Alterung von Bauteilen in der Elektronik


Frage:


seit einiger Zeit beschäftigt mich die Frage, welche altersbedingten Qualitätseinbußen bei einem Transistorverstärker auftreten können, wie sich das bemerkbar macht, und ob es sich lohnen würde alterungsanfällige Bauteile alle 10 Jahre auszutauschen? Ich würde dieses Juwel der Verstärkerbaukunst niemals in einen x-beliebigen Hifi Shop zur Reperatur geben. Auch bekomme ich dort keine nachvollziehbaren Auskünfte darüber warum eventuell gealterte Kondensatoren ausgetauscht werden müssen. Und dann welche bitte? Die 80V Elkos 18.000 yF der Siebung (4 Stück davon im Netzteil) Oder Gegenkopplungskondensatoren aus dem Vorverstärkerteil? Altern Transistoren? Widerstände und Spulen halten doch ewig - vorausgesetzt es kommt nicht zu hohen thermischen Belastungen. Oder?

Ich fasse noch einmal meine Frage zusammen: Kann es sein, das ein Verstärker durch eine Alterung der Bauteile (welcher?) sich klanglich so verändert, das es  sinnvoll ist diese Bauteile regelmäßig zu überprüfen oder auszutauschen. Hat ein über 20 Jahre alter Verstärker nur noch Platz in einer Vitrine?

Antwort:


die Alterung ist eine der am schlechtesten spezifierten Daten in einem Datenblatt. Es ist auch verständlich, genaue Vorhersagen sind auch trotz großer Bemühungen nur sehr schwierig zu stellen, das Wort grobe Abschätzung trifft weit besser zu. Die Alterung hängt stark ab vom Streß, den das Bauteil erfahren hat - Betriebsstunden, elektrische Belastung, Umgebungstemperatur, Anzahl der Temperaturzyklen, Änderungsgeschwindigkeit der Umgebungstemperatur, Feuchte, mechanische Vibration, Schockbeschleunigung - um mal die wesentlichsten zu nennen. Interessierten empfehle ich eine umfangreiche Exkursion durch die Datenblätter der Hersteller.

Keramikkondensatoren der Klasse 1 mit der Keramikart NPO oder COG sind hochwertig, ihre Alterung verläuft in etwa so: fast gar nichts ! Der Kapazitätswert bleibt bei vernüftigen Betriebsbedingungen auch über viele Jahre hinweg gleich, er sinkt nur sehr minimal ab.

Keramikkondensatoren der Klasse 2 mit der Keramikart X7R haben schon schlechtere Alterungseigenschaften, ihre Alterung beträgt grob ca. -1% pro Dekade Stunde, d.h nach 10h -1%, nach 100h -2%, nach 1.000h -3%, nach 10.000h -4%, nach 100.000h -5% (12 Jahre).

Kermikkondensatoren der Klasse 2 mit allen anderen Keramikarten Z5U, Y5U usw. sind nochmals etwas schlechter.

Warum nimmt man dann nicht nur Klasse 1 ? sie sind leider nicht in höheren Kapazitätswerten erhältlich. Bei einem Hifi Verstärker würde ich mir in Bezug auf Keramikkondensatoren nur wenig Gedanken machen, da ihre häufigsten Einsatzgebiete im wesentlichen "Power Supply Bypassing - Siebkondensatoren" sind. An dieser Stelle spielt ein Kapazitätsverlust von wenigen Prozent keine Rolle. Ersetzen  würde ich Klasse 2 bei höherwertigen Geräten gegen Folienkondensatoren, falls sie direkt im Signalweg liegen, z.B. als Koppelkondensator oder wenn sie in einer Gegenkopplung ihren Dienst tun. Warum? Ihre Kapazität ist zu stark abhängig von der anliegenden Spannung, dies verursacht nichtlineare Verzerrungen. Eine Ausnahme stellt die Klasse 1 dar, ihre Abhängigkeit der Kapazität von der angelegten Spannung ist sehr gering, so daß der Ersatz dieser nicht nötig ist. Die kleinen Keramikkondensatoren sind meist Klasse 1 oder X7R.

