Klirrfaktor

 

Eine Hauptursache für schlechte Klangqualität in einem Hifi Verstärker sind nichtlineare Verzerrungen. Ein Maß für nichtlineare Verzerrungen ist der Klirrfaktor (distortion factor).

 

Einführung:

Der Klirrfaktor ist das Ergebnis aus einer mathematischen Gleichung. Die Gleichung ist ähnelt dem geometrischen Mittel. Sie ist ein Maß für die Intensität der nichtlinearen Verzerrungen. Der Klirrfaktor berechnet sich aus der Grundwelle und deren Harmonischen. Alle anderen Störungen haben nichts mit dem Klirrfaktor zu tun. Bei einem Hifi Verstärker ist die Angabe des Klirrfaktors eine wichtige Kenngröße. Eine Angabe alleine ist jedoch nicht ausreichend, insbesondere im Zusammenspiel mit dem menschlichen Gehör.

Beispiel für eine Klirrfaktor Berechnung:

Gleichungen zur Klirrfaktorberechnung

Bild 1  zeigt die Definition der Variablen im Klirrfaktor Modell. Zu sehen ist die Grundwelle mit 1 kHz und zusätzliche harmonische Frequenzen.

Harmonisch bedeutet ein ganzzahliges Vielfaches der Grundwelle. In unserem Fall hat die Grundwelle eine Frequenz von 1 kHz. Das bedeutet die harmonischen Frequenzen betragen 2 kHz, 3 kHz, 4 kHz usw.

Der simulierte Zeitbereich umfaßt 0 bis 2 Millisekunden. U1(t) ist die unverzerrte Sinus Spannung. Udis(t) ist die verzerrte Sinus Spannung, deren Klirrfaktor berechnet wird.

Fundamental sine wave and harmonics

Bild 2 zeigt den zeitlichen Verlauf der einzelnen Sinus Spannungen. Die harmonischen Frequenzen haben bewußt eine hohe Amplitude, um im Diagramm gut erkennbar zu sein. Die rote Kurve U1(t) ist der unverzerrte ideale Sinus.

Verzerrter und nicht verzerrter Sinus im Vergleich

Bild 3 zeigt eine ideale Sinus Spannung U1(t) in rot und ein verzerrtes Sinus Signal Udis(t) in blau. Den Klirrfaktor von dem blauen Signal wollen wir nun berechnen.

Klirrfaktor Berechnung für das Beispiel

Bild 4  zeigt die Gleichung zur Berechnung des Klirrfaktors. Diese Gleichung hier ist ausgelegt für vier Harmonische. Sollen mehr oder weniger Harmonische berücksichtigt werden, so ist sie zu erweitern oder zu verringern.

Der Klirrfaktor ist immer positiv und kann Werte minimal zwischen 0 und maximal 1 erreichen. Der Klirrfaktor wird normalerweise in Prozent angegeben. In unserem Beispiel hat Udis(t) einen Klirrfaktor von 11.2 %.

Messung des Klirrfaktor

Nötig dazu ist ein Messgerät, das die verzerrten Spannungen in ihre spektralen Anteile zerlegen kann. Sehr gut geeignet ist ein Spektrum Analysator oder FFT Analysator. Sie messen die Amplituden der harmonischen Frequenzen. Die Messwerte müssen danach mit der Klirrfaktor Gleichung verarbeitet werden.

Beispiel für eine Messung mit dem Spektrumanalyzer

K2_Spektrum.jpg (28091 Byte)

Das Bild zeigt das Spektrum eines Verstärkers, gemessen mit einem Hewlett Packard HP 3580A Spektrumanalyzer. Es zeigt eine Grundwelle von 10 kHz, eine zweite Harmonische bei 20 kHz und die dritte Harmonische bei 30 kHz. Die Amplituden betragen: xa=(0 dB) 1 Volt, xb=(-34 dB) 20 mVolt, xc=(-78 dB) 126 µVolt

Eingesetzt in die Klirrfaktor Gleichung errechnet sich:

Klirrfaktor Berechnung für einen Verstärker

Der Klirrfaktor beträgt immerhin 2 %, bei genauerer Beobachtung ist zu erkennen, der Hauptanteil am Klirrfaktor ist die zweite Harmonische. Die ungeradzahlige dritte ist sehr klein. Die Messung stammt aus dem Versuch Hifi Verstärker mit Röhren Klang

