Schomandl FN77 OCXO Frequenz Normal

Leserbericht von Karlheinz

FN77 OCXO Frequenzstandard
<FN77-OCXO>

Der Schomandl FN77 OCXO ist ein Frequenzstandard, bestehend aus einem OCXO mit hoher Kurzzeitstabilität, der zur Erhöhung der Langzeitstabilität mit dem DCF77 Referenz-Funksignal synchronisiert wird. Dadurch ergibt sich ein Frequenzstandard mit hoher Kurz und Langzeitstabilität.

Bei vielen einfachen DCF77 basierten Frequenznormalen, z.B bei praktisch allen diesbezüglichen Bausätzen und Bauanleitungen der letzten Jahrzehnte, aber auch einigen kommerziellen Geräten ist die Kurzzeitstabilität nicht mal ausreichend um einen 9-stelligen Frequenzzähler mit guter OCXO Zeitbasis abzugleichen.

Das Problem bei all den oben genannten Geräten ist, dass hier immer ein gewöhnlicher Quarzoszillator mit schlechter Kurzzeitstabilität über eine PLL mit der DCF 77 Frequenz synchronisiert wird, die aufgrund der Welleneigenschaften dieses Langwellensignals ebenfalls nur eine mäßige Kurzzeitstabilität hat. Was dabei raus kommt ist zwar über einen langen Zeitraum gemittelt sehr genau, als Kurzzeitreferenz, z.B. zum Abgleich von Zählern, ist es aber nur bedingt brauchbar.

Schon ein älterer, aber sehr guter Zähler wie der Racal-Dana 1992 mit OCXO Option, lässt sich damit nicht mehr korrekt abgleichen, da die letzte Stelle bei so einem DCF-77 Normal um ca. +/- 5..6 schwankt, abhängig von der Empfangsqualität und der Tageszeit (Nachts ist der DCF-77 Empfang erheblich instabiler).

Ich selbst habe mich vorher auch nicht genau mit dem Thema beschäftigt und naiv einen Bausatz einer Amateurfunk-Zeitschrift gekauft und gebaut, von dem Ergebnis war ich recht ernüchtert. Danach habe ich mich mit dem Thema mal intensiver befasst.

Ein hervorragendes Script dazu gibt es hier: http://ulrich-bangert.de/AMSAT-Journal.pdf

Der Autor, Ulrich Bangert, hat sich sehr fundiert mit dem Thema beschäftigt, wer das gelesen hat, dem wird klar, warum die meisten DCF 77 und GPS Normale für viele Anwendungen schlichtweg ungeeignet sind.

Es geht aber auch anders, nämlich richtig. Es gibt Firmen, die bau(t)en DCF-77 Frequenznormale mit guter Lang- UND Kurzzeitstabilität. So etwas gibt es u.A. von Rohde und Schwarz und von Schomandl.

Die ehemalige Münchner Firma Schomandl war berühmt für ihre Frequenzdekaden, die nach dem Synthesizer Prinzip arbeiteten. Schon in den 50er Jahren des letzten Jahrtausends brachte Schomandl solche Geräte auf den Markt. Inzwischen existiert wohl nur noch der Name der Firma. Es ist eine Vertriebsgesellschaft, die zur Kathrein-Gruppe gehört.
Keine Ahnung, was die heute machen, die Informationen im Netz sind sehr spärlich und veraltet. Die offizielle Schomandl Homepage wurde 2007 zum letzten mal aktualisiert (Stand April 2012)
Das FN77 wurde in den 1990er Jahren von der Schomandl Vertriebsgesellschaft gebaut, leider führen alle links, die auf PDF Dokumente des Gerätes zeigen, nur zur deutschen Schomandl Homepage und dort ins Leere. Auf Anfrage nach Unterlagen zu dem Gerät kam nur die lapidare Antwort, dass es keine öffentlich verfügbaren Dokumente für dieses Gerät gibt. Die rücken absolut nichts raus, kein Bedienhandbauch und schon gar kein Service-Manual. Man teilt höflich, aber bestimmt mit, dass man mit Leuten wie uns nichts zu tun haben möchte und auch nicht daran denkt, irgend etwas raus zu geben. Es wurde statt dessen angeboten, das Gerät zur Reparatur einzusenden. Schade, das geht auch professioneller und besser, wie viele Mitbewerber zeigen.