Tantalkondensatoren, würde ich bei älteren Geräten alle ausnahmlos ersetzen. Der Grund ist, es gab einst einige Serien an Tantals, die viele Jahre später für bösartige Ausfälle verantwortlich sind. Diese Kondensatoren arbeiteten lange Jahre einwandfrei, manche von ihnen wurden dann sehr rasch immer niederohmiger, das ist bei einem Kondensator überhaupt nicht zu gebrauchen. Das finale Ende findet der Tantal oft daran, z.B. beim Einschalten des Gerätes (plötzliche hohe Stromanforderung an ihn) wird er sehr niederohmig und damit schnell heiß. Insbesondere wenn das Gerät lange gestanden hat, ist dieser Effekt häufig auszumachen. Er kriegt die Wärme nicht weg und er platzt rissförmig auf. Sofort erkennbar am widerlichen Gestank. Der defekte Kondensator ist auch innerhalb der Schaltung gut auszumachen, an der Stelle an der er aufgeplatzt ist, ist meist die ganze Umgebung mit braun-schwarzem Elektrolyten verschmutzt. Erlebt habe ich diese Defekte an vielen Meßgeräten aus den Achtziger Jahren.

Dummerweise zieht dieser "rasch niederohmig" gewordene Tantalkondensator oft noch andere Bauelemente in Mitleidenschaft. Ist er beispielsweise an den Ausgang eines diskreten Transistor Spannungsregler geschaltet, so ist beispielweise dieser Transistor gefährdet auch zerstört zu werden (Annahme: keine zusätzliche Strombegrenzung im Spannungsregler).

Man muß aber auch folgendes dazu sagen: warum sterben manche Tantal? wie schon gesagt manche durch Serienprobleme, aber auch viele deswegen: er wurde einfach überlastet, entweder der Entwickler hat ihm per Design zu viel zugemutet (hohe Rippleströme, hohe Einschaltströme) oder die Rippleströme wurden im Laufe des Lebens immer höher. Wie können die Rippleströme ansteigen? Betrachtung dazu der Anwendungszweck. Die meisten Tantals wurden und werden immer noch als Siebkondensatoren oder Glättungskondensatoren (Schaltnetzteil) eingesetzt. Die Tantals sind dabei oft parallel geschaltet zu großen Elektrolytkondensatoren - da haben wir das Problem, der große Elko übernimmt den größten Teil der Rippleströme, der Tantal kommt so gut davon. Jetzt wird der große Elko älter und verliert zunehmend an Kapazität, d.h. der Tantal muß immer höhere Rippleströme tragen, das macht er eine Weile mit und das ist seiner Gesundheit nicht förderlich.

Man muß auch sagen, es gab auch früher schon sehr gute Tantal Serien, die die Probleme mancher Mitbewerber gar nicht kennen und heute noch exzellent arbeiten. Die Unterscheidung ist allerdings schwierig. Die heutigen Tantal Kondensatoren sind (bis auf wenige selbst erlebte Ausnahmen) zuverlässige Bauteile und sind heutzutage millionenfach verbaut aus der Industrie kaum noch wegzudenken. Polung beachten.

Folienkondensatoren, sind in aller Regel die zuverlässigsten und linearsten Kondensatoren. Ihre Alterung geht je nach Typus fast gegen Null. Die Zuverlässigkeit ist bei richtiger Anwendung extrem hoch und auch über Jahre hinweg bedenkenlos. An einem Hifi Verstärker würde ich sie aus Gründen der Lebensdauer nicht ersetzen. Wie immer gibt es auch hier Ausnahmen, Streß im Leben haben Kondensatoren, die hohe Stromimpulse verarbeiten müssen, z.B. in Schaltnetzteilen - mit richtig gewählten Folienkondensatoren - auch stressfrei. Für Audio ist sind die Anforderungen und Stromanstiegsgeschwindigkeiten als harmlos zu bezeichnen. Ein Tausch von Folienkondensatoren im Hifi Verstärker ist vielleicht sinnvoll, um welche mit besserer Folienqualität einzusetzen, selbst hier aber nur bei höherwertigen Geräten, und da sind gute meist sowieso schon eingebaut. Trotz des Lobes für Folienkondensatoren habe ich persönlich auch schon weniger gute Qualität erfahren defeketer Folienkondensator in einer Frequenzweiche. Elektrolykondensatoren, dieser Typ könnte mit seinen Eigenarten in Anwendung, Effekten und Herstellung ganze Hochschulgenerationen beschäftigen (Aussage eines Mitarbeiters eines Kondensatorherstellers). Primäre Alterungserscheinung ist der zunehmende Kapazitätsverlust und bei manchen Exemplaren auch ein steigender Leckstrom. Ein Elko ist als Vergleich ein Schnellkochtopf mit viel Folie und einer Suppe, dem Elektrolyten drin. Der Deckel ist ein eingepresster Gummipropfen. Das alles hat noch ein Sicherheitsventil oder/und eine Sollbruchstelle gegen Überdruck. Die genaue Zusammensetzung des Elektrolyten ist ein gutgehütetes Geheimnis des Herstellers. Elektrolyt in Verbindung mit der Struktur der Folienoberfläche bestimmt die gewünschten Eigenschaften. Der Kapazitätsverlust ensteht durch Verlust an Elektrolyten oder/und durch dickflüssiger werdenden Elektrolyten. Bei beiden Ursachen verringert sich die effektive Kondensatorfläche. Fehlt Elektrolyt fehlt automatisch Fläche, wird der Elektrolyt dicker, so kann er nicht mehr so gut in alle feinstverästelten Strukturen der meist geätzten Oberfläche eindringen.

