Multifunction Meter Prema 8017


Prema 8017 DMM
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Leserbericht von Karl-Heinz

Das Prema 8017 Multifunktionsmeter ist ein DMM mit einer maximalen Auflösung vom 7 1/2 Stellen und zahlreichen Zusatzfunktionen. Ausgestattet ist es mit einem großen grafischen LCD-Display. Es wurde in den 90er jahren von PREMA in Mainz entwickelt und gebaut. Prema hat sich inzwischen vom Messgerätemarkt zurückgezogen und ist mittlerweile ein reiner Chiphersteller.

Die Auflösung des 8017 beträgt im DC Spannungsbereich bis zu 10 nV (!), Messzeiten gehen von 0.2 bis 100 Sekunden, der Anzeigeumfang beträgt maximal 30.100.000 Digits. Hier kommt man schon in physikalische Grenzbereiche, da Thermospannungen hier eine sehr große Rolle spielen, sie sind erheblich größer als die Auflösung des Gerätes. Zudem machen sich auch sporadische Störungen, die in den Halbleitern entstehen, bei solchen Auflösungen bemerkbar. Obwohl im Eingangsbereich der zu dieser Zeit wohl beste zerodrift-OpAmp eingesetzt wurde, kommt es bei so hohen Auflösungen zu Schwankungen des Offsets der letzten beiden Stellen. Das Gerätebild mit der Anzeige 0.0000000 oben ist idealisiert, es wurde einfach zum richtigen Zeitpunkt gemacht, als der Offset genau 0 war. Solche Fehler lassen sich aber ausmitteln, dafür hat das Gerät in seinen höchsten Auflösungen Integrationszeiten bis zu 100 Sekunden. Für sehr genaue Messungen sind solche Zeiten durchaus notwendig. Thermospannungen kann man mit der Offsetkorrektur herausrechnen, bei so hohen Auflösungen sollte man den Offsetabgleich ständig beachten.
Ein solches Gerät kann man nicht einfach benutzen wie ein 3 1/2 stelliges Einfachmultimeter.

Für die allermeisten Anwendungen sind solch hohen Auflösung aber absolut sinnfrei, man benutzt dann die 6 1/2 oder 5 1/2 Stellen Auflösung, die sehr viel schneller arbeitet.

Messen kann das Gerät DC, AC (echteffektiv), AC+DC, Widerstand, Strom, Frequenzen bis 1MHz und Temperaturen mit PT25, PT50, PT100 und PT1000 Sensoren und unterschiedlichsten Thermoelementen, die im Menue auswählbar sind. 2 und 4 Draht Messungen sind möglich.

Wer sich für die gesamten technischen Daten interessiert, sei auf diese uralte Website eines ehemaligen Prema Vertriebs verwiesen, die erstaunlicherweise derzeit (Mai 2010) noch aktiv ist.

http://ohh.de/8017.htm

Zusätzlich zu den normalen Messungen kann das Gerät ganze Messreihen aufnehmen und in seinem Speicher sammeln, diese können auf vielfältige Art grafisch und mathematisch nachbehandelt und ausgewertet werden. Das große Display stellt viele Informationen parallel dar, bei Wechselspannung zum Beispiel den Effektivwert, Spitzenwert und Crestfaktor.
Für schnelle Messungen mit grafischer Darstellung verfügt des Instrument über einen zweiten ADC, der mit 1000 Messungen/Sekunde wesentlich schneller ist als der hochgenaue Haupt-ADC. Dieser zweite ADC hat eine Auflösung von 16 Bit, ist ungenauer und nicht kalibriert. Für die Messung von Signalverläufen und als Oszilloskop für niedrige Frequenzen reicht das aber völlig aus.

Das 8017 verfügt über GPIB, serielle und parallele Schnittstellen, Drucker können direkt angeschlosssen werden. Allerdings sind passende Drucker mit Parallelschnittstelle und FX-80 bzw HP Laserjet III Kompatibilität mittlerweile Technikgeschichte.

Die Elektronik ist in einem massiven Alugehäuse untergebracht, welches sich sehr einfach öffnen lässt.
Nach Öffnen des Gerätes erwartet einem ein Anblick, den man bei einem DMM so erstmal nicht erwarten würde.



Das sieht doch eher aus wie ein PC Board? Stimmt, genau so ist es, es ist ein speziell dafür entwickeltes Mainboard mit PC-Prozessoren, PC-Chipsatz und Festplatte.




Eine 386SX CPU mit 25 MHz getaktet, dazu ein 387SX Coprozessor bilden die CPU Ausstattung des Gerätes. Zu der Zeit gab es schon die wesentlich leistungsfähigeren 486 Prozessoren, aber für den Zweck reich das völlig. Die Speicherbänke links oben erhalten insgesamt 1 MB RAM. Die Festplatte rechts ist eine 80 MB (Ja, richtig gelesen, MEGA-Byte!) Notebookplatte. Darauf befindet sich das Betriebssystem, die Applikationsprogramme und der Speicher für die Messdaten.

