Alterung von Bauteilen in der Elektronik
Frage:
seit einiger Zeit beschäftigt
mich die Frage, welche altersbedingten
Qualitätseinbußen bei
einem Transistorverstärker auftreten können, wie sich
das bemerkbar
macht, und ob es sich lohnen würde alterungsanfällige
Bauteile alle 10 Jahre auszutauschen?
Ich würde dieses
Juwel der Verstärkerbaukunst niemals in einen x-beliebigen
Hifi
Shop zur Reperatur geben. Auch bekomme ich dort keine nachvollziehbaren
Auskünfte darüber warum eventuell gealterte
Kondensatoren
ausgetauscht werden müssen. Und dann welche bitte? Die 80V
Elkos
18.000 yF der Siebung (4 Stück davon im Netzteil) Oder
Gegenkopplungskondensatoren aus dem Vorverstärkerteil? Altern
Transistoren? Widerstände und Spulen halten doch ewig -
vorausgesetzt es kommt nicht zu hohen thermischen Belastungen. Oder?
Ich fasse noch einmal
meine Frage zusammen: Kann es sein, das ein Verstärker durch
eine
Alterung der Bauteile (welcher?) sich klanglich so verändert,
das
es sinnvoll ist diese Bauteile regelmäßig
zu
überprüfen oder auszutauschen. Hat ein über
20 Jahre
alter Verstärker nur noch Platz in einer Vitrine?
Antwort:
die
Alterung ist eine der am schlechtesten spezifierten Daten in einem
Datenblatt. Es ist auch verständlich, genaue Vorhersagen sind
auch
trotz großer Bemühungen nur sehr schwierig zu
stellen, das
Wort grobe Abschätzung trifft weit besser zu. Die Alterung
hängt stark ab vom Streß, den das Bauteil erfahren
hat -
Betriebsstunden, elektrische Belastung, Umgebungstemperatur, Anzahl der
Temperaturzyklen, Änderungsgeschwindigkeit der
Umgebungstemperatur, Feuchte, mechanische Vibration,
Schockbeschleunigung - um mal die wesentlichsten zu nennen.
Interessierten empfehle ich eine umfangreiche Exkursion durch die
Datenblätter der Hersteller.
Keramikkondensatoren
der Klasse 1 mit
der Keramikart NPO oder COG sind hochwertig, ihre Alterung
verläuft in etwa so: fast gar nichts ! Der
Kapazitätswert
bleibt bei vernüftigen Betriebsbedingungen auch über
viele
Jahre hinweg gleich, er sinkt nur sehr minimal ab.
Keramikkondensatoren
der Klasse 2 mit der Keramikart X7R haben schon schlechtere
Alterungseigenschaften, ihre Alterung beträgt grob ca. -1% pro
Dekade Stunde, d.h nach 10h -1%, nach 100h -2%, nach 1.000h -3%, nach
10.000h -4%, nach 100.000h -5% (12 Jahre).
Kermikkondensatoren
der Klasse 2 mit allen anderen Keramikarten Z5U, Y5U usw. sind nochmals
etwas schlechter.
Warum
nimmt man dann nicht nur Klasse 1 ? sie sind leider nicht in
höheren Kapazitätswerten erhältlich. Bei
einem Hifi
Verstärker würde ich mir in Bezug auf
Keramikkondensatoren
nur wenig Gedanken machen, da ihre häufigsten Einsatzgebiete
im
wesentlichen "Power Supply Bypassing - Siebkondensatoren" sind. An
dieser Stelle spielt ein Kapazitätsverlust von wenigen Prozent
keine Rolle. Ersetzen würde ich Klasse 2 bei
höherwertigen Geräten gegen Folienkondensatoren,
falls sie
direkt im Signalweg liegen, z.B. als Koppelkondensator oder wenn sie in
einer Gegenkopplung ihren Dienst tun. Warum? Ihre Kapazität
ist zu
stark abhängig von der anliegenden Spannung, dies verursacht
nichtlineare Verzerrungen. Eine Ausnahme stellt die Klasse 1
dar,
ihre Abhängigkeit der Kapazität von der angelegten
Spannung
ist sehr gering, so daß der Ersatz dieser nicht
nötig ist.