Elektrolytkondensator, die Lebensdauer ist stark davon abhängig was mit ihm gemacht worden ist. Wurde er bei Entwicklung der Schaltung schon mit wenig elektrischen Stress (Ripplestrom) beaufschlagt, so wirkt sich das positiv auf die Lebensadauer, da er sich weniger von innen heraus aufheizt (P=Iripple²*ESR). Zweiter, noch wichtigerer Stressfaktor ist die Umgebungstemperatur selbst, arme arme Kondensatoren, die schon per Design mit 60 oder 70°C Umgebung leben müssen. Schon mal geguckt wie dicht bei manchen Verstärkern aus Platzgründen die Heizung "Endstufenkühlkörper" beim Netzteilelko sitzt, das alles sind Beispiele, die die Lebensdauer reduzieren können. Kurzum, die entstehende Umgebungstemperatur + Eigenaufheizung durch elektrische Verluste ist ein wichtiges Maß.

Der Mechanismus des Kapazitätsverlust ist, daß Elektrolyt durch oder seitlich durch den eingresssten Hartpapier/Gummipropfen entweicht. Bei höherer Temperatur ist der Elektrolyt natürlich wesentlich beweglicher und kann leichter entweichen, zudem bewirkt die höhere Elkotemperatur auch einen höheren Innendruck, was ein Entweichen des Elektrolyten zusätzlich begünstigt. Es gibt auch für den Elko eine "Bauernregel", eine Erhöhung der Temperatur um 10°C verringert die Lebensdauer um das doppelte. Auch negativ für die Lebensdauer sind längere spannungslose Stillstandsphasen, die Elko Formierung leidet darunter, ein Wiedereinschalten des Gerätes ist starker Stress für das unformierte Bauelement, es dauert bis er sich regeneriet. Als Benutzer kann man daraus ableiten, es schadet nicht die Vitrinegeräte vielleicht mal jedes halbe Jahr ein paar Stunden in Betrieb zu nehmen. Die Leckstromeigenschaften sollten auch bei einem alten Elko getestet werden, enstehen hauptsächlich durch Veränderungen im Elektrolyten. Zum Testen von Elkos eignen sich z.B. solche Spezialgeräte HP4282A.
Die Frage ob die großen Netzteileolkos alle 10-20 Jahre getauscht werden müssen, läßt sich am einfachsten damit beantworten diese auszumessen. Einfach zu sagen sie müssen getauscht werden ist kommerzieller Blödsinn, sie können getauscht werden müssen aber nicht. Sie müssen nur dann getauscht werden, wenn sie Funktion nicht mehr zufriedenstellend erfüllen - so einfach ist das. Das Messen von Kapazität, Leckstrom und Verlustfaktor, ESR rentiert sich bei diesen auch, da diese meist nicht so günstig sind und zusätzlich durch spezielle Bauformen auch nicht immer so einfach erhältlich sind.  Daran sollte entschieden werden, ist die Kapazität beispielsweise -20 bis 30% vom Nennwert, kann man ihn schon nochmal einbauen, sich aber bewußt sein in den nächsten Jahren kann er fällig werden. Der Kapazitätsverlust geschieht beim Eintritt in die "Todesphase" dann sehr rasch, d.h. eine Restkapazität von nur 5% ist keine Seltenheit. Und nur noch 10-30% vom Nennwert, das hört man garantiert als 100 Hz Brummen, bei Belastung funktioniert der Verstärker vielleicht schon gar nicht mehr. Was kann man tun, wenn man gar kein Kapazitätsmesser hat? Man nimmt ein Oszilloskop und beobachtet z.B. die interne DC-Betriebsspannung. Im Idealfall wird sie beobachtet zu einem Zeitpunkt vorhandener "guter Kondensatoren", fahre dann mit ordentlich Nennlast und beobachte die Kurvenform und die Amplitude des entstehenden Spannungsripple auf der internen DC Versorgungsspannug. Notiere die Werte und die Kurvenform, lege den Zettel in den Verstärker (irgendwo wo er nicht stört). Kontrolliere ein paar Jahre später unter gleichen Bedingungen wieder die interne Betriebsspannung. Anhand davon kannst Du auch abschätzen ob es nötig wird den Kondensator zu tauschen. Wenn Du bereits einen Brumm hörst (keine Quelle angeschlossen, Eingang kurzgeschlossen, Last dran, Lautstärke aufdrehen), dann siehst Du mit dem Scope garantiert schon deutliche Unterschiede (viel mehr als früher. Der Brumm kann aber auch irgendwo in der Vorstufe entstehen, d.h. alle Gleichspannungen sollten kontrolliert werden. Das was dann als Brumm durchkommt, ist das was die PSRR "Power Supply Rejection Ratio" des Verstärkers nicht mehr unterdrücken kann.