Meine erste Aktion war es die Platte auszubauen, mittels Adapter an den Laborrechner anzuschließen und den Inhalt der Platte zu sichern.
Die Platte ist immerhin 15 Jahre alt, ein Datenverlust würde das 8017 unbrauchbar machen.
Bei der Untersuchung der Datensicherung zeigte sich folgendes:
Als Betriebssystem wird MS-Dos eingesetzt.
Die Platte ist in drei Partitionen aufgeteilt, Auf C:\ lieg das Betriebssystem und einige Treiber, D und E sind identisch und enthalten die Gerätesoftware und die gespeicherten Daten. Auch die sehr wichtige Datei mit den Kalibrierdaten befindet sich dort.
Betriebssystem und Anwendungen belegen zusammen gerade mal 4 MB

Der Gerätelüfter oben rechts war ursprünglich ein hochwertiger Papst-Lüfter. Aber auch Papst-Lüfter leben nicht ewig, ein nerviges, hochfrequentes Pfeifen signalisierte einen Lagerschaden und den kommenden Totalausfall. So musste er einem chinesischen Lüfterkollegen weichen, der seine Sache genau so gut macht, wenn auch vermutlich keine weiteren 15 Jahre.



Hier ist die GPIB Karte zu sehen, die in einem AT-Slot steckt. Auch diese Steckkarte trägt das Prema Logo.




Oben rechts CPU und mathematischer Coprozessor, der TACT83443 ist ein PC Chipsatz für 386SX Prozessoren, die beiden TACT83441 sind die Memory-Controller. Der F82C0426 ist ein Grafik-Controller für LCD Displays, oben links davon ist der dazu gehörende Bildspeicher. Der Zilog-Controller ist für die Tastaturabfrage zuständig.




Das Display von hinten, zu sehen ist die Hochspannungserzeugung für die Hintergrundbeleuchtung. Links die Stromversorgung des Digitalteils, bestehend aus Sekundär-Schaltwandlern und einem Controller, der das Hoch und Runterfahren steuert und dafür sorgt, dass es dabei zu keinen Datenverlusten kommt.




Hier das Netzteil von einer anderen Position. Die gesamte Leistungsaufnahme des Gerätes beträgt rund 18 Watt.




Auf der Unterseite befindet sich der Analogteil des Gerätes, hier sieht es schon viel mehr nach Multimeter aus.




Abschirmplatte abgenommen.
Links in der Mitte befindet sich der Haupt A/D Wandler mit 26 Bit Auflösung, bestehend aus einem von Prema hergestellte ASIC und den zugehörenden Peripherie-Chips. Oben links die temperaturstabilisierte Referenz, die laut Handbuch mehrere Monate vorgealtert und nach Stabilitätskriterien selektiert wurde.
Unten die Spannungsregler für die Analogversorgung.
Rechts oben der AC Teil, zudem der zweite A/D Wandler. Dies ist, wie oben schon geschrieben, ein schneller 16-Bit Wandler mit 1000 Hz Abtastfrequenz. Bei gleichzeitiger Anzeige von Effektivwert und Spitzenwert liefert er die Werte für den Spitzenwert, die in einer vorgeschalteten S&H Stufe festgehalten werden.
Unten rechts sitzt der Prozessor für die Messdatenverarbeitung. Er übernimmt die gesamte ADC-Ablaufsteuerung, die Ansteuerung der Relais, das Mittelwertfilter zur Stabilisierung der Messwerte und rechnet Offsetkorrekturen und Kalibrationsinformationen in die Messwerte rein. Für die Frequenzmessung ist er ebenfalls zuständig. Der Datenaustausch mit dem Prozessorboard wird über Optokoppler geführt, Analog und Digitalteil sind vollständig voneinander entkoppelt.




Nach dem Start des Betriebssystems gelangt man in das Hauptmenue, wo man u.a. die Funktion des Gerätes auswählen kann.





Von hier geht es zu den verschiedenen Anwendungen. Eine kontextsensitive Hilfe erspart das Blättern im Handbuch.





Alle Messungen können zusätzlich in Echtzeit mittels Mathematikfunktionen umgerechnet werden, dabei sind die Konstanten frei wählbar. Hier eine Auswahl aus den Mathematikfunktionen, mit der im Bild dargestellten Funktion sind dB Anzeigen möglich mit frei definierbaren Bezugspegeln.