Somit habe ich keinerlei Unterlagen zu dem Gerät. Die Bedienung ist selbsterklärend, das ist nicht das Problem. Aber die Schaltungstechnik hätte mich schon interessiert, die ist nämlich hochinteressant und weicht sehr deutlich von dem bekannten Standard ab, auf dem solche Geräte normalerweise basieren. Zudem wäre ein Servicemanual auch bei der Reparatur hilfreich gewesen.

Hier die Kurzbeschreibung des Gerätes aus der englischen Website des Herstellers, das ist alles, was an Informationen noch vorhanden ist:
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The low-cost Frequency Standard FN77-OCXO provides at independent outputs (sine-wave and TTL) a 10 MHz standard frequency with excellent technical specifications. The internal precision quartz-crystal oscillator with high spectral purity is synchronized to the transmitted reference signal (77.5 kHz) of the German National Calibration Institute PTB (Physikalisch-Technische-Bundesanstalt). Outside of Germany the application of the FN77-OCXO is limited by the receiving area of the DCF 77 signals (77.5 kHz).

Short form specifications:
  • Synchronized to the DCF 77 reference signal of the PTB
  • (German National Calibration Institute)
  • Class of accuracy 10E-10
  • Two 10 MHz outputs (sine-wave)
  • One 10 MHz output (TTL)
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Damit ist eigentlich alles gesagt.

Leider sind diese Frequenzstandards noch sehr teuer, auch für Gebrauchtgeräte werden hohe Beträge gezahlt. Da dieser FN77 defekt angeboten wurde, hatte ich das Glück das Gerät zu einem akzeptablen Preis zu bekommen. Aber halt ohne Unterlagen, ohne Antenne und als "Überraschungsei". Man weiß nie, was wirklich drin ist, bzw. was defekt ist.

Somit gab es zwei Aufgaben:
Die Reparatur des Gerätes und der Bau einer passenden DCF77 Antenne.

Das FN77 von innen:
Innenansicht
<FN77-OCXO2>

Rechts an der Rückwand befindet sich unter dem Netztransformator ein DC/DC Wandler, der entweder die unstabilisierte Netzspannung oder die Batteriespannung auf 15V DC wandelt. Rechts oben befinden sich die Relais, welche zwischen Netz und Batteriebetrieb umschalten. Das Gerät ist für kontinuierlichen Dauerlauf ausgelegt, selbst nach einer kurzen Netzstörung dauert es einige Zeit, bis es wieder seine volle Genauigkeit erreicht hat. Deswegen die Akkuversorgung, die in so einem Fall die Netzausfallzeit überbrückt. Der 2,2Ah Blei-Gel Akku befindet sich an der unteren Seite.

Links oben befindet sich der thermisch isolierte OCXO, darüber die 10Mhz Sinus-Ausgangsstufe. Rechts vom OCXO befindet sich der Digitalteil, der aus den 10Mhz verschiedene Frequenzen erzeugt. Diese werden auf ein Mehrfach-Register gegeben, welches mit der DCF77 Frequenz getaktet wird. Das ist der MC14515 rechts unten. Diese in den Registern gespeicherte Signale werden in den bipolaren Elkos links vom Register aufintegriert, sie bilden zusammen mit zusätzlichen aktiven Bauelementen eine Phasenregelschleife für die Nachregelung des OCXO. Wie das im Detail funktioniert ist mir noch nicht ganz klar mangels Dokumentation.


Noch mal aus anderer Ansicht:
Innenansicht
<FN77-OCXO3>


Das Empfangsteil befindet sich unten rechts:
Empfänger
<Receiver>

Der Empfänger besteht aus zwei TCA440. Einer davon ist wahrscheinlich für den 1Hz Takt zuständig, der andere für die 77,5kHz Referenz. Jedenfalls scheinen sie unabhängig voneinander zu arbeiten. Zugeführt wird das Referenzsignal über ein 77,5 kHz Quarzfilter. Diese TCA440 wurden vom ehemaligen Halbleiterwerk Frankfurt/Oder geliefert, Siemens hatte die Produktion des TCA440 zu der Zeit schon lange eingestellt.