Bei kleinen kostengüstigen Elkos gilt natürlich sofort tauschen, die neueren Typen sind meist deutlich kleiner und besser und haben eine höhere Lebensdauer. Wenn Du den Schaltplan hast, hast Du Vorteile, Du kannst die Funktion des Elkos daraus ablesen. Sind es z.B. Siebelkos, dann bringt der Wechsel schon neue Vorteile, meistens liegt bei einem Elko aus den Siebziger Jahren zu einem heutigen ein kleiner Quantensprung dazwischen, nicht nur in Sachen Qualität sondern auch in der Größe, aus einem mit 100µF kann bei gleicher Bauform und Spannungsfestigkeit heutzutage einer mit 470µF werden. Das ist fast fünffache Kapazität!, bei einem Siebkondensator bringt das den Vorteil einer saubereren Gleichspannung, damit weniger Ripple und weniger Brumm und Rauschen am Ausgang des Verstärkers. Positiven Einfluß, wenn auch nur geringen, auf den Klirrfaktor kann es natürlich auch haben.

Koppelkondensatoren als Elkos sind am besten durch Folie zu ersetzen, sofern es der Platz erlaubt. Einem Koppelkondensator im Signalpfad würde ich wieder mit gleichem Kapazitätswert tauschen, da davon z.B. die untere Übertragungsfrequenz abhängt, es sei denn man weiß ganz genau was man da tut. Für Ausgangskoppelkondensatoren an der Endstufe eine gute Qualität einbauen, eine etwas hörere Qualität ist meist sinnvoll, aber läßt sich nicht für jedes Gerät verhersagen. Top Geräte haben da auch nicht gespart und an dem was der Entwickler gebaut hat sollte auch nicht so viel verändert werden, es sei denn man weiß wieder genau was man da tut. Also bei einem alten "neubekommenen" Verstärker - Elkos raus und neue rein, neunen Wert nach Funktion beurteilen. Im Zweifelsfall oder Unwissehnheit den alten durch den neuen mit gleichem bedruckten Wert ersetzen. Die Netzteilelkos überprüfen, im Zweifelsfall tauschen, auch hier schadet etwas mehr Kapazität selten (aber nicht gerade mal fünf), die Dioden davor und der Trafo sollten damit noch klarkommen. Die Dioden und der Trafo bekommen insbesondere nach einem Wechsel dann Stress. speziell unter erhöhter Last, das läßt heftige Spitzenströme fließen. Die Dioden ließen sich leicht durch stärkere ersetzen, der Trafo zu ersetzen - nein - schießt am Ziel vorbei, geht bei hoher Last dann möglicherweise in die Sättigung, wird ziemlich warm und macht unter Umständen merkwürdige Geräusche, Temperatur beobachten. Der Trafo geht bei solchen Aktionen normalerweise nicht kaputt. Aber wie gesagt, diese Problem hat er bei hoher Last. Polung  von Elkos beachten.

