Model 332B DC Voltage Standard


Karl-Heinz L. schreibt: seit längerem schon suchte ich schon einen DC Kalibrator, um meinen 5200A AC Kalibrator und den Fluke 540B Thermal Transfer Standard zu einem zusammengehörigen Trio zu ergänzen. Versuche ein Gerät deutscher Produktion (von den Firmen Burster oder Knick) in der Elektrobucht zu ersteigern, scheiterten immer wieder an meiner inzwischen radikalen Disziplin bezüglich des von mir verantwortbaren Höchstgebotes. Doch dann tauchte bei einem bekannter Aachener Anbieter beim Stöbern in der Bastlergeräte-Abteilung quasi aus dem Nichts (nach Betätigung des Reload-Buttons) ein Fluke 332B DC Standard vor mir auf dem Monitor auf. In dieser Sekunde eingestellt zu einem sehr attraktiven Preis. Darauf habe ich seit Monaten geduldig gewartet, hier gab es nichts zu überlegen und das Gerät wurde ohne weiter zu überlegen bestellt. Bereits ein paar Tage später stand er vor mir, ein absolut hässlicher, schmutziger Klotz mit einem Gewicht von ca. 25 KG. Das Gerät hatte wohl schon eine bewegte Vergangenheit, das Gehäuse war erheblich verzogen und verbeult. Allerdings lies sich das Gerät problemlos aus dem verzogenen Gehäuse entfernen, innen sah alles nicht mehr so schlimm aus. Das Gehäuse habe ich erst mal grob gereinigt und wieder gerade gedengelt, so gut es eben ging. (Ich bin Elektroniker und kein Blechner..)

Nun also zum 332B, der nun so vor mir lag:

332B

Der 332B ist ein DC Standard mit einem Einstellbereich von 1µV bis 1100 Volt DC, kleinster Einstellschritt ist 1µV, unterteilt in 3 Bereiche von 10V, 100V und 1000V. Belastbar ist er mit max. 50mA, das sind bei 1100V immerhin 55Watt Leistung, die er maximal abgeben kann. Der 332B verfügt über eine einstellbare Strombegrenzung und einen einstellbaren Spannungbegrenzer, so dass man das angeschlossene Gerät nicht durch versehentlich eingestellte Überspannung zerstören kann. Mein 332B brummte nach dem Einschalten fröhlich vor sich hin, aber egal was man einstellte und wo man drehte, es kam nichts raus, dafür leuchtete die current-limit LED permanent. Ein leichter Klaps auf das Gerät änderte alles, ein Relais zog an, die current-limit LED ging aus und am Ausgang stand eine wunderbar genaue und stabile Spannung. Bis zum nächsten Klaps, dann war alles wieder weg. Ein klassischer Wackelkontakt also, das kennt jeder, der schon Elektronik repariert hat. Kalte Lötstelle? defektes Bauelement? Mitnichten, die Lösung war ebenso ungewöhnlich wie trivial. Aber der Reihe nach.

Zuerst habe ich die innere Geräteabschirmung abgenommen. Dabei fiel schon mal auf, dass die Abdeckplatte sehr locker saß, die Schrauben waren alle recht lose. Sie ließen sich auch nicht fest anziehen, da der Vorbesitzer anscheinend der Meinung war, dass Schrauben grundsätzlich mit aller Gewalt hineingewürgt werden müssen. Die Federblech-Laschen, welche in den Gehäuserahmen aufgesteckt waren und die Halterung für die Schrauben sind, waren völlig aufgebogen durch die grobmotorische Behandlung und boten den Schrauben keinen Halt mehr. Was hat das mit dem Wako zu tun? Eine ganze Menge. Nach Abnehmen der Platte ging das Gerät wieder nicht mehr und war auch nicht durch Klopfen zum Funktionieren zu bewegen. Erst bei genauerem Hinsehen war die Ursache zu erkennen. Aufgrund der hohen Spannungen im Gerät werden das obere und das untere innere Abschirmblech von einem Sicherheitsschalter überwacht. Bei abgenommenem Deckel schaltet dieser das Gerät ab. Das selbe passiert auch, wenn der Deckel lose ist. Das hat wohl auch der Vorbesitzer gemerkt. Aber statt das richtige zu machen (Blechlaschen rausnehmen, zurechtbiegen und wieder einsetzen) war er wohl der Meinung, dass diese Pfusch-Lösung hier besser sei.



Der Schraubendreher auf dem Bild ist von mir, der alte Klebestreifen vom Vorbesitzer. Da der Klebestreifen irgendwann nachgibt, hat man das Problem wieder. Ich weiß nicht, wer der Vorbesitzer war, aber ich tippe mal auf eine staatliche Organisation, welche ein Y in ihren Fahrzeugkennzeichen haben und olivfarbene Klebebänder verwenden. Der Klebeband-Typ erinnert mich jedenfalls an die widerwärtigsten 15 Monate meines Lebens. Aber ich schweife ab, zurück zum 332B.

Sobald man den Schalter mit einem Schraubendreher arretiert, läuft das Gerät absolut stabil und fehlerfrei. Fehler gefunden. Ok, alle Blechlaschen rausgepult und nachgebogen, den Schalter zusätzlich neu justiert, Problem beseitigt. Da das Gerät 1978-79 gebaut wurde, die Elkos somit alle über 30 Jahre als sind, habe ich mir die Mühe gemacht, alle Elkos mit einem ESR Tester zu überprüfen. Es war nur ein einziger Elko auffällig, ein Koppelelko von 5 µF im Chopper-Verstärker-Modul, der einen ESR von 12 Ohm hatte. Der wurde ersetzt. Alle anderen Elkos blieben drin. Ganz erstaunlich, wie langlebig US amerikanische Elkos aus dieser Zeit sind.