Die kleinen Keramikkondensatoren sind meist Klasse 1 oder X7R.
Tantalkondensatoren,
würde ich
bei älteren Geräten alle ausnahmlos ersetzen. Der
Grund ist,
es gab einst einige Serien an Tantals, die viele Jahre später
für bösartige Ausfälle verantwortlich sind.
Diese
Kondensatoren arbeiteten lange Jahre einwandfrei, manche von ihnen
wurden dann sehr rasch immer niederohmiger, das ist bei einem
Kondensator überhaupt nicht zu gebrauchen. Das finale Ende
findet
der Tantal oft daran, z.B. beim Einschalten des Gerätes
(plötzliche hohe Stromanforderung an ihn) wird er sehr
niederohmig
und damit schnell heiß. Insbesondere wenn das Gerät
lange
gestanden hat, ist dieser Effekt häufig auszumachen. Er kriegt
die
Wärme nicht weg und er platzt rissförmig auf. Sofort
erkennbar am widerlichen Gestank. Der defekte Kondensator ist auch
innerhalb der Schaltung gut auszumachen, an der Stelle an der er
aufgeplatzt ist, ist meist die ganze Umgebung mit braun-schwarzem
Elektrolyten verschmutzt. Erlebt habe ich diese Defekte an vielen
Meßgeräten aus den Achtziger Jahren.
Dummerweise
zieht dieser "rasch niederohmig" gewordene Tantalkondensator oft noch
andere Bauelemente in Mitleidenschaft. Ist er beispielsweise an den
Ausgang eines diskreten Transistor Spannungsregler geschaltet, so ist
beispielweise dieser Transistor gefährdet auch
zerstört zu
werden (Annahme: keine zusätzliche Strombegrenzung im
Spannungsregler).
Man
muß aber auch folgendes dazu sagen: warum sterben manche
Tantal?
wie schon gesagt manche durch Serienprobleme, aber auch viele deswegen:
er wurde einfach überlastet, entweder der Entwickler hat ihm
per
Design zu viel zugemutet (hohe Rippleströme, hohe
Einschaltströme) oder die Rippleströme wurden im
Laufe des
Lebens immer höher. Wie können die
Rippleströme
ansteigen? Betrachtung dazu der Anwendungszweck. Die meisten Tantals
wurden und werden immer noch als Siebkondensatoren oder
Glättungskondensatoren (Schaltnetzteil) eingesetzt. Die
Tantals
sind dabei oft parallel geschaltet zu großen
Elektrolytkondensatoren - da haben wir das Problem, der große
Elko übernimmt den größten Teil der
Rippleströme,
der Tantal kommt so gut davon. Jetzt wird der große Elko
älter und verliert zunehmend an Kapazität, d.h. der
Tantal
muß immer höhere Rippleströme tragen, das
macht er eine
Weile mit und das ist seiner Gesundheit nicht förderlich.
Man
muß auch sagen, es gab auch früher schon sehr gute
Tantal
Serien, die die Probleme mancher Mitbewerber gar nicht kennen und heute
noch exzellent arbeiten. Die Unterscheidung ist allerdings schwierig.
Die heutigen Tantal Kondensatoren sind (bis auf wenige selbst erlebte
Ausnahmen) zuverlässige Bauteile und sind heutzutage
millionenfach
verbaut aus der Industrie kaum noch wegzudenken. Polung beachten.
