HM412 Dual Trace Oszilloscope



auch schön verarbeitet




Das Hameg HM 412 Oszilloskop (und die anderen Oszis der X12 bzw. X02 Serien) sind wohl einige DER Bastlerscopes schlechthin. Relativ puristisch aufgebaut, und ohne viel "schnick-schnack" waren sie auch damals schon für Privatleute erschwinglich. Heute sind Plattformen wie z.B. ebay gradezu überschwemmt mit diesen Oszis und daher werden auch nur entsprechend geringe Preise erziehlt (25-50€). In diesen Geräten befinden sich (wei bei Hameg üblich) möglichst wenig bis gar keine Spezialbauteile und sie sind daher eigentlich immer reparierbar. Das HM 412-5 ist ein 2-Kanal Oszi mit einer max. Eingangsempfindlichkeit von 5mV/Div und einer max. Zeitablenkung von 0,5µS/Div und einer Bandbreite von 20MHz. Auch eine Delay-Funktion ist eingebaut, welche aber bei meinem Gerät nicht mehr 100%ig korrekt funktioniert.

The Hameg HM 412 (and the other Oszis of the X12 and/or X02 series) are probably some the DIY hobbiests scopes absolutely. Relatively puristic developed, and without much "schnick schnack" they were also at that time already affordable for private people. Today markets are e.g. ebay inundated with this scopes and therefore also small prices become obtained only according to (25-50 Euros). In these devices (as with Hameg usually) less or no special parts and it is actually always reparable therefore. The HM 412 is a dual trace oscilloscope with a max. input sensitivity of 5mV/Div and a max. horizontal deflection of 0,5µs/Div and an bandwidth of 20MHz. Also a delay function are inserted, which however with my equipment does not function 100% correctly.

Martin ich danke Dir sehr für die Zusendung der Bilder und dem Text.

Martin thank you for posting photos and text.




Reparaturbericht von Magnus

Restauration eines HAMEG Oszilloskops, Typ HM412-2 Baujahr 1977

oder

HAMEG Fabrikationsnummer 20490 lebt!


Dieses alte Schätzchen, eine frühe Ausführung des Zweistrahl-Oszi-Typs HM412, habe ich für den Gegenwert eines Abendessens bei eBay erworben.




Ich habe zwar bereits ein digitales und ein analoges Scope, die sich gut ergänzen - aber ich benötigte noch ein kleines, leichtes Oszilloskop für die Fehlersuche. Diese kleinen simplen HAMEGs kannte ich noch vom Physik-Unterricht. Wer meint, die aktuellen digitales Scopes machten doch ein analoges einfach überflüssig, sollte vielleicht einmal mit erfahrenen Service-Mitarbeitern einen Kaffee trinken gehen. Beide Arten, analoge und digitale Oszilloskope, haben ihre Vor- und Nachteile; aber man braucht im Labor einfach beides...

Die HAMEG.de Homepage bot nur die Handbücher des Nachfolge-Modells HM412-3. Also flugs bei HAMEG angerufen, und per email kam bereits am nächsten Morgen das Handbuch für das HM412-2 inklusive Schaltplan - sehr schnell und dazu kostenlos.

An dieser Stelle Herzlichen Dank an das Kunden-Support-Team von HAMEG. Dieser Service ist schlicht vorbildlich! Man versuche einmal, bei anderen Herstellern einen Schaltplan für ein 30 Jahre altes Gerät zu erfragen...

Der Verkäufer hatte sich trotz des geringen Verkaufspreises viel Mühe mit der Verpackung gegeben, und so kam das Gerät im November 2009 ohne Transportschäden auf meinen Labortisch. Der erste Eindruck war positiv. Etwas verdreckt zwar, aber alle Schalter und Bedienelemente und die Röhre machten einen guten Eindruck. Nur eine kleine Abdeckkappe fehlte...

Bevor ich bei online-Aktionen biete, werfe ich einen kritischen Blick auf die entsprechenden Fotos. Stehen nur wenige Aufnahmen zur Verfügung, bitte ich grundsätzlich um weitere Fotos der Seitenteile, der Rückseite und des Geräts im laufenden Betrieb. Wer keine weiteren Fotos erstellen will, ist für mich kein seriöser Anbieter. Verbeulte Gehäuse deuten meist auf irreparable Beschädigungen hin - wer Museums-Stücke sucht, den stört dies nicht. Aber ich war eben auf der Suche nach einem brauchbaren Gerät...

