Rechteckübertragung
Es soll gezeigt werden wie ein Verstärker arbeitet, der in der
Lage ist Rechtecke möglichst unverzerrt zu
übertragen. Die hier gezeigte Diskussion bezieht sich auf die
Anregung im Bericht zu einer Calibration
Fixture
Herleitung der Konstante 0.35
In dem Bericht zur
Calibration Fixture wurde diese Gleichung verwendet, hier wird jetzt der Zusammenhang hergeleitet.
[3] Bandbreite = 1/Risetime * 0.35
![](https://www.amplifier.cd/Test_Equipment/Tektronix/Tektronix_7000_series_special/rechteck/14.png)
Das hier ist ein einfacher Tiefpaß erster Ordnung, hier genannt RC Tiefpaß mit einer Zeitkonstant von 33ns.
![](https://www.amplifier.cd/Test_Equipment/Tektronix/Tektronix_7000_series_special/rechteck/15.png)
Der Tiefpaß wurde nachträglich in etwa so dimensioniert wie
der RC Verstärker auf dieser Seite. Der Tiefpass V(out) folgt dem
1 Volt Rechtecksignal V(in).
Der Cursor zeigt die Messwerte der Anstiegszeit von 10% auf 90%.
Die Ansteigszeit in der Simulation beträgt 72.4 ns, die berechnete RC Zeitkonstante des Tiefpass 33ns.
Setzt man nun diese beiden Kennwerte in Relation zueinander ergibt sich eine Konstante:
Konstante = 72.4ns / 33ns
Konstante = 2.2
Ein RC Tiefpass erster Ordnung gehorcht dieser Beziehung aus RC
Zeitkonstante und der Anstiegszeit mit den willkürlichen
definierten prozentualen Pegeln 10% und 90%.
Die Anstiegszeit für den RC Tiefpass beträgt daher:
tr = 2.2*RC (nur für tr 10% zu 90%)
![](https://www.amplifier.cd/Test_Equipment/Tektronix/Tektronix_7000_series_special/rechteck/16.png)
Frequenzgang aus Amplitudengang und Phasengang
Bei diesem RC Tiefpaß beträgt die -3dB Bandbreite 4.78MHz, bei dieser Grenzfrequenz beträgt die Phase -45°.
Aus der komplexen Wechselspannungsrechung läßt sich die
Gleichung für die Bandbreite eines RC Tiefpasses erster Ordnung
herleiten:
fb=1/2*pi*RC
Wird diese Gleichung mit der Gleichung tr=2.2*RC kombiniert,
läßt sich die im Calibration Fixture Bericht bereits
beschriebene Gleichung
Bandbreite = 1/tr * 0.35
herleiten.
Schaltung 1
![](https://www.amplifier.cd/Test_Equipment/Tektronix/Tektronix_7000_series_special/rechteck/1.png)
Die Schaltung 1 zeigt einen Operationsverstärker, der auf eine
Verstärkung von 20dB eingestellt ist. Seine Aufgabe ist es
eine Rechteckspannung mit einem Volt Amplitude auf 10 Volt zu
verstärken. Das ist auf den ersten Blick eine leichte Aufgabe,
mit zunehmender Frequenz wird auch diese Aufgabe immer schwieriger. Es
wurde in der Simulation ein Operationsverstärker
ausgewählt der bei den gewählten
Übertragungsfrequenzen und Verstärkungen an seine
Leistungsgrenzen stößt.
![](https://www.amplifier.cd/Test_Equipment/Tektronix/Tektronix_7000_series_special/rechteck/2.png)
Die Sprungfunktion der Schaltung 1 kann sich sehen lassen, der
Verstärker schafft es mit seinem
Verstärkungs-Bandbreite-Produkt gerade noch ausreichend
schnell dieses 2 MHz Rechteck zu verstärken. Die
Verstärkung erfolgt ohne Überschwinger, der
Einschwingvorgang erinnert an eine Tiefpaßfunktion erster
Ordnung.
![](https://www.amplifier.cd/Test_Equipment/Tektronix/Tektronix_7000_series_special/rechteck/3.png)
Der Frequenzgang von Schaltung 1 als Amplitudengang, Phasengang und
Gruppenlaufzeit. Die -3dB Bandbreite liegt bei 4.7MHz, der Phasengang
verläuft lange flach und kippt bei höheren
Frequenzen stark ab. Die Gruppenlaufzeit verläuft etwa bis 1
MHz konstant auf 36 ns, danach fällt sie stark ab, im
genutzten Frequenzbereich ist nicht konstant.
Schaltung
2
Schaltung 2 ist die Konstruktion einer Schaltung mit dem selben
Operationsverstärker wie in Schaltung 1. Die Schaltung wird
der Aussage gerecht, dass bei einem Oszilloskop
Vertikalverstärker eine bestmögliche
Rechteckübertragung und maximale Bandbreite eines der
primären Ziele ist.