Eine andere Methode den Klirrfaktor zu messen sind spezielle Messgeräte, z.B. ein Hewlett Packard HP8903A oder HP8903B. Diese Klirrfaktor Messgeräte arbeiten nach einem anderen Prinzip. Sie benutzen einen verstellbaren Filter, der die Grundwelle aus dem Gesamtsignal herausfiltern kann. Sie benutzen nicht die Berechnung mit Klirrfaktor Gleichung. Das angezeigte Ergebnis ist der Gesamtklirrfaktor. Eine Größe, die im englischen mit "Total Harmonic Distortion plus noise", kurz THD+N bezeichnet wird. THD+N ist in der Praxis immer größer als der rein harmonische Klirrfaktor THD.

Klirrfaktor und Hifi Verstärker

Nochmal, die Gleichung für den Klirrfaktor liefert nur eine Zahl. Diese Zahl sagt etwas über die Größe des Klirrfaktors, jedoch nichts über die spektrale Zusammensetzung. Die spektrale Zusammensetzung ist sehr wichtig für einen Hifi Verstärker. Die Frage ist: verursacht die Gewichtung der geradzahligen oder die ungeradzahligen harmonischen den Klirrfaktor? Setzt sich der Klirrfaktor überwiegend aus geradzahligen Harmonischen zusammen, so sind diese Verzerrungen deutlich weniger hörbar. Sind die Hauptanteile jedoch ungeradzahlig, sind die Verzerrungen deutlich hörbarer. Daher ist z.B. die Spezifikation des Klirrfaktors im Prospekt eines Hifi Verstärker immer mit Vorsicht zu betrachten. Ein Klirrfaktor von z.B. 1 %, ist kein Weltuntergang, wenn es sich nur um geradzahlige harmonische handelt. Setzen sich diese 1 % jedoch aus ungeradzahligen Harmonischen zusammen, sind sie sicherlich deutlich hörbarer. Nebenbei, das wichtigste an der Angabe des Klirrfaktors ist nicht der genaue Betrag oder gar die Anzahl der Nullen. Sicher, die Größenordnung ist von Bedeutung, sehr wichtig jedoch ist die spektrale Zusammensetzung des Klirrfaktors. Auch die Randbedingungen der Messung sind zu beachten. Die Randbedingungen sind z.B. die Angabe von: Belastungswiderstand am Verstärker Ausgang, Ausgangsspannung, Signalfrequenz und Temperatur der Endstufe. Die Randbedingungen haben viel Einfluß auf den Klirrfaktor. Oft wird in einem Verstärker Prospekt nur selten die spektrale Zusammensetzung des Signals angegeben, noch seltener die Randbedingungen der Messung. Aus elektrotechnischer Sicht sind das unvollständige Messergebnisse. Die betriebswirtschaftliche Sichtweise ist eine andere.

Klirrfaktor und Mathematiker

diese Personengruppe hat keine Probleme mit dem Klirrfaktor. Aus mathematischer Sicht ist diese Gleichung einfachstes Spielzeug.

Klirrfaktor und Theoretiker

haben es schon schwerer. Er muß sich über die Ursachen seine Gedanken machen und Modelle dafür entwickeln.

Klirrfaktor und Praktiker

der arme Junge hat es am schwersten. Er bekommt vom Mathematiker eine Gleichung und vom Theoretiker eine Theorie. Beide sagen ihm wie Klirrfaktor entsteht und wie er zu berechnen ist. Der Theoretiker sagt auch was dagegen zu tun ist. Der Praktiker probiert es aus und meldet: es hat nicht immer funktioniert. Er baut schon lange an seiner Schaltung und bekommt immer mehr die Meinung: das Thema ist äußerst kompliziert und in den Feinheiten kaum noch theoretisch beherrschbar. Insbesondere mit der Aufgabe, die Nullen hinter dem Komma noch weiter zu steigern. In der Praxis ist das Einfügen von Nullen weit hinter dem Komma eine langwierige Aufgabe, die zu einem Lebenswerk ausarten kann.

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