Folienkondensatoren,
sind in aller
Regel die zuverlässigsten und linearsten Kondensatoren. Ihre
Alterung geht je nach Typus fast gegen Null. Die
Zuverlässigkeit
ist bei richtiger Anwendung extrem hoch und auch über Jahre
hinweg
bedenkenlos. An einem Hifi Verstärker würde ich sie
aus
Gründen der Lebensdauer nicht ersetzen. Wie immer gibt es auch
hier Ausnahmen, Streß im Leben haben Kondensatoren, die hohe
Stromimpulse verarbeiten müssen, z.B. in Schaltnetzteilen -
mit
richtig gewählten Folienkondensatoren - auch stressfrei.
Für
Audio ist sind die Anforderungen und Stromanstiegsgeschwindigkeiten als
harmlos zu bezeichnen. Ein Tausch von Folienkondensatoren im Hifi
Verstärker ist vielleicht sinnvoll, um welche mit besserer
Folienqualität einzusetzen, selbst hier aber nur bei
höherwertigen Geräten, und da sind gute meist sowieso
schon
eingebaut. Trotz des Lobes für Folienkondensatoren habe ich
persönlich auch schon weniger gute Qualität erfahren
defeketer Folienkondensator in einer Frequenzweiche.
Elektrolykondensatoren, dieser Typ
könnte mit seinen Eigenarten in Anwendung, Effekten und
Herstellung ganze Hochschulgenerationen beschäftigen (Aussage
eines Mitarbeiters eines Kondensatorherstellers). Primäre
Alterungserscheinung ist der zunehmende Kapazitätsverlust und
bei
manchen Exemplaren auch ein steigender Leckstrom. Ein Elko ist als
Vergleich ein Schnellkochtopf mit viel Folie und einer Suppe, dem
Elektrolyten drin. Der Deckel ist ein eingepresster Gummipropfen. Das
alles hat noch ein Sicherheitsventil oder/und eine Sollbruchstelle
gegen Überdruck. Die genaue Zusammensetzung des Elektrolyten
ist
ein gutgehütetes Geheimnis des Herstellers. Elektrolyt in
Verbindung mit der Struktur der Folienoberfläche bestimmt die
gewünschten Eigenschaften. Der Kapazitätsverlust
ensteht
durch Verlust an Elektrolyten oder/und durch dickflüssiger
werdenden Elektrolyten. Bei beiden Ursachen verringert sich die
effektive Kondensatorfläche. Fehlt Elektrolyt fehlt
automatisch
Fläche, wird der Elektrolyt dicker, so kann er nicht mehr so
gut
in alle feinstverästelten Strukturen der meist
geätzten
Oberfläche eindringen.
Elektrolytkondensator,
die Lebensdauer ist stark davon
abhängig was mit ihm gemacht worden ist. Wurde er bei
Entwicklung
der Schaltung schon mit wenig elektrischen Stress (Ripplestrom)
beaufschlagt, so wirkt sich das positiv auf die Lebensadauer, da er
sich weniger von innen heraus aufheizt (P=Iripple²*ESR).
Zweiter,
noch wichtigerer Stressfaktor ist die Umgebungstemperatur selbst, arme
arme Kondensatoren, die schon per Design mit 60 oder 70°C
Umgebung
leben müssen. Schon mal geguckt wie dicht bei manchen
Verstärkern aus Platzgründen die Heizung
"Endstufenkühlkörper" beim Netzteilelko sitzt, das
alles sind
Beispiele, die die Lebensdauer reduzieren können. Kurzum, die
entstehende Umgebungstemperatur + Eigenaufheizung durch elektrische
Verluste ist ein wichtiges Maß.
Der
Mechanismus des Kapazitätsverlust ist, daß
Elektrolyt durch
oder seitlich durch den eingresssten Hartpapier/Gummipropfen entweicht.
Bei höherer Temperatur ist der Elektrolyt natürlich
wesentlich beweglicher und kann leichter entweichen, zudem bewirkt die
höhere Elkotemperatur auch einen höheren Innendruck,
was ein
Entweichen des Elektrolyten zusätzlich begünstigt. Es
gibt
auch für den Elko eine "Bauernregel", eine Erhöhung
der
Temperatur um 10°C verringert die Lebensdauer um das doppelte.
