URV5 Millivoltmeter

Leserbericht von Karlheinz

Das Rohde & Schwarz URV5 (URY) ist ein weit verbreitetes und sehr universelles digitales HF-Millivoltmeter.
Es kam in den späten 80er Jahren auf den Markt und wurde über lange Zeit hinweg gebaut.


<URY>
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Dieses URV5 wurde dem Datecode der Halbleiter nach ca. 1987 gebaut. Auf dem Bild ist zu sehen, dass dieses URV5 mit URY bezeichnet ist. Diese Geräte werden oft auf Elektronikflohmärkten und bei eBay unter der Bezeichnung URY verkauft. Über das URY findet man im Internet nichts an Unterlagen, nur für das URV5 gibt es die Manuals, sowohl für die Bedienung als auch für den Service, einschließlich Schaltplänen. Die Technik der URV5 und URY Geräte ist identisch, der einzig sichtbare Unterschied ist der Gerätedeckel, der beim URY vollständig geschlossen ist, beim URV5 enthält er Lüftungsschlitze. Die Version URY ist (sehr wahrscheinlich) die militärische Variante des URV5 (Das Y erinnert doch irgendwie an etwas...), sicher bin ich mir da aber nicht 100%. Wenn das jemand genauer weiß, bitte ich um Korrektur.
Bei der Elektronik habe ich im Vergleich mit den Schaltplänen des URV5 keinen Unterschied zu meinem URY ausmachen können, vielleicht sind einige Bauteile noch nach irgendwelchen mil. Specs selektiert, keine Ahnung. Wie dem auch sei, falls man sich für das Gerät interessiert ist es völlig egal ob man ein URV5 oder ein URY kauft.

Mein URY habe ich 2011 auf dem Elektronikflohmarkt der Rheintal-Elektronica in Durmersheim erstanden, das Gerät ist technisch und optisch in sehr gutem Zustand und voll funktionsfähig.

Ich nenne das Gerät im weiteren Verlauf nur noch URV5, da dies die eigentlich korrekte Bezeichnung ist.

Angeschafft wurde das URV5, um meine HF Abteilung etwas zu erweitern. Ich hatte bisher keine Möglichkeit HF Signale präzise zu messen, benötige so etwas aber immer wieder mal, z.B. um endlich mal meinen Tek 2710 Analyser abzugleichen (Ist inzwischen erledigt). Zudem habe ich mal aus Interesse einige Kabel und Abschlusswiderstände vermessen, die ich bislang ohne zu hinterfragen benutzt habe, mit teilweise erschütternden Ergebnissen. Z.B. sind billige BNC Kabel und Zubehör wie T-Verbinder, BNC Kupplungen usw. von den bekannten Elektronikversendern meistens Ware, die ursprünglich für die EDV Technik hergestellt wurde. Bis vor ca. 10..15 Jahren waren Computer noch ringförmig mit BNC Kabeln vernetzt, deswegen gab es diese Kabel und das Zubehör billigst zu kaufen. Aber diese Kabel wurden nicht gemacht, um anspruchsvolle Messungen damit durchzuführen, sondern um Netzwerkadministratoren wegen ständig gestörter Netzwerke in den Wahnsinn zu treiben.
Das meiste von diesem Krempel ist oberhalb von 100...200MHz nicht mehr für Messaufgaben zu gebrauchen. Die HF Dämpfung ist zu hoch, die Schirmung schlecht und der Wellenwiderstand ungenau, dazu kommen bei hohen Frequenzen Kontaktprobleme der Stecker, die aus billigstem Material gefertigt sind.

Aber zurück zum URV5.
Ein wichtiger Bestandteil des URV5 ist der Messkopf, von denen es verschiedene Ausführungen gibt. Ohne Messkopf kann das Gerät gar nichts, es muss der zur Messaufgabe passende Messkopf eingesetzt werden. Es gibt eine größere Auswahl von Messköpfen, von einfacher Gleichspannungsmessung bis zu Leistungsmessungen weit im Ghz Bereich.

Technische Daten:
  • Digitale 4 ½ stellige Anzeige, die mit bis zu 30 Messungen/sek aktualisiert wird, zuschaltbare Mittelwertfilter mit verschiedenen Zeitkonstanten. Angezeigt wird der Effektivwert, bezogen auf eine sinusförmige Spannung.
  • Höchste Empfindlichkeit: 200µV mit Diodenmesskopf.
  • Zwei Kanäle zum Anschluss von  bis zu 2 Messköpfen gleichzeitig.
  • Geeignet ist das Gerät für DC Tastköpfe, HF-Köpfe mit Detektordioden und thermische Leistungsmessköpfe.
  • Messung von Pegeln in V, dBm, dBV und Watt.
  • Vergleichsmessungen zu einem eingegebenen Referenzwert oder zwischen den Werten von zwei Messköpfen in V, dB, %  und als Verhältniswert.
  • Frei wählbare Korrekturwerte beim Einsatz externer Abschwächer.
  • Mit Eingabe der gemessenen Frequenz kann zur Erhöhung der Genauigkeit der frequenzabhängige Fehler des Messkopfes kompensiert werden.
  • Frei wählbarer Widerstand für Leistungsmessung.
  • Eine Tendenzanzeige, die aus einem mit LEDs aufgebauten Kreis besteht, zeigt Änderungen des Signals an. Rotiert der LED Kreis gegen den Uhrzeigersinn, wird das Signal kleiner, im Uhrzeigersinn wird es größer. Ein sehr hilfreiches Feature z.B. bei Abgleicharbeiten.
  • Vollständig steuerbar mittels GPIB Schnittstelle.
  • Analoge Ausgabe der Messwerte z.B. zum Anschluss von Schreibern (Option).
  • Vollständig über Software kalibrierbar.