Wie schon gesagt bei Elkos gilt:
Letztendlich aussagekräftig ist nur die Messung im ausgelöteten Zustand auf Kapazität, ESR und Verlustfaktor - wobei die Kapazitätsmessung die Wichtigste ist. Im Fehlerfall ist fast immer die Kapazität mitbetroffen. Wer sich die Auslöterei sparen will kann sich alternativ mit dem Oszilloskop auch die Spannung am Elko unter hartem Betrieb ansehen und entsprechend beurteilen, wobei diese Schnell-Messmethode Kentnisse der jeweiligen Schaltungstechnik und Funktion des Elkos voraussetzt. Sie ist auch nicht unbedingt das Gelbe vom Ei, da Kondensatoren denen bereits z.B. 50% der Kapazität fehlt nicht immer erkannt werden, deren weitere Alterung in den nächsten paar Jahren aber wahrscheinlich sehr rasch fortschreiten wird und die dann bald total ausfallen können.

Gemessen hatte ich schon Elektrolytkondensatoren aus manchen Messgeräten und Radios, die in den fünfziger und sechziger Jahren entwickelt worden sind, deren elektrische Eigenschaften auch heute noch als neu zu bezeichnen wäre und das nach über fünfzig Jahren! Leider gab es aber auch bei alten Radios auch schon ettliche Leichen. Hochwertige Messgeräte hingegen waren oft etwas aufwändiger konstruiert und großzügiger dimensioniert worden, teilweise hat man auch manchmal die Elektrolytkondensatoren mit in den kühlenden Gerätelüfterstrom gesetzt, eine Maßnahme die über Jahrzehnte hinweg die Kondensatoren sehr geschont hat. Auch das Einschalten gerade von älteren Geräten, die lange stillstanden, sollte möglichst mit einem Trenntrafo langsam hochfahrend erfolgen und dabei die Stromaufnahme beobachtet werden, manche unformierten alte Elkos sind sehr niederohmig und können leicht die empfindlicheren Gleichrichter der damaligen Zeit zerstören.

Erlebt hatte ich beispielsweise auch schon mal einen Satz kleiner neuer PC Billigst Lautsprecher, bei dem bereits nach drei Jahren die Brummerei los ging. Oder manche konstruktiv heißlaufenden 20 Jahre alten Verstärker mit teilweise über zehn total defekten Elektrolytkondensatoren verteilt in der ganzen Schaltung, vornehmlich an Stellen die konstruktiv sehr heiß wurden.

Bevor man das Tauschen von Elkos vornimmt sollten all diese Punkte überdacht werden, ob das Tauschen sinnvoll ist oder nicht, letztendlich aussagekräftig ist nur eine Messung im ausgelöteten Zustand. Andererseits wenn man sich schon die Mühe macht auszulöten, kann man in den meisten Fällen gleich neue Kondensatoren wiedereinlöten, da gerade die Kosten für die kleinen Kapazitätswerte nur im Cent Bereich liegen. Aber auch das Tauschen der Elektrolytkondensatoren darf nicht blind und gedankenlos erfolgen, beispielsweise gibt es Elkos mit besonders geringem Leckstrom und das hatte in der angewanten Schaltungstechnik auch seinen Grund - Oder insbesondere Schaltnetzteile (auch Motherboards) erfordern sekundärseitig Gleichrichter Elkos mit sehr geringem ESR, also hier genau überlegen was man gegen was wechselt. Da diese Überlegung zugegeben nicht immer einfach ist, gilt eine grobe Vereinfachung: je älter das Gerät ist, desto wahrscheinlicher wird es, daß ein guter Elko der neuen Generation auch die Anforderungen älterer Spezialtypen miterfüllen kann. Im Zweifelsfall sinnvoll ist die Verwendung von Long Life Low ESR Typen, die ersetzen eigentlich alles (lediglich bei seltenen Spezialanwendungen mit sehr niedrigen Leckströmen könnte jedoch ein gewisses akzeptables Restrisiko vorhanden sein). Es müssen auch nicht immer 105°C oder >=125°C Typen sein, neue Kondensatoren der 85°C Standard Typenserien sind auch sehr gut und können bedenkenlos verwendet werden (außer natürlich bei Anwendungen wie z.B. unter der Motorhaube eines Autos oder ähnlichem). Bei jedem Tausch gilt das Studium der Datenblätter der Hersteller, jede Kondensatorserie hat ihre individuellen Vorzüge und Nachteile.