Auch
negativ für die Lebensdauer sind längere
spannungslose
Stillstandsphasen, die Elko Formierung leidet darunter, ein
Wiedereinschalten des Gerätes ist starker Stress für
das
unformierte Bauelement, es dauert bis er sich regeneriet. Als Benutzer
kann man daraus ableiten, es schadet nicht die Vitrinegeräte
vielleicht mal jedes halbe Jahr ein paar Stunden in Betrieb zu nehmen.
Die Leckstromeigenschaften sollten auch bei einem alten Elko getestet
werden, enstehen hauptsächlich durch Veränderungen im
Elektrolyten. Zum Testen von Elkos eignen sich z.B. solche
Spezialgeräte
HP4282A.
Die
Frage ob die großen Netzteileolkos alle 10-20 Jahre getauscht
werden müssen, läßt sich am einfachsten
damit
beantworten diese auszumessen. Einfach zu sagen sie müssen
getauscht werden ist kommerzieller Blödsinn, sie
können
getauscht werden müssen aber nicht. Sie müssen nur
dann
getauscht werden, wenn sie Funktion nicht mehr zufriedenstellend
erfüllen - so einfach ist das. Das Messen von
Kapazität,
Leckstrom und Verlustfaktor, ESR rentiert sich bei diesen auch, da
diese meist nicht so günstig sind und zusätzlich
durch
spezielle Bauformen auch nicht immer so einfach erhältlich
sind. Daran sollte entschieden werden, ist die
Kapazität
beispielsweise -20 bis 30% vom Nennwert, kann man ihn schon nochmal
einbauen, sich aber bewußt sein in den nächsten
Jahren kann
er fällig werden. Der Kapazitätsverlust geschieht
beim
Eintritt in die "Todesphase" dann sehr rasch, d.h. eine
Restkapazität von nur 5% ist keine Seltenheit. Und nur noch
10-30%
vom Nennwert, das hört man garantiert als 100 Hz Brummen, bei
Belastung funktioniert der Verstärker vielleicht schon gar
nicht
mehr. Was
kann man tun, wenn man gar kein Kapazitätsmesser hat? Man
nimmt
ein Oszilloskop und beobachtet z.B. die interne DC-Betriebsspannung. Im
Idealfall wird sie beobachtet zu einem Zeitpunkt vorhandener "guter
Kondensatoren", fahre dann mit ordentlich Nennlast und beobachte die
Kurvenform und die Amplitude des entstehenden Spannungsripple auf der
internen DC Versorgungsspannug. Notiere die Werte und die Kurvenform,
lege den Zettel in den Verstärker (irgendwo wo er nicht
stört). Kontrolliere ein paar Jahre später unter
gleichen
Bedingungen wieder die interne Betriebsspannung. Anhand davon kannst Du
auch abschätzen ob es nötig wird den Kondensator zu
tauschen.
Wenn Du bereits einen Brumm hörst (keine Quelle angeschlossen,
Eingang kurzgeschlossen, Last dran, Lautstärke aufdrehen),
dann
siehst Du mit dem Scope garantiert schon deutliche Unterschiede (viel
mehr als früher. Der Brumm kann aber auch irgendwo in der
Vorstufe
entstehen, d.h. alle Gleichspannungen sollten kontrolliert werden. Das
was dann als Brumm durchkommt, ist das was die PSRR "Power Supply
Rejection Ratio" des Verstärkers nicht mehr
unterdrücken kann.
Bei
kleinen kostengüstigen Elkos gilt natürlich sofort
tauschen,
die neueren Typen sind meist deutlich kleiner und besser und haben eine
höhere Lebensdauer. Wenn Du den Schaltplan hast, hast Du
Vorteile,
Du kannst die Funktion des Elkos daraus ablesen. Sind es z.B.