Ich möchte davon abraten, solche "alten Teile" in Betrieb zu nehmen, ohne vorher ein paar grundlegende Dinge geprüft zu haben. Dazu gehört m.E. nach die Kontrolle von Netzleitung, Schutzerde-Verbindung, Trafo, Netzteil, Siebung, Sicherung (ich tausche diese meist gleich aus) etc. Nach dem Öffnen des Gehäuses bot sich der folgende Anblick. Staub überall; auf der Unterseite zwei, drei vertrocknete Spinnen... Halt das übliche Maß an Gebrauchspuren und Dreck nach über drei Jahrzehnten.








Die gesamte mechanische Konstruktion ist schön simpel gehalten. Die Demontage des Gehäuses ist einfach: Zwei Hutmuttern auf der Rückseite lösen, Deckel abnehmen, und dann das Gerät mit der Front auf ein Kissen "betten". Der Rest des Gehäuses lässt sich dann nach hinten abziehen.

Ein Wort vorweg:
Die Reparatur-Arbeit an Oszilloskopen bei offenem Gehäuse ist potentiell lebensgefährlich!

Die Verwendung eines Trenntrafos ist obligatorisch - dies schützt jedoch nicht vor der Anodenspannung im Bereich einiger kiloVolt. Auch wenn die kleinen HAMEGs relativ geringe Röhrenspanungen (etwa 2kV beim Typ 412-2) nutzen, dies ist und bleibt gefährlich. Mit den Ablenkspannungen für die X- und Y-Achse im Bereich bis 130V und 250V DC ist ebenfalls nicht zu spassen - man muss Sicherheitsmassnahmen ernst nehmen, sonst wird es sehr schnell ernst um einen...

Vorteil der kleinen Röhren: Die Anodenspannung baut sich nach wenigen Minuten ab, dies ist bei anderen Oszilloskopen meist nicht der Fall - siehe die Berichte zu den "grossen" Tektronix-Scopes auf den weiteren Seiten von Ralf Ohmberger. Beschleunigungspannungen über 20kV und erst einmal Stecker abziehen, um Spannungen abzuleiten?! - puh, das ist bei den kleinen HAMEGs dankenswerterweise nicht erforderlich.

Zur ersten Reinigung greife ich meist zu Spiritus, Lappen, Zahnbürste und Druckluft. Die Front-Schalter sind mechanisch offen, daher habe ich den CRC/Kontaktchemie-Spray TUNER 600 eingesetzt. Anschliessend den Spray KONTAKT 61 als bedenkenlos einsetzbare Schmierung. Die Sprays setze ich nur im Freien ein, das Zeugs ist nach wie vor ungesund.

Bei der ersten Inbetriebnahme erhöhe ich die Versorgungsspannung durch einen Regel-/Trenntrafo nur langsam. Erst einmal beobachten, was passiert. Bei diesem Gerät rauchte nichts, der Trafo brummte zuversichtlich, die Glimmlampe für den Betrieb ging an und die Röhre zeigte erste Lebenszeichen.

Also, Trigger auf "Line", beide Y-Eingänge auf "GND" - Resultat: Zwei glatte Striche, wenn auch nicht besonders hell. Vielversprechend!

Der simple mechanische Aufbau hat mich zunehmend begeistert. Frontplatte aus Aluminium auf Stahl, befestigt mit Abstandbolzen, Maschinenschrauben, Muttern, Zahnscheiben. Alles gut zugänglich, es braucht nur Standard-Werkzeug wie einen Schlitz-Schraubendreher oder einen passenden Steckschlüssel oder eine Zange  - dies ist einfach herrlich "unaufgeregt" und langlebig konstruiert.

Wenn ich da an abbrechende Führungsnasen von Kunststoff-Schalen, scharfkantige Gehäuse oder versprödete Werkstoffe anderer Hersteller denke...

Auch die Befestigung der Front-Knöpfe mit Spannhülsen ist simpel und gut. Damit lässt sich der Knopf einfach justieren, und völlig spielfrei ohne spezielles Werkzeug lösen und befestigen (Negativ-Beispiel bei Geräten anderer Hersteller: 1,3mm-Inbus-Schlüssel, die dann letztendlich doch ausleieren).



Toll. Und man bekommt immer noch Abdeckkappen und andere Ersatzteile direkt bei HAMEG...!