Das URV5 von Innen.
Oben befindet sich das Digitalboard und die Stromversorgung.



<Digitalboard>
Links der Prozessorteil, rechts die Stromversorgung, rechts unten die mittels Optokopplern potentialgetrennte Schnittstelle zum Analogteil. Rechts oben die GPIB Schnittstelle. Etwa in der Mitte befindet sich die einzige Option des Gerätes, ein D/A Board, welches die Messwerte analog auf eine BNC Buchse an der Rückseite ausgibt.




<Power>
Stromversorgung und Optokoppler-Schnittstelle zum Analogboard im Detail. Die Elkos des Netzteils sind mit großen Reserven dimensioniert.



<Prozessor>
Die Prozessorabteilung im Detail. Zum Einsatz kommt hier die bei Messgeräteherstellern Ende der 80er sehr beliebte 8085 CPU. Links der EEPROM Chip mit den Kalibrierdaten und den Setups, zwei Rams und zwei EPROM Bausteine mit dem Betriebssystem, vorne der LED und Keyboard Controller.




<GPIB>
Die GPIB Schnittstelle. Aufgebaut mit einem Intel 8291A, der nicht sehr oft bei Messgeräten zu finden ist.




<DAC>
Das optionale D/A Board. Aus den digitalen Daten wird eine analoge Steuerspannung erzeugt, zum Ansteuern z.B. von Schreibern, Wobblern usw. Eingesetzt wird ein D/A Wandler von Burr Brown. Bemerkenswert ist der diskret aufgebaute DC/DC Wandler, der +/- 15V aus 5V erzeugt.


Auf der Unterseite, unter einem Abschirmblech, befindet sich der Analogteil.
Dieser besteht im Wesentlichen aus den Eingangsabschwächern, den Signalverstärkern und dem A/D Wandler.


<Analog>

Jeder Messkopfsteckplatz hat einen DC und AC Eingangsteiler/Verstärker, es sind als insgesamt 4 Analogfrontends vorhanden.
Ganz links über den Steckern sind die beiden DC Eingangsabschwächer und der zugehörende Verstärker.
Rechts davon, vertikal angeordnet, das erste AC Frontend mit FET gesteuerten Abschwächern und den zugehörenden Verstärkerstufen. Unten der zweite Kanal, horizontal angeordnet. In der Mitte befindet sich der A/D Wandler, bestehend aus einem Pulsbreitenmodulator, der eine von der Eingangsspannung abgeleitete Pulsbreite erzeugt. Damit wird ein Tor für Zählimpulse gesteuert. Die Anzahl der durchgelassenen Impulse ist Proportional zum Messsignal. Die Zählimpulse werden von der Schaltung rechts oben ausgewertet, das Ergebnis wird an den Prozessor zur Weiterverarbeitung gegeben. Weitere Details kann man dem Servicemanual entnehmen, das im Netz zu finden ist.

Hier eine der AC Stufen im Detail, da die Verstärkungsfaktoren sehr hoch sind, wird ein großer Aufwand betrieben, um Offsetspannungen und Offsetströme zu kompensieren.


<Frontend1>

Hier noch ein bemerkenswertes Detail, das man leich übersieht. Um Störungen durch Kriechströme an den FETs der Eingangsteiler zu unterbinden, wurden Schlitze in die Leiterplatte gefräst.


<Frontend2>


Ohne Messkopf ist das URV5, wie schon gesagt, nicht zu gebrauchen, der Messkopf ist ein wesentlicher Bestandteil des Gerätes.
Es gibt verschiedene Arten von Messköpfen:
Hier eine unvollständige Auswahl an Messköpfen für das URV5:

Der DC Tastkopf URV5 -Z1 ist der einfachste von allen.
Das ist der einzige DC Tastkopf für dieses Gerät. Mit ihm kann man das URV 5 auch als Gleichspannungsmessgerät benutzen. Ich habe diesen Kopf selbst nicht, er wird auch selten mal irgendwo angeboten.


Dioden-Durchgangsköpfe.
Diese Köpfe können bis 2 Ghz eingesetzt werden, sie werden mittels N-Kupplung und N-Stecker in eine Leitung geschaltet. Es gibt sie mit verschiedenen Empfindlichkeiten.
Der URV5 Z-2 geht von 200µV bis 10V, ausgelegt für 50 Ohm.
Der URV5 Z-4 geht von 2 mV bis 100V, ausgelegt für 50 Ohm.
Es gibt auch Köpfe für 75Ohm Systeme.