![](https://www.amplifier.cd/Test_Equipment/Tektronix/Tektronix_7000_series_special/rechteck/4.png)
Die Schaltung 2 besteht aus einer Serienschaltung von insgesamt
fünf Verstärkern, deren
Gesamtverstärkungsfaktor 20dB beträgt.
![](https://www.amplifier.cd/Test_Equipment/Tektronix/Tektronix_7000_series_special/rechteck/5.png)
Die Sprungfunktion von Schaltung 2
zeigt das Ergebnis falls man bei der
Schaltungsentwicklung Wert legt auf ein gutes Rechteck
Übertragungsverhalten. Wie im Bericht zur Calibration Fixture
erwähnt, zeigen die Ecken im Anstieg die besagten "Rundungen",
die sowohl bei der fallenden als auch bei der steigenden Flanke gleich
aussehen. Übrigens, aus der Simualation so richtig schöne
Rechtecke heraus zu zaubern sieht einfacher aus als es tatsächlich
gewesen ist. Hierzu gibt es ein paar Methoden wie man sich dem Ziel
annähert, aber das ginge hier zu weit.
![](https://www.amplifier.cd/Test_Equipment/Tektronix/Tektronix_7000_series_special/rechteck/6.png)
Der Frequenzgang von Schaltung 2 als Amplitudengang, Phasengang und
Gruppenlaufzeit. Die -3dB Bandbreite liegt nun bei 34 MHz, der
Phasengang verläuft zunächst gewöhnlich und
kippt bei
höheren Frequenzen sehr stark ab. Die Gruppenlaufzeit
verläuft ca. bis 30
MHz konstant auf 27 ns, sie steigt danach etwas an und fällt
wieder ab, im genutzten
Frequenzbereich ist sie als konstant anzusehen.
Schaltung 1 und
Schaltung 2 in gemeinsamer Simulation
Zur besseren Vergleichbarkeit beider Schaltungen die Ergebnisse in
einem gemeinsamen Diagramm dargestellt.
![](https://www.amplifier.cd/Test_Equipment/Tektronix/Tektronix_7000_series_special/rechteck/7.png)
Schaltung 1 und 2 in einer gemeinsamen Simulation.
Schaltung 1 und 2,
Oszillogramm
![](https://www.amplifier.cd/Test_Equipment/Tektronix/Tektronix_7000_series_special/rechteck/8.png)
Der Gewinn an verbessertem Rechteckverhalten ist im direkten Vergleich
V(out5) mit V(out6) sichtbar geworden. Die verbesserte
Kurvenform bewirkt jedoch einen zeitverzögerten
Signaldurchlauf verglichen zur grünen Kurve, beim analogen
Oszilloskop spielt das keine Rolle, (da mit der Delay Line vor dem CRT
Vertikal Verstärker ohnehin eine Verzögerungszeit
erwünscht ist, die Totzeit der Triggererfassung muss
kompensiert werden und damit kann der Triggerzeitpunkt im
Signalverlauf auf der CRT sichtbar werden).
|
V(out5) |
V(out6) |
Anstiegszeit
(10% auf 90%) |
54ns |
86ns |
1/tr |
18.5MHz |
11.5MHz |
mittlere
Anstiegsgeschwindigkeit |
297V/µs |
186V/µs |
Fallzeit (90%
auf 10%) |
69ns |
87ns |
1/tf |
11,4MHz |
11,5MHz |
mittlere
Fallgeschwindigkeit |
-230V/µs |
-183V/µs |
Es verbessern sich die Zeiten für die fallende und steigende
Flanke, allerdings sind diese bei V(out5) nicht symmetrisch,
das ist aber weniger schlimm als die exponentielle Kurvenform von
V(out6).
Schaltung 1 und 2,
Amplitudengang
![](https://www.amplifier.cd/Test_Equipment/Tektronix/Tektronix_7000_series_special/rechteck/9.png)
Dieses Diagramm zeigt den Amplitudengang von Schaltung 1 und 2 im
direkten Vergleich. Der Gewinn an -3dB Bandbreite ist enorm.
|
V(out5) |
V(out6) |
Bandbreite
(-3dB) |
34 MHz |
4,7 MHz |
Zeit (1/fb) |
30 ns |
212 ns |
Schaltung 1 und 2,
Phasengang
![](https://www.amplifier.cd/Test_Equipment/Tektronix/Tektronix_7000_series_special/rechteck/11.png)
Durch die Reihenschaltung der Verstärker entsteht bei V(out5)
eine starke Phasenverschiebung der Signale über Frequenz,
deutlich sichtbar der Phasengang läuft auf mehrere
hundert Grad innerhalb vom Nutzbereich. Die Darstellung mit
Phasensprung zeigt, dass die Phase mehrfach die 180 Grad Grenze
überschreitet und ein mehrfacher Phasensprung stattfindet.
