienung erfolgt übersichtlich über Druck und Wipptasten, LEDs zeigen den Zustand bzw. die Auswahlmöglichkeit der Optionen im der aktuellen Betriebsart. Viele kleine Details erleichtern die Bedienung. So lassen sich z.B. bei der Einstellung des Ausgangspegels nicht nur die Amplitude und der Offset getrennt einstellen, was bei allen Geräten Standard ist. Man kann auch schlicht die obere und untere Pegelgrenze einstellen, also für TTL Signale z.B. +5 für obere Grenze, 0V für die untere Grenze, das Gerät ermittelt die Amplitude und den nötigen Offset dann selbst. Solche kleinen Details können einem die Arbeit deutlich erleichtern. Mich selbst begleitet dieses Gerät als Entwickler schon seit vielen Jahren. Als ich die Gelegenheit bekam so einen 8116A selbst günstig zu erstehen, griff ich zu. Allerdings war dieser 8116A in einem sehr schlechten Zustand, er wurde explizit nur als Ersatzteilspender angeboten, die Fehlerbeschreibung war lapidar: Keine Funktion. Obwohl hier wegen der ASICS im Gerät ein gewisses Risiko besteht (mehr darüber weiter unten), griff ich dennoch zu, aber erst nachdem mir der Verkäufer versichert hatte, dass das Gerät vollständig und unverbastelt ist. Der Zustand des Gerätes stellte sich nach Erhalt als schlecht heraus. Das Gehäuse war rundum verbeult, Die BNC Buchsen an der Front saßen schief in der Frontplatte, die Frontplatte selbst war verzogen. Dadurch klemmten auch viele Tasten. Zudem gingen die meisten Tasten sehr schwergängig und klebten teilweise. Das Gerät war innen und außen völlig verdreckt. Zuerst war also ein völliges Zerlegen und eine gründliche Reinigung angesagt. Danach zerlegte ich die komplette Fronteinheit, reinigte die Tastaturen gründlich und richtete die Frontplatte wieder so hin, dass sie nicht mehr verzogen war. Das selbe war bei den Gehäuseschalen notwendig. Die verbeulten BNC Buchsen der Frontseite tauschte ich alle aus. Das war insgesamt eine ganze Menge Arbeit, aber es hat sich gelohnt, das Gerät sieht nun wieder ganz akzeptabel aus, nur ein paar Streifen in der roten Plexiglasplatte sind noch zu sehen. Das sind Haarrisse im Kunststoff, welche sich nicht mehr beseitigen lassen. Die Tasten laufen nach der Reinigung nun auch wieder leichtgängig und haben dennoch einen definierten Druckpunkt. Leider fehlt noch ein Gerätefuß auf der Rückseite und eine kleine Abdeckplatte oben an der Frontplatte, das bekomme ich auch irgendwann mal irgendwo her. Die Gerätefüße der Unterseite fehlten ebenfalls, diese bekommt man aber über eBay immer wieder mal angeboten. |
Die gesamte Elektronik ist auf drei übereinderliegenden Board untergebracht. |
Ganz oben sitzt
das Prozessorboard.
Das ist typische 80er Jahre Technik, eine 6802 CPU, S-RAM, EPROM, GPIB
Chip, TTL Chips für die internen Busse, Adressdecoder usw.
Links unten der INTERSIL Chip ist der Keyboard und LED Controller.
Das hier ist eine neuere Version des CPU Boards, gebaut Ende 1988. Ich kenne auch ältere Boards mit 6 EPROM Chips und 2 SRAMS. Zudem gibt es auch welche mit NiCd Akkus statt der Lithium-Batterie unten rechts. Die Batterie ist zum Erhalt der letzten Einstellungen nötig und versorgt das S-RAM im ausgeschalteten Zustand. Die Lithiumzelle ist ein Standard-Typ, der problemlos im Fachandel zu bekommen ist. Die Zelle in meinem Gerät ist noch original und hat auch nach 20 Jahren noch die volle Spannung. Sie zeigt zudem keinerlei Korrosion. Ich werde sie trotzdem demnächst ersetzen. Es gibt auch Varianten des Boards mit NiCd Akkus, diese sind sehr problematisch und neigen zum Auslaufen. Besitzer eines 8116A sollten unbedingt mal einen Blick in das Gerät werfen und die Speicherzellen überprüfen. Ein auslaufender Akku kann hier verheerende Schäden anrichten! |
In der Mitte sitzt
unter einem Abschirmblech (zum Fotografieren entfernt) das
Interfaceboard. Es ist die Schnittstelle zwischen Prozessorboard und
Analogboard. Darauf befinden sich jede Menge D/A Wandler, welche die
Steuerspannungen und Ströme für die VCAs, VCOs und
Impulsbreitenschaltungen liefern. Die zahlreichen Potis auf der rechten
Seite dienen zum Timingabgleich der VCOs und der Impulsbreiten.