Da oft nicht die gerade passenden Kapazitäts- und Spannungswerte für einen Tausch zur Verfügung stehen, kann man sagen: das Austauschen gegen Kondensatoren mit höheren zulässigen Spannungswerten ist problemlos möglich, bei der Kapazität kann man im Zweifelfall auch etwas darüber liegen, wobei auch hier bei Sonderfällen eine erhöhte Kapazität die Gerätefunktion negativ beeinträchtigen könnte, z.B. wenn die Kapazität eine Zeitfunktion bildet, wobei diese Anwendung selten der Fall ist, da auch hier die Entwickler bei seriösen Entwicklungen solche Schaltungsfunktionen mit stabilen Folienkondensatoren ausgelegt hatten.

Vor dem Tauschen bitte gründlich überlegen was man tut, und ein kleiner Tipp der in der Eile des Gefechts schnell vergessen wird:

Elkos nicht verpolen beim Wiedereinbau, sich aufschreiben oder fotographieren wie herum der Kondensator eingebaut war. Das klingt banal und logisch, jedoch nicht auf allen Leiterplatten ist immer eindeutig die Polung gekennzeichnet und gerade im Eifer des Gefechts passieren dann gern Fehler. Es wäre sehr schade und vor allem peinlich auf diese Art und Weise etwas kaputt zu machen.

Widerstände altern auch. Gern die hochohmigen. Das prinzipielle Problem bei hochohmigen Widerständen ist, daß diese aus leitfähigem Material gemacht werden: Metall. Klingt widersprüchlich, Metall und auch Metallschicht sind gute Leiter wie soll man denn daraus hochohmige Widerstände machen? Ganz einfach, in dem man die leitende Schicht ganz dünn macht. Diese dünnen Schichten sind das Problem, Stichwort "Diffusion" die leitfähige Schicht kann einfach verschwinden, diffundiert irgendwo hin und wird immer dünner, wohin ist eigentlich egal, entscheidend ist sie ist nicht mehr da! Die meisten Widerstände werden in aller Regel hochohmiger. Normale Metallschicht (paar kOhm) haben bei geringem elektrischem Stress unglaublich hohe Lebendauer, z.B. 225.000h sind spezifiziert, aber auch diese werden meist leicht hochohmiger. In den meisten Fällen ist das hochohmiger werden kein Problem, ein Verstärker soll nicht genau absolut messen wie Messinstrumente und ob da die Verstärkung eines Kanals etwas wegläuft -na ja vielleicht nicht so wichtig. Den Einfluß der Alterung auf die Nichtlinearität des Bauteils kenne ich nicht, kann nichts dazu sagen. Hochohmige Widerstände z.B. >100kOhm sollte man mal näher unter die Lupe nehmen und Stichproben machen. 1k, 2k, 30k usw. würde ich drinlassen, obwohl ich da auch schon ein paar Ausfälle (hochohmiger werdend hatte). Die zementierten Drahtwiderstände sind eigentlich kaum totzukriegen, wenn dann hat er meist irgendein Problem an seiner angeschweißten Anschlußkappe o.ä.. Diese niederohmigen Teile haben soviel Metall im innern, da passiert nicht viel. Gegenkopplungswiderstände würde ich bei einem hochwertigen Gerät nicht tauschen, da meist hier auch wieder in der Serie vernüftiges eingebaut worden ist. Und ob die Endstufe durch Alterung nun 26dB oder 26,2dB verstärkt spielt keine Rolle. Eine Überprüfung schadet aber nie. Die meisten Metallschichtwiderstände haben exzellent wenig Nichtlineatität, meist je größer die Bauform desto besser. Kohleschicht in der Gegenkopplung ist nicht so der Hit, dafür haben Kohleschicht, insbesondere Kohlemassewiderstände sehr gute HF-Eigenschaften, und für hochohmige Widerstände sind sie auch keine schlechte Wahl, mal abgesehen vom höheren Temperaturkoeffizienten.