Siebelkos, dann bringt der Wechsel schon neue Vorteile, meistens liegt
bei einem Elko aus den Siebziger Jahren zu einem heutigen ein kleiner
Quantensprung dazwischen, nicht nur in Sachen Qualität sondern
auch in der Größe, aus einem mit 100µF
kann bei
gleicher Bauform und Spannungsfestigkeit heutzutage einer mit
470µF werden. Das ist fast fünffache
Kapazität!, bei
einem Siebkondensator bringt das den Vorteil einer saubereren
Gleichspannung, damit weniger Ripple und weniger Brumm und Rauschen am
Ausgang des Verstärkers. Positiven Einfluß, wenn
auch nur
geringen, auf den Klirrfaktor kann es natürlich auch haben.
Koppelkondensatoren
als Elkos sind am besten durch Folie zu ersetzen, sofern es der Platz
erlaubt. Einem Koppelkondensator im Signalpfad würde ich
wieder
mit gleichem Kapazitätswert tauschen, da davon z.B. die untere
Übertragungsfrequenz abhängt, es sei denn man
weiß ganz
genau was man da tut. Für Ausgangskoppelkondensatoren an der
Endstufe eine gute Qualität einbauen, eine etwas
hörere
Qualität ist meist sinnvoll, aber läßt sich
nicht
für jedes Gerät verhersagen. Top Geräte
haben da auch
nicht gespart und an dem was der Entwickler gebaut hat sollte auch
nicht so viel verändert werden, es sei denn man weiß
wieder
genau was man da tut. Also bei einem alten "neubekommenen"
Verstärker - Elkos raus und neue rein, neunen Wert nach
Funktion
beurteilen. Im Zweifelsfall oder Unwissehnheit den alten durch den
neuen mit gleichem bedruckten Wert ersetzen. Die Netzteilelkos
überprüfen, im Zweifelsfall tauschen, auch hier
schadet etwas
mehr Kapazität selten (aber nicht gerade mal fünf),
die
Dioden davor und der Trafo sollten damit noch klarkommen. Die Dioden
und der Trafo bekommen insbesondere nach einem Wechsel dann Stress.
speziell unter erhöhter Last, das läßt
heftige
Spitzenströme fließen. Die Dioden ließen
sich leicht
durch stärkere ersetzen, der Trafo zu ersetzen - nein -
schießt am Ziel vorbei, geht bei hoher Last dann
möglicherweise in die Sättigung, wird ziemlich warm
und macht
unter Umständen merkwürdige Geräusche,
Temperatur
beobachten. Der Trafo geht bei solchen Aktionen normalerweise nicht
kaputt. Aber wie gesagt, diese Problem hat er bei hoher Last.
Polung von Elkos beachten.
Wie
schon gesagt bei Elkos gilt:
- welchen thermischen Stress erfuhr er in der eingebauten
Umgebung,
zählend ist nicht nur die Zimmertemperatur, sondern die im
Betrieb
entstehende Gerätetemperatur direkt am Elko.
- welchen elektrischen Stress hatte er durch die
Wechselströme, die durch ihn geschickt worden sind.
- welche Serie war es, hat sie sich nach Jahren vielleicht
als
anfällig herausgestellt.
- wieviele Stunden lief er und unter welchen Stress
Bedingungen,
ständig oder nur gelegentlich.
- wielange monatelange Stillstandsphasen des Gerätes
gab es,
(Einschalten der Elkos im dadurch oft unformierten Zustand ist auch
nicht unbedingt der Lebensdauer förderlich)
Letztendlich
aussagekräftig ist nur die Messung im ausgelöteten
Zustand
auf Kapazität, ESR und Verlustfaktor - wobei die
Kapazitätsmessung die Wichtigste ist. Im Fehlerfall ist fast
immer
die Kapazität mitbetroffen. Wer sich die Auslöterei
sparen
will kann sich alternativ mit dem Oszilloskop auch die Spannung am Elko
unter hartem Betrieb ansehen und entsprechend beurteilen, wobei diese
Schnell-Messmethode Kentnisse der jeweiligen Schaltungstechnik und
Funktion des Elkos voraussetzt. Sie ist auch nicht unbedingt das Gelbe
vom Ei, da Kondensatoren denen bereits z.B. 50% der Kapazität
fehlt nicht immer erkannt werden, deren weitere Alterung in den
nächsten paar Jahren aber wahrscheinlich sehr rasch
fortschreiten
wird und die dann bald total ausfallen können.