Und so sieht er nun von innen aus, der 332B:

    
Oben links der Netztrafo, rechts der Hochspannungstrafo, Pre-Regulator (Phasenanschittschaltung für den HV Trafo) und Leistungsendstufe. In der Mitte unten die Referenzerzeugung und die Steuerungselektronik.




Hier die Power Abteilung im Detail



Und hier die Steuerung

Man beachte die linke Seite. Dort steckt serienmäßig eine Extenderkarte. Eine sehr servicefreundliche Lösung, die leider ein paar Jahre später auch bei Fluke in Vergessenheit geraten ist. Beim Reinigen des Gerätes gab es dann doch noch eine Überraschung. In der Leistungsabteilung oben hatte sich recht viel Schmutz angesammelt, zur Reinigung habe ich das Pre-regulator-Modul und die Endstufe entfernt. Ganz versteckt war dann das Ergebniss eines kleinen Dramas zu sehen, dass sich vor langer Zeit abgespielt haben muss:



Der Widerstand war aufgeplatzt, hatte aber seinen nominalen Wert von 5.1 Ohm nur um 1.2 Ohm erhöht. Was da passiert ist, kann ich nicht nachvollziehen, irgend einen weiteren Defekt, der zur Überlastung des Widerstandes geführt hat, kann ich nicht finden. Es muss auch schon lange so sein, denn der Widerstand roch nicht mehr. Wer weiß, wie bestialisch dieser Widerstandstyp stinkt, wenn er abraucht, der versteht, was ich damit meine... Ich habe ihn selbstverständlich ersetzt, somit musste ich bis jetzt genau 2 Bauelemente erneuern.


Hier noch ein paar weitere Bilder: (die Bilder kommen zu einem späteren Zeitpunkt)

   



Die eigentliche Spannungsreferenz befindet sich in dem runden, schwarzen mit A3 bezeichneten Gehäuse links oben. Das Teil ist thermisch stabilisiert und wird ganz schön warm. Hergestellt wurde es von Texas instruments.



Die Phasenanschnitt Vorregler-Einheit für den HV Trafo.



Die Ausgangsstufe



Der Chopper-Verstärker. Zur Entstehungszeit des Gerätes gab es noch keine ultra-low-offset OpAmps, deswegen war diese Schaltungstechnik der einzig gangbare Weg um driftfreie DC-Verstärker zu bauen. Die eigentliche Signalverstärkung erfolgt hauptsächlich mit einem µA709. Warum Fluke ausgerechnet diesen grauenhaften OP eingesetzt hat verstehe ich nicht, 1978 gab es bereits besseres als diesen Typ. Entsprechend aufwendig ist die Kompensation des OpAmp ausgefallen. Hier sieht man auch den einzigen ersetzten Elko, C13.
An der Ausgangsspannung ist die Chopper-Frequenz an einem angeschlossenen Oszilloskop praktisch nicht zu sehen, die chopper-Einheit war immer noch sehr gut abgeglichen.



Finetuning für jede Schalterstellung



Probelauf nach Erfolgter Reparatur und Reinigung.
Der Fehler von 0.003% kam von dem noch nicht warm gelaufenen Messgerät.


Bei passender Gelegenheit (Messmittelüberprüfung meines Arbeitgebers...) werde ich den 332B mit einem kalibrierten highend Laborgerät nachmessen, aber auch so scheint mir bis jetzt alles plausibel, was das Gerät ausgibt. Nach einer kurzen Warmlaufzeit stehen die eingestellten Spannungen absolut stabil.

Er ist keine Schönheit, der 332B, aber ein wichtiges Instrument, um seine Geräte zu überprüfen. Und dank des recht hohen Ausgangsstroms von 50 mA könnte man ihn auch gut als Hochspannungsnetzeil für Kleinsignal-Röhrenversuche verwenden. Fast schon schade, dass ich mit Röhren nichts mache. Aber als ich just im Baujahr meines 332B meine Berufsausbildung als Funkelektroniker (= Radio und Fersehtechniker) abschloss, hatte ich noch so viel mit alten Röhrenkisten zu tun, dass mir die Faszination für diese Technik bis heute völlig abgeht. Seit dem darauf folgenden Studium habe ich keine Röhre mehr angefasst.... Jetzt steht noch die Reinigung der völlig verdreckten Buchsen an, dann kommt er zu seinen "Kollegen" 5200b und 540B ins Regal.



Bleibt die abschließende Frage: Braucht man so etwas als Privatanwender und lohnt sich der Zeitaufwand?

Nun, wenn man Frage 1 konsequent zu Ende denkt kommt man zu dem Schluss, dass es eigentlich  auch genügt als Eremit in einem Erdloch im Wald zu leben...


Und zu Frage 2: ja, das lohnt sich. Alleine schon wegen der Erfahrungen, die man an der nachvollziehbaren Schaltungstechnik dieser alten Geräte sammeln kann. Und keine Freizeitaktivität ist wirklich "sinnvoll", die Frage stellt sich einfach nicht.  Es ist zudem ein schönes Gefühl ein Gerät, was mal sehr teuer war, vor dem Schrott bewahrt zu haben. Ich möchte damit auch mal ein ausdrückliches Dankeschön an Firmen wie u.a.  die Firma H..... S..... in Aachen aussprechen, die es einem ermöglichen zu einem fairen Preis als Privatanwender alte Hightech-Geräte zu erwerben, die man sonst nur in Laboren oder Instituten zu sehen bekam und allenfalls von weitem anschauen durfte. Sie könnten es sich auch einfach machen und das alte Zeug einfach gleich verschrotten.



Karl-Heinz L. sendete die Fotos und den Text zu diesem wunderbaren Standard, vielen Dank für die Unterstützung der Webseite.



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