Rückansicht mit Aus und Eingängen:
Rückseite
<Rückansicht>

Als Fehlerbeschreibung wurde angegeben, dass das linke Anzeigeinstrument nicht in Mittelstellung geht. Dies ist die Anzeige des PLL Arbeitspunktes. Nachdem sich die PLL und der OCXO elektrisch und thermisch stabilisiert haben (was einige Stunden dauern kann), muss sich die Anzeige in Mittelstellung befinden. Falls nicht, kann man mit dem delta U f-OCXO Steller auf der Frontseite die OCXO Frequenz leicht nachkorrigieren, so dass diese Frequenz auch unsynchronisiert auf exakt 10MHz abgeglichen ist und die die PLL nur minimal nachregeln muss.

Zur Überprüfung wurde das Gerät erst mal ohne Antenne betrieben (war sowieso keine vorhanden) im Modus "UNLOCK". Hier läuft der OCXO frei. Gemessen wurde mit der mil. Version eines Racal Dana 1992 Zählers, der ebenfalls mit einer hochstabilen OCXO Zeitbasis ausgerüstet ist. Es zeigte sich, dass nach 20 Minuten eine genaues 10MHz erzeugt wurde, der delta U Einsteller war dabei in etwa in der Mitte. Ist doch ok so, wo ist das Problem? Das zeigte sich später, nach einigen Stunden war die Frequenz nämlich aus der Toleranz gelaufen und lies sich auch durch Nachregeln nicht mehr auf 10MHz bringen.

Mist, ein Problem des OCXO. Der OCXO wurde ausgebaut und geöffnet. In der thermisch isolierten Box befindet sich der Oszillator und die Temperaturregelung. Der Quarz und die Heizung befinden sich in einem Metallblock in der Mitte der Baugruppe. Unten befindet sich die Elektronik zur Temperaturregelung, oben die Oszillatorschaltung.


Nach dem Öffnen war ein Problem sofort sichtbar.

<OCXO1>

Der Temperatursensor ist normalerweise über eine Glimmerscheibe mit dem Metallkörper verklebt. Die Klebestelle hat sich aber vom Metallkörper gelöst. Auf dem Bild ist das leider nicht gut zu erkennen. Mit einer kleinen Menge hochwertigem Sekundenkleber wurde der Sensor wieder an den Metallkörper geklebt.



<OCXO2>

Hier sieht man unten die Regelelektronik, bestehend aus einem 741 OpAmp und der entsprechenden Peripherie. Oben ein Teil der Oszillatorschaltung. Mit einer der beiden Spulen kann die Quarzfrequenz "gezogen" werden. Hier wird der Arbeitspunkt der Qszillatorfrquenz festgelegt, die Feineinstellung der Frequenz erfolgt spannungsgesteuert über eine Kapazitätsdiode, die Grobeinstellung erfolgt mit der Spule.



<OCXO3>

Weitere Teile des Oszillators oben, unten ist u.a. der Leistungstransistor für die Heizungssteuerung zu sehen.



<OCXO4>

Die optimale Quarztemperatur, in dem sich der Quarz im sog. Umkehrpunkt befindet, wurde vom Hersteller mit 65,3°C ermittelt. Das Fertigungsdatum ist nun auch klar. Ich habe das Modul extern versorgt und konnte am offenen OCXO nach ca. 10 Minuten eine Temperatur außen am Metallgehäuse von ca. 61°C messen. Man kann davon ausgehen, dass die Temperatur im Inneren des Metallblocks korrekt 65,3°C beträgt und die Regelung nun richtig funktioniert.



<OCXO5>
Hier das Ganze noch mal von unten.

Man sieht, dass die Frequenzkorrektur auch von außen möglich ist, in der FN77 Leiterplatte ist hier ebenfalls eine Bohrung an der Stelle.

Der OCXO wurde wieder zusammengebaut und in den FN77 eingebaut. Es hatte sich tatsächlich etwas geändert. Nun war die Frequenz nach der Anheizzeit zwar stabil, aber sie lag zu tief, obwohl der Regler bereits am Anschlag war. Ich habe das  Potentiometer deltaU f-OCXO in die Mitte gestellt und sehr vorsichtig den Spulenkern des OCXO verstellt. Es genügte bereits eine winzige Drehung, um den OCXO auf seine Sollfrequenz zu bringen. Da blieb er dann auch und war stabil. Das OCXO Problem war damit gelöst.