Gemessen
hatte ich schon Elektrolytkondensatoren aus manchen
Messgeräten
und Radios, die in den fünfziger und sechziger Jahren
entwickelt
worden sind, deren elektrische Eigenschaften auch heute noch als neu zu
bezeichnen wäre und das nach über fünfzig
Jahren! Leider
gab es aber auch bei alten Radios auch schon ettliche Leichen.
Hochwertige Messgeräte hingegen waren oft etwas
aufwändiger
konstruiert und großzügiger dimensioniert worden,
teilweise
hat man auch manchmal die Elektrolytkondensatoren mit in den
kühlenden Gerätelüfterstrom gesetzt, eine
Maßnahme
die über Jahrzehnte hinweg die Kondensatoren sehr geschont
hat.
Auch
das Einschalten gerade von älteren Geräten, die lange
stillstanden, sollte möglichst mit einem Trenntrafo langsam
hochfahrend erfolgen und dabei die Stromaufnahme beobachtet werden,
manche unformierten alte Elkos sind sehr niederohmig und
können
leicht die empfindlicheren Gleichrichter der damaligen Zeit
zerstören.
Erlebt
hatte ich beispielsweise auch schon mal einen Satz kleiner neuer PC
Billigst Lautsprecher, bei dem bereits nach drei Jahren die Brummerei
los ging. Oder manche konstruktiv heißlaufenden 20 Jahre
alten
Verstärker mit teilweise über zehn total defekten
Elektrolytkondensatoren verteilt in der ganzen Schaltung, vornehmlich
an Stellen die konstruktiv sehr heiß wurden.
Bevor
man das Tauschen von Elkos vornimmt sollten all diese Punkte
überdacht werden, ob das Tauschen sinnvoll ist oder nicht,
letztendlich aussagekräftig ist nur eine Messung im
ausgelöteten Zustand. Andererseits wenn man sich schon die
Mühe macht auszulöten, kann man in den meisten
Fällen
gleich neue Kondensatoren wiedereinlöten, da gerade die Kosten
für die kleinen Kapazitätswerte nur im Cent Bereich
liegen.
Aber auch das Tauschen der Elektrolytkondensatoren darf nicht blind und
gedankenlos erfolgen, beispielsweise gibt es Elkos mit besonders
geringem Leckstrom und das hatte in der angewanten Schaltungstechnik
auch seinen Grund - Oder insbesondere Schaltnetzteile (auch
Motherboards) erfordern sekundärseitig Gleichrichter Elkos mit
sehr geringem ESR, also hier genau überlegen was man gegen was
wechselt. Da diese Überlegung zugegeben nicht immer einfach
ist,
gilt eine grobe Vereinfachung: je älter das Gerät
ist, desto
wahrscheinlicher wird es, daß ein guter Elko der neuen
Generation
auch die Anforderungen älterer Spezialtypen
miterfüllen kann.
Im Zweifelsfall sinnvoll ist die Verwendung von Long Life Low ESR
Typen, die ersetzen eigentlich alles (lediglich bei seltenen
Spezialanwendungen mit sehr niedrigen Leckströmen
könnte
jedoch ein gewisses akzeptables Restrisiko vorhanden sein). Es
müssen auch nicht immer 105°C oder
>=125°C Typen sein,
neue Kondensatoren der 85°C Standard Typenserien sind auch sehr
gut
und können bedenkenlos verwendet werden (außer
natürlich bei Anwendungen wie z.B. unter der Motorhaube eines
Autos oder ähnlichem). Bei jedem Tausch gilt das Studium der
Datenblätter der Hersteller, jede Kondensatorserie hat ihre
individuellen Vorzüge und Nachteile.