Solch einen Verstärker in einem geschlossenen Regelkreis zu
verwenden wäre eine Katastrophe, die mehrfache Phasendrehung
würde eine Oszillation sehr begünstigen und in fast
allen Fällen auch anregen. Die
Vertikalverstärkungskette in einem Oszilloskop ist jedoch kein
Regelkreis und daher wären die Phasensprünge
für diese Anwendung unbedeutend.
Schaltung 1 und 2,
Gruppenlaufzeit
![](https://www.amplifier.cd/Test_Equipment/Tektronix/Tektronix_7000_series_special/rechteck/12.png)
Die wahre Kunstgröße an dieser Schaltung wird in dem
vergleichenden Diagramm der Gruppenlaufzeit sichtbar, bei V(out5)
verläuft die Gruppenlaufzeit bis in hohe Frequenzbereiche
hinein sehr konstant, bei V(out6) ist der Verlauf der
Gruppenlaufzeit vergleichsweise eine Katastrophe, wenn man die
Tauglichkeit für ein Oszilloskop Verstärker als
dominante Kenngröße heranziehen würde.
In dem Bericht zur
Calibration Fixture habe ich diese Gleichung hergeleitet:
[3] Bandbreite = 1/Risetime * 0.35
wollen wir sie nun
überprüfen.
|
V(out5) konst.
Gruppenlfz. |
V(out6) RC-Typ |
Anstiegszeit
simuliert |
54 ns |
86 ns |
Bandbreite fb
(-3dB) simuliert |
34 MHz |
4,7 MHz |
Bandbreite
fb (-3dB) nach Gleichung [3] |
6,5 MHz |
4,1 MHz |
Der hier simulierte Verstärker ist nahe am Fall der
konstanten Gruppenlaufzeit und wäre bei noch höherer
Bandbreite ein guter Verstärker für ein Oszilloskop.
Die Gleichung [3] hat Gültigkeit für den einstufigen
Verstärker mit einfacher RC Bandbreiten Limitation.
Für den fünfstufigen Verstärker hat sie
keine Aussagekraft, hierfür ist der Faktor 0.35 vollkommen falsch.
Wie groß ist er denn dann?, ganz einfach, es sind 5 gleiche Verstärkerstufen, daher:
5*0.35=1.75
Überprüfen wir diese Aussage für den kaskadierten Verstärker:
Bandbreite = 1/tr * 5 * 0.35
32.4 MHz = 1/54ns * 5 * 0.35
Vergleich:
Bandbreite aus Simulation fb = 34MHz
Bandbreite aus Berechnung fb = 32.4MHz
Das passt doch wunderbar, oder nicht?
Die Sache hat nur einen praktischen
Haken, woher kennt man denn bei einem realen Verstärker von einem
Messgerät die Anzahl der Stufen und mit welcher RC Charakteristik
sie zusammengesetzt sind?, das weiß man nicht, deswegen ist es
sinnvoller beim Zahlenwert 0.35 zu bleiben, der auch von manchen
Oszilloskop Herstellern immer wieder aufs Neue für Bandbreiten
Berechnungen aus Anstiegszeiten herangezogen wird. Diese Zahl hat sich
angeblich immer wieder in der Praxis bestätigt. Ich
persönlich habe diesen Zusammenhang noch nie in einer
größeren Messreihe nachgemessen, weiß daher nicht wie
verlässlich er tatsächlich ist, vertraue aber in dieser Sache
den Erfahrungswerten der Hersteller, die manchmal mit dieser Methode
arbeiten und bei manchen schnellen Geräten und Einschüben
sogar nach dieser Methode spezifizieren.
Ein Beispiel für eine etwas komplexere Signalform
Hier werden wieder die Ausgänge beider Verstärker dargestellt weiterhin mit Verstärkungsfaktor 10.
Die rote Kurve zeigt die Eingangsspannung (max. +/-1V),
die im Diagramm zur besseren Vergleichbarkeit mit dem Faktor 10 multipliziert wurde.
![](https://www.amplifier.cd/Test_Equipment/Tektronix/Tektronix_7000_series_special/rechteck/13.png)
Der kaskadierte Verstärker ist dem einstufigen Konzept in diesen
Frequenzbereichen überlegen, er hat allerdings auch die
fünffache Leistungsaufnahme.
Es ist nun erklärt was es mit der
Aussage "gleichförmig verrundete Ecken" und der "Gruppenlaufzeit" auf sich hat, siehe Bericht
zur Calibration
Fixture.
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