Nach der Kontrolle der Versorgungspannungen (-12V, 5V und 24V DC) per Multimeter und 1x-Tastkopf per Oszilloskop war ich weiterhin zuversichtlich. Saubere Gleichspannungen innerhalb der Toleranz, kein Anzeichen von Ripple oder Schwankungen.
Da die beiden Y-Eingänge aber beide nicht so recht wollten, habe ich die Frontplatte entfernt, um beide Y-Verstärker demontieren zu können. Dies ist nicht so aufwendig, wie es zunächst scheint. Die Frontplatte lässt sich mit vier Schrauben lösen, anschliessend die beiden Kalibrations-Ausgänge und die Masse-Buchse ablöten. Nun lassen sich die Verbindungen der Y-Verstärker ablöten. Anschliessend die zentrale Befestigungsmutter vorn lösen - und man kann die Y-Verstärker-Leiterkarten einfach entnehmen.

Offensichtlich: Der im Bild unten sichtbare Eingangs-Widerstand ist sauber verschmort - da hat wohl jemand grob fahrlässig gehandelt.




Auch der äquivalente Widerstand des anderen Y-Eingangs konnte nicht original sein - falscher Wert, einfache Kohlenstoff-Ausführung. Nach dem Ersatz beider Eingangswiderstände durch 51 Ohm Metall-Typen, zeigte der Y2-Kanal immer noch einen falschen Widerstandswert. Der zentrale 33 Ohm Widerstand und ein 220 kOhm Widerstand im Eingangsumschalter wurden beide ersetzt. Die Eingangsstufen-FETs Typ TIS69 (als "matched pairs!") werden derzeit kaum noch gehandelt, so war ich froh, dass sich alle vier bei ersten Tests gesund zeigten. Nebenbei: ESD-Schutz sollte beim Basteln selbstverständlich sein...

Die Schaltung basiert bis auf die Eingangsstufen-FETs auf Standard-Bauelementen. Ausnahmen sind heutzutage schwer erhältliche Komparatoren Typ SN72710 für die Triggerung, FD300 Dioden als Schutzdioden (Ersatz scheint simpel) und selbstverständlich die Bildröhre. Das Gerät arbeitet mit Standard-Leistungstransistoren, gängigen "kleinen" Transistoren, µA733 Videoverstärkern, 78xx Spannungsreglern, Standard-Zenerdioden - alles preiswerte Komponenten - bestens!

Im Gerät fand sich noch der folgende Garantieschein für die Bildröhre, Typ D13 620 GH von Telefunken  - der ist dann wohl abgelaufen... Auslieferungsdatum: 9. März 1977!



Ein WIMA-Folienkondensator ersetzte einen leicht mikrofonisch erscheinenden Kondensator in der Helligkeitsstufe. Alle Elektrolyt-Kondensatoren und die allermeisten Tantals wurden ebenso ersetzt wie die verschlissene BNC-Eingangsbuchse für den Y1-Eingang. Auch eine Zenerdiode schien mir verdächtig.

In der Y-Stufe wurde ein Widerstands-Paar angepasst, da die End-Verstärker wohl aufgrund Alterung weniger Pegel erzeugten. Hier ein Bild der ersetzten Teile:



Insgesamt wurden doch einige Bauelemente ersetzt, wie die folgenden Bilder des Geräts illustrieren. HAMEG hatte schon seinerzeit 105°C-Elkos eingesetzt; ich habe jedoch alle Elkos vorsorglich ersetzt. Nun präsentiert sich das Gerät in passablem Zustand.









So war die Reparatur bald abgeschlossen und die Kalibration konnte angegangen werden.

Hierbei gilt: Nix verstellen, bis man nicht die Funktion durchschaut! Die Piher-Trimmer wurden von HAMEG netterweise mit passenden Rändelknöpfen versehen, die auch einem Abgleichschrauben-dreher beste Betätigung erlauben.

Die folgenden Fotos zeigen den neu kalibrierten Zustand. Es ist mir nicht ganz gelungen, ohne Parallaxenfehler zu fotografieren; aber die X- und Y-Anzeige stimmen nun wieder. Zwar zeigt die Röhre eine im Randbereich deutlich sichtbare Verzerrung; aber diese HAMEG-Oszis wurden als preiswerte Geräte vorranging im Service und in der Ausbildung eingesetzt – und dafür taugen diese Oszis auch heute noch sehr gut.





Die automatische Triggerung funktioniert übrigens ausgezeichnet auch bei (vergleichsweise) recht kleinen Amplituden von 200 mVrms bis etwa 40 MHz – weitaus höher als per Spezifikation.

In diesem Sinne: HAMEG Fabrikationsnummer 20490, Baujahr 1977 lebt!

Magnus im Februar 2010


Magnus ich danke Dir für den schön gemachten Bericht, freut mich dass es wieder läuft.


Main Gallery     Miscellaneous Gallery
 
www.amplifier.cd

Impressum und Haftungsausschluss