Nun wäre es schön, auch noch DCF77 Empfang zu haben. Dazu ist natürlich eine Antenne notwendig. Erst mal habe ich es mit einem Professorium versucht. Der FN77 liefert eine 12V Antennenversorgung über das BNC Kabel, worüber auch das DCF77 Signal geht. Die meisten Antennenschaltungen, die ich kenne, arbeiten aber mit 5V. Zum Glück ist die Antennenversorgung abschaltbar. Ich habe die 5V Antenne eines anderen Gerätes genommen und an den FN77 angeschlossen, über ein T-Stück wurde über einen 470 Ohm Widerstand eine 5V Spannung für die Versorgung der aktiven Antenne eingespeist.  Die Pegelanzeige für das Antennensignal schlug auf ca. 50% aus, die PLL Anzeige ging zuerst in den negativen Bereich.


<Test>

Langsam ging sie dann in Richtung 0 Stellung, diese wurde nach längerer Zeit auch erreicht, nachdem der OCXO thermisch stabil und die PLL eingeschwungen war. Wegen der hohen Zeitkonstante von bis zu zwei Stunden kann das lange dauern. Der Frequenzzähler zeigte ein Signal von 10.0000000 MHz an, absolut stabil auch in der letzten Stelle.

Die behelfsmäßig angeschlossene 5V Antenne war allerdings alles andere als ideal für dieses Gerät, der Pegel war gerade noch ausreichend. Es musste also eine Schaltung her, die erstens einen sehr viel größeren Antennenpegel liefert und zweitens mit 12V arbeitet.

Im Netz habe ich dazu eine Schaltung gefunden, die jemand mal bei einer Diskussion gepostet hat. Die scheint aus den frühen 80er Jahren zu stammen und schien mir gut geeignet zu sein. Ich habe den Eingangsteil entsprechend angepasst, weil zum einen im Original ein Fehler ist und zum anderen die Antennenanpassung an die erste Stufe geändert werden musste. Im Original wird eine selbstgewickelte Antenne verwendet.

Als Antenne habe ich die Ferritantenne eines billigen DCF Empfangsmoduls von Pollin verwendet. Das kostet 4 Euro, benutzt habe ich davon nur die Ferritantenne, die dazugehörende Elektronik ist für den Zweck nicht zu gebrauchen und wurde entfernt.

Die Schaltung wurde für diese Antenne angepasst, zudem wurde der Drainwiderstand (R3), der in der Originalschaltung 100k betrug, auf 10k geändert. Mit 100k funktioniert die Schaltung weder theoretisch noch praktisch, vermutlich ein jahrzehntealter Druckfehler. Der Eingangs-Fet muß ein BF245B sein.

Die Schaltung muss mit 12V über den gemeinsamen Signal und Versorgungsanschluss betrieben werden, sie funktioniert NICHT an 5V Systemen! Die Zenerdiode D1 ist nicht unbedingt notwendig.
Hier ist meine angepasste Schaltung mit der Pollin Antenne, ob auf das Original noch irgendwelche Copyright Ansprüche vorhanden sind weiß ich nicht, ebenso wenig wem die dann gehören würden.

"muss ich klären, wenn ich nix darüber finde bleibt die Schaltung Offline.
Es gibt im Web einige davon. Per FET OP geht's heutzutage leichter
als diskret, aber das kennst du ja ganz gut. Die FET Schaltung ist heute
eher unwirtschaftlich im Vergleich zum OP, jedoch elektrisch interessant
und wären deswegen einen Aufbau wert nur der Sache wegen." (Ralf)


<Antenne 1>

So sieht das dann aufgebaut aus:

<Antenne 2>

Mit dieser Antenne funktioniert der FN77 hervorragend,irgendwelche Probleme sind nicht mehr aufgetreten, das Gerät ist nun wieder in sehr gutem Zustand.

Nun musste nur noch die Pufferbatterie ersetzt werden, der Blei-Gel Akku war nicht mehr brauchbar. Diese Akkus haben eine Lebensdauer von rund 5 Jahren, die Zeit dieses Akkus war abgelaufen. Ersatz gibt es für rund 20 Euro bei den üblichen Versendern.

Ich danke Karlheinz für die Zusendung von diesem schönen Bericht und den Fotos.

Wer dem Karlheinz technische Unterlagen zur Verfügung stellen kann, soll sich bitte melden, er hat's verdient.

Karl-Heinz, thank you for the excellent text and the nice photos.


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