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Ganz unten das
Mainboard. Rechts die Stromversorgung, in der Mitte die Signalerzeugung
und links unten die Endstufe. Weitere Details zum Mainboard weiter
unten.
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Nach dem Zusammenbau der spannende Moment, das erste Einschalten. |
Der
Lüfter lief an, ansonsten passierte nichts. Die Anzeigen
blieben dunkel, am Ausgang lag nichts an. Die Leistungsaufnahme war mit
ca. 10 Watt viel zu gering. Eine erste Messung auf dem Prozessorboard
zeigte sofort, das die 5V für die Digitalversorgung fehlt.
Eine Überprüfung des Netzteils zeigte, dass die +/-
24V vorhanden sind, ebenfalls die -15V. +15V und +/-5V analog und 5V
Digital fehlten. Die 5V Spannungen werden mittels OpAmp und diskreten
Längstransistoren geregelt, die 24V und 15V mittels LM317 und
LM337 Reglern. Durch die fehlenden +15V fehlt auch den Regler-OpAmps
die positive Versorgung, somit können die 5V Spannungen nicht
erzeugt werden. Der Fehler muss also im +15V-Zweig liegen.
Mittels Labornetzteil habe ich die +15V extern zugeführt und siehe da, das Gerät erwachte sofort zum Leben, die LEDs machten zuerst den Selbsttetst (alle an) und zeigten dann die letzte Einstellung des Vorbesitzers. Ein Errorcode erschien nicht, was schon mal sehr gut ist. Am Ausgang stand auch ein Signal an. Nun galt es noch die +15 wieder her zu stellen. Messungen von der Leiterlattenunterseite ergaben, dass der Regler des +15V Zweigs defekt sein musste, denn obwohl die Spannung am Ladeelko vorhanden war, kam am Regler nichts raus. Beim Messen am Regler direkt auf der Bauteileseite zeigte sich, dass dort am Eingang nichts anlag. Hä? Erst beim genauen Hinsehen zeigte sich die Ursache. Die Pads des Reglers waren alle drei direkt an der Leiterplatte abgerissen, das war nicht so offensichtlich zu sehen, erst bei genauem Hinsehen. Das hängt sehr wahrscheinlich mit der groben Behandlung durch den Vorbesitzer zusammen. Wie auf dem Bild
zu sehen, besteht der Kühler aus drei Teilen. Der eigentliche
Kühlkörper (Auf dem Bild entfernt), der sich im
Luftstrom des Lüfters befindet, die Montageplatte in der
Mitte, auf der beidseitig die Regler befestigt sind und ein
L-förmiger Kühlkörper, welcher an die
Kühlkörperrückckseite angeschraubt ist.
Dieser Teil des Kühlkörpers ist fest mit dem
Gehäuse verschraubt, zwischen dem Lüfter und der
Rückplatte des Gerätes. Eine typische hp
Konstruktion, bei der die Wärme grundsätzlich immer
über das Gehäuse abgeleitet wird. Das reicht hier
aber nicht aus um die ca. 50 Watt aus dem Gerät zu bekommen,
deswegen der (leider sehr laute) Zusatzlüfter. Dieser ist auch
zwingend notwendig, um einen Wärmestau innerhalb der drei
übereinader liegenden Leiterplatten zu verhindern.
Übt man auf den Gehäuserahmen bei abgenommener Gehäuseabdeckung Druck aus, so verwindet sich der umlaufende Gehäuserahmen minimal, das führt dazu, dass über das L-förmige Kühlblech auch die Trägerplatte verschoben wird. Dadurch entsteht auf die Pads der Spannungsregler eine erhebliche mechanische Spannung, da diese sehr dicht über der Leiterplatte montiert sind. Ich vermute, dass das Gerät heruntergefallen ist, dadurch sind die Pads abgerissen. Kausale
Folge: Gerät runtergefallen. Mist, funktioniert nicht mehr.