Ich habe zwei URV5–Z2
<URY-Z2>

(Auch von diesen Köpfen gibt es eine URY mil. Variante.)
Dies sind sehr genaue 50 Ohm Durchgangsmessköpfe, die von 9kHz bis 2GHz einsetzbar sind.
Diese Köpfe sind mit sehr speziellen Detektordioden aufgebaut, die auch ohne Bias-Spannung noch 200µV kleine Signale erfassen können.


Hier ein Blick in einen geöffneten Kopf.

<Z2 innen>

Rechts die zwei Detektordioden für jeweils positive und negative Halbwellen. Diese sind über einen Trennkondensator und einen Entkoppelwiderstand mit dem Innenleiter der 50Ohm Durchführung des Messkopfes verbunden. Die Dioden sitzen in einem eigenen abgeschirmten Bereich, ihre Spannung geben sie über Durchführungskondensatoren und Entkoppelwiderstände auf die Messleitung. Auf der Leiterplatte links ist noch ein Temperatursensor LM335H zu sehen.
Der Prozessor benötigt die genaue Temperatur im Diodenbereich, um die Temperaturabhängigkeit der Dioden zu kompensieren.
Die Detektorspannungen sind wegen der Diodenkennlinien nichtlinear, zudem sind die Messungen auch mit frequenzabhängigen Fehlern behaftet.
Die Linearität und der Frequenzgang jedes Kopfes wird bei R&S vermessen und die Daten in einem EPROM gespeichert, welches sich im Stecker des Messkopfes befindet. Details zu dieser Stecker-Box kann man dem Reparaturbericht der NRV Messköpfe von Marc Michalzik entnehmen, den er hier auf amplifier.cd veröffentlicht hat. Mit den Daten im EPROM korrigiert der Prozessor die Messergebnisse entsprechend. Somit kann jeder Kopf an jedem geeigneten Messgerät betrieben werden, ohne Genauigkeitsverluste. In alten Messgeräten waren der Messkopf und das Messgerät oft eine Einheit, die zusammen kalibriert wurde und nicht ohne weiteres ausgetauscht werden konnte.

Hier noch mal die Detektordioden etwas größer.

<BAT16>

Sie wurden von Siemens (heute infineon) hergestellt und haben die Bezeichnung BAT 16. Diese Dioden sind auf dem freien Markt nicht so einfach zu bekommen, sie sind auch nicht ersetzbar durch irgend einen anderen Typ, da die Funktion des Messkopfes wesentlich von den ganz speziellen Eigenheiten dieser Dioden abhängt. Und selbst wenn man sie irgendwo her bekommt, ist nach einem Diodenwechsel die Kalibration des Kopfes unbrauchbar. Selbst kann man die Kalibrationswerte für das EPROM nicht ermitteln, das kann nur R&S. Man sollte diese Diodenmessköpfe also stets mit allergrößter Vorsicht und Sorgfalt behandeln und nie überlasten. An den URV5-Z2 dürfen z.B. keinesfalls mehr als 15Veff anliegen.
Aus dem URV5-Z2 kann man ohne Problem einen Leistungsmesskopf für bis zu 2GHz machen, man muss ihn dazu nur mit einem präzisen HF-tauglichen Widerstand abschließen.


Der Tastkopf URV5-Z7.
Davon habe ich ebenfalls zwei, einer war bei dem URY schon dabei.

<URV5-Z7>

Das ist ein Tastkopf zum direkten Messen an Schaltungen, er geht bis 1GHz. Aufgebaut ist er sehr ähnlich wie der Z2.
Beim Messen an Schaltungen gibt es allerdings einige Einschränkungen bezüglich der Grenzfrequenz, z.B. wegen der Massezuführung, die bei einigen 100MHz schon problematisch ist.

Für diesen Tastkopf gibt es einen Zubehörsatz, der u.a. Massebänder, Durchgangs und Abschlusswiderstände, spezielle passende T-Stücke, Tastkopfstifte und Adapter enthält.

<Z7 Box>

Ein URV5 Z7 ohne Zubehörsatz ist nur eingeschränkt brauchbar, so ein Zubehörsatz erweitert die Anwendungsmöglichkeiten des Z7 erheblich.

Dann gibt es noch diverse NRV Leistungsmessköpfe bis 18GHz, Präzisions-Leistungsmessköpfe bis 2.5 GHz.
Habe ich selbst keine, da ich (derzeit) nichts messen muß, was Leistung im zweistelligen Ghz Bereich abgibt. Auch hier verweise ich auf den bereits erwähnten Reparaturbericht von Marc Michalzik, er hat dort viel interessantes über diese Messköpfe geschrieben.
So weit zu diesem Gerät, das sich bei mir bereits sehr bewährt hat, obwohl ich es noch nicht lange besitze.

Ich danke Karlheinz für die Zusendung von diesem schönen kleinen Bericht und den Fotos.

Karl-Heinz, thank you for the excellent text and the nice photos.


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