Spulen altern normalerweise nicht, solange der Lackdraht unversehrt bleibt. Chemische Alterung (Versprödung, Flußmittel usw.) kann an manchen Stellen den Lack zum Abblättern bringen. Starke Vibration (sei es von außen oder durch Eigenbewegung, magnetische Kräfte) kann Draht an Draht scheuern lassen, Wicklungsschluß ist möglich. In manchen militärischen Anwendungen, z.B. ein vibrierendes Triebwerk oder die Maschinenkanone erzeugen heftigste Vibrationen. Bei Schaltnetzteilspulen sind die auftretende Probleme durch geschickte Wicklung und Vergußmassen beherrschbar geworden. Aber bei Audio Geräten, na ja kaum nennenswert das Vibrationsproblem.

Trafos, gleiches wie die Spulen, hinzu kommen noch die Isoliermaterialien wie Folie, Papier usw - normalerweise kein Problem. Ein starkes säuselndes Geräusch untersuchen ob es scheuern der Wicklung sein kann, der 50 Hz Brumm ist harmlos, es sind aber auch mechnische Bewegungen. Ferrite sind spröde, hart und bruchempfindlich, daher aufpassen und nicht runterfallen lassen.

Transistoren, normalerweise kein Problem, einen funktionierenden Transistor würde ich nicht tauschen. Macht keinen Sinn, eher das Gegenteil der Fall, möglicherweise hat der Entwickler die Schaltung genau auf diesen einen Transitor abgestimmt. Insbesondere bei höherwertigen Geräte, wo Geld zum Bauen da ist, da hat oft noch einer an einer Schraube gedreht. Beim Ruhestrom ist es bei einem Leistungsverstärker nicht unwahrscheinlich, daß da einer schraubt und trimmt. Auch oft sind gepaarte Transistoren einer Gegentaktendstufe eingebaut. Bonddrähte halten normalerweise auch solange wie der Transistor, obwohl es einer der schwächsten Stellen ist. Würde ich lassen mit austauschen. Einen anderen besseren Typen reinmachen ist wieder was anderes, aber da gilt wieder der Satz: da mußt Du genau wissen was Du da tust.

Potentiometer, leidiges Kratzen, darüber wurde schon genung geschrieben.

Allgemein, vorsichtig sein beim Tauschen von Bauteilen der Gegenkopplung, oft sind parasitäre Eigenschaften absichtlich oder unbeabsichtigt mitgenutzt worden, worst case der Verstärker oszilliert nach dem Tausch. Daher an solch sensiblen Stellen gelegentlich eine "Generalprobe" machen und gucken ob er noch geht. Gibt einem vor allem als Nicht Elektrotechniker ein besseres Gefühl gelegenlich mal schnell nachsehen ob noch alles geht, ein gemachter Fehler ist schneller umkehrbar. Idealerweise tauscht man zusammen mit dem Schaltplan die Bauteile und versucht sich bewußt zu machen, was da gerade getauscht wird und warum, im Zweifelsfall mit dem gleichen Wert tauschen, bei exakter Kenntnis was es macht ein Upgrade zum besseren optionalen Bauteil. Normalerweise sollten 30-100 Euro an austauschbaren Bauteilen genügen, das ist dann aber ein All-Inklusive-Tauschurlaub. Für eine gutes Bauteile Upgrade, Bauteilbestellung usw., Reinigung, Ausmessen würde man bestimmt im Schnitt etwa zwei bis drei volle Arbeitstage benötigen, das dauert einfach wenn man das richtig machen will. Ist das natürlich eine Frage: Rentiert sich das oder Nicht? Privat für die eigenen Geräte auf jeden Fall, macht ja auch Spaß. Ein zwanzig Jahre alter Verstärker ist was schönes und kann nach Belieben genutzt werden, einmal ein Bauteile Update und dem Hörgenuß steht nichts entgegen, für die Vitrinen finde ich zu schade.

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