Naja, eh schon alt und längst abgeschrieben, neues kaufen,
Schrott bei eBay verticken...
Ich habe vorsichtshalber alle 4 Regler ausgetauscht, auf die anderen wurde ja auch entsprechend eingewirkt, auch wenn diese keine Beschädigung zeigten. Zudem habe ich mehr als genug von diesen Reglern, die werden nicht besser, wenn sie weitere Jahre in einer Schublade herumliegen. Die drei Transistoren sind unkritisch, da sie wesentlich längere Anschlusspads haben und so die mechanische Spannung besser ausgleichen können. Nach dem Austausch
funktionierte das Gerät fast einwandfrei.
Wenn man sich den Regler auf dem Bild genau ansieht, dann sieht man nur den Aufdruck wie z.B. 1826-0393. Typisch (nicht nur) für hp, selbst Standardhalbleiter mit einer eigenen Nummer zu versehen. Mit der Mehrzahl der anderen Halbleiter in dem Gerät ist es das selbe, das sind überwiegend ganz gewöhnliche Bauelemente wie LM324, TL072, OP07, 74LSXX usw, die mehrheitlich noch problemlos erhältlich sind. Eine Referenzliste nimmt dieser Bauteilebezeichnung ihren Schrecken. Eine sehr gute cross reference Liste für hp Codierungen findet sich hier: http://matthieu.benoit.free.fr/cross/competitive/agilent/hp-part.htm
Man sollte aber immer daran denken, dass hp mit Sicherheit auch einige der Bauelemente selektiert hat. Unter Umständen muss man das selbst dann auch experimentell machen. Über die Beschaffung der original hp Teile braucht man sich aber keine Gedanken zu machen. Sie sind für diese alten Geräte ohnehin nicht mehr zu bekommen. Und falls doch, dann zu Preisen, die für Privatanwender komplett uninterssant sind. Aber zurück zum
8116A.
Es funktionierte fast einwandfrei, wie ich schrieb. Warum fast? Weil das Gerät die letzten 20 Jahre offensichtlich nicht mehr kalibriert wurde. Es waren jedenfalls keinerlei entsprechende Aufkleber vorhanden. Eine Überprüfung anhand der Performance Checkliste im Manual zeigte jedenfalls deutliche Abwichungen von den Spezifikationen. Der Abgleich dieses Gerätes ist alles andere als trivial, neben einer guten Ausstattung benötigt man sehr viel Zeit und Geduld dazu. Für die Einstellung der Impulsbreiten, Frequenzen, Pegel und Signalformen ist ein gutes DSO ideal. Man kann damit alle Daten wie Anstiegszeit, Überschwingen, Impulsbreiten usw. direks vom Gerät analysieren lassen und spart dadurch eine Menge Arbeit. Zuerst kommt der Abgleich des Netzteils, der VCOs, und der Steuerung für die Impulsbreiten. das ist teilweise sehr hakelig, da einige Trimmpotis sehr empfindlich reagieren. Zudem beeinflussen sich viele Einstellungen gegenseitig, einige Abschnitte des Abgleiches muss man deswegen so lange wiederholen, bis alles passt. Besonders kritisch ist der Abgleich des Sinus Wave-shapers. Zum Abgleich auf Verzerrungsminimum ist ein Audioanalyser notwendig. Es geht auch mit einer Soundkarte, aber man sollte immer daran denken, dass der Abgleich bei einem Pegel von 16Vss an 50 Ohm erfolgt. Ein Soundkarteneingang ist da gleich abgeschossen. Zudem benötigt man einen externen 50 Ohm Terminator mit mindesten 2 Watt Leistung. Nie vergessen: Der Terminater im Oszilloskop verträgt keine 2 Watt! Der Abgleich vom k2 und k3 Minimum ist sehr sensibel, bereits geringste Änderungen am Trimmer ändern das Ergebnis drastisch. Zudem beeinflussen sich der Amplitudenabgleich und k3 sehr stark gegenseitig. Man sollte bei einer Abweichung des Sinuspegels keinesfalls nur den Pegel nachstellen, man verstellt damit immer auch ungewollt den Klirrfaktor! |