Hier ein Beispiel, wie in der Mehrfachanzeige mehrere Informationen parallel dargestellt werden können. Wechselspannung mit Effektivwert, Spitzenspannung und daraus resultierendem Crestfactor. Quelle waren 10 Vss Sinusspannung aus einem Funktionsgenerator.



m Sampling Modus können Signalverläufe mit einer Abtastung bis zu 1000 Hz vorgenommen werden. Die Kurven und Messdaten können gespeichert werden.




Daten können als Messreihe abgespeichert werden und als Liste oder grafisch dargestellt werden. Hier wurden über zwei Stunden die Netzspannung überwacht.




Zahlreiche Mathematische Programme zur Messdatenverarbeitung erlauben es, die Daten aufzubereiten. Hier die obigen Daten in der Histogrammansicht.



Alles in allem ist das 8017 ein sehr universell nutzbares Gerät, das man bald nicht mehr missen möchte. Bemerkenswert finde ich den insgesamt unspektakulären und relativ einfachen Aufbau dieses Gerätes (Wie alle mir bekannten Geräte dieses Herstellers). Das liegt an dem intelligenten Konzept des Wandlers und dem massiven Einsatz von Prozessoren. Dadurch sind z.B. nur temperaturstabile Widerstände in den Vorteilern erforderlich, aber keine hochpräzisen, teure Spezialteile, da alle Fehler mittels Kalibriersoftware herausgerechnet werden können.

Auf der Festplatte ist das letzte Kalibrierdatum gespeichert. Es zeigt, dass das Gerät vom Vorbesitzer nie nachkalibriert wurde. Die Kalibrierung läuft komplett über Software ab, man muss das Gerät dazu nicht öffnen.

Einen Reparaturbericht gibt es dieses mal nicht, bis auf den Lüfter habe ich bisher nichts daran gemacht. Allerdings sind noch zwei Dinge zu erledigen, zum einen die Offseteinstellung im AC Teil. Seltsamerweise kann man den Offset hier nicht per Software auf Null bringen, das geht nur in den DC Bereichen. Laut Handbuch wird bei dem DC Abgleich auch der AC Offset korrigiert, was aber bei meinem Gerät nicht der Fall ist.

Im AC Teil gibt es zwei Trimmpotis (die einzigen im Gerät), die zum Offsetabgleich des true-RMS Converters und des OpAmps am Eingang dienen. Beide Cermettrimmer zeigen einen Effekt, den ich schon oft bei älteren Geräten mit diesem Trimmertyp festgestellt habe. Versucht man sie abzugleichen stellt man fest, dass man sich wieder exakt dem Punkt nähert, wo sie zuvor schon standen, obwohl der Abgleich nicht gepasst hat. In dieser Position, die dann eigentlich die Idealposition sein sollte, macht die Einstellung dann aber plötzlich einen Sprung, um dann beim Weiterdrehen wieder zurück zu springen und nahe dem Optimum zu sein, diesmal aber mit einem Fehler mit umgekehrtem Vorzeichen. Genau die Stelle, wo die Einstellung optimal wäre und der Schleifer des Trimmers schon jahrelang stand, hat offensichtlich Kontaktprobleme. So etwas habe ich, wie schon gesagt, bei einigen Cermettrimmern unterschiedlichster Bauform und von verschiedenen Herstellern erlebt. Die zwei Trimmer werden demnächst ausgetauscht und ich werde versuchen die Offseteinstellung noch zu optimieren.

Der zweite Punkt ist die Kalibrierung, die letzte Kalibrierung ist, wie schon geschrieben, laut Kalibrierdatei über 15 Jahre alt. Das muss ich von einem Kalibrierdienst machen lassen, denn meine eigenen Standards haben eine geringere Auflösung als das 8017. Das wird dann meine hausinterne Referenz, noch genauer brauche ich es wirklich nicht. Aber das ist eine Kostenfrage, deshalb ist das erst mal auf unbestimmt verschoben. Messvergleiche mit einem anderen Gerät in der selben Klasse zeigen keine auffälligen Abweichungen.

Ich benutze das 8017 ausschließlich zum Abgleich anderer Geräte und zum Ausmessen von Referenzen. Für die Fehlersuche an Geräten genügt in fast allen Fällen auch ein billiges 3 1/2 stelliges Multimeter. Das ist leicht transportierbar, einfach zu handhaben und wenn man es durch eine versehentliche Fehlbehandlung abschießt, dann hält sich der Ärger darüber in einem überschaubaren Bereich.



Karl-Heinz vielen Dank für diesen tollen Bericht und die schönen Fotos, immer wieder klasse wie Du aus dem Stehgreif heraus insbesondere die Funktionen auch der digitalen Bauteile sofort erkennst. Du hast Recht es ist jammerschade, dass diese hochwertigen Geräte mit solch einer Funktionsvielfalt nicht mehr gebaut werden, es wäre spannend gewesen zu sehen was diese Entwickler mittlerweile im Jahr 2010 Erstaunliches auf den Markt gebracht hätten.



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