Da
oft nicht die gerade passenden Kapazitäts- und Spannungswerte
für einen Tausch zur Verfügung stehen, kann man
sagen: das
Austauschen gegen Kondensatoren mit höheren
zulässigen
Spannungswerten ist problemlos möglich, bei der
Kapazität
kann man im Zweifelfall auch etwas darüber liegen, wobei auch
hier
bei Sonderfällen eine erhöhte Kapazität die
Gerätefunktion negativ beeinträchtigen
könnte, z.B. wenn
die Kapazität eine Zeitfunktion bildet, wobei diese Anwendung
selten der Fall ist, da auch hier die Entwickler bei seriösen
Entwicklungen solche Schaltungsfunktionen mit stabilen
Folienkondensatoren ausgelegt hatten.
Vor
dem Tauschen bitte gründlich überlegen was man tut,
und
ein kleiner Tipp der in der Eile des Gefechts schnell vergessen wird:
Elkos
nicht verpolen beim Wiedereinbau,
sich aufschreiben oder fotographieren wie herum der Kondensator
eingebaut war. Das klingt banal und logisch, jedoch nicht auf allen
Leiterplatten ist immer eindeutig die Polung gekennzeichnet und gerade
im Eifer des Gefechts passieren dann gern Fehler. Es wäre sehr
schade und vor allem peinlich auf diese Art und Weise etwas kaputt zu
machen.
Widerstände
altern auch. Gern die hochohmigen. Das prinzipielle Problem bei
hochohmigen
Widerständen ist, daß diese aus leitfähigem
Material
gemacht werden: Metall. Klingt widersprüchlich, Metall und
auch
Metallschicht sind gute Leiter wie soll man denn daraus hochohmige
Widerstände machen? Ganz einfach, in dem man die leitende
Schicht
ganz dünn macht. Diese dünnen Schichten sind das
Problem,
Stichwort "Diffusion" die leitfähige Schicht kann einfach
verschwinden, diffundiert irgendwo hin und wird immer dünner,
wohin ist eigentlich egal, entscheidend ist sie ist nicht mehr da! Die
meisten Widerstände werden in aller Regel hochohmiger. Normale
Metallschicht (paar kOhm) haben bei geringem elektrischem Stress
unglaublich hohe Lebendauer, z.B. 225.000h sind spezifiziert, aber auch
diese werden meist leicht hochohmiger. In den meisten Fällen
ist
das hochohmiger werden kein Problem, ein Verstärker soll nicht
genau absolut messen wie Messinstrumente und ob da die
Verstärkung
eines Kanals etwas wegläuft -na ja vielleicht nicht so
wichtig.
Den Einfluß der Alterung auf die Nichtlinearität des
Bauteils kenne ich nicht, kann nichts dazu sagen. Hochohmige
Widerstände z.B. >100kOhm sollte man mal näher
unter die
Lupe nehmen und Stichproben machen. 1k, 2k, 30k usw. würde ich
drinlassen, obwohl ich da auch schon ein paar Ausfälle
(hochohmiger werdend hatte). Die zementierten Drahtwiderstände
sind eigentlich kaum totzukriegen, wenn dann hat er meist irgendein
Problem an seiner angeschweißten Anschlußkappe
o.ä..
Diese niederohmigen Teile haben soviel Metall im innern, da passiert
nicht viel. Gegenkopplungswiderstände würde ich bei
einem
hochwertigen Gerät nicht tauschen, da meist hier auch wieder
in
der Serie vernüftiges eingebaut worden ist. Und ob die
Endstufe
durch Alterung nun 26dB oder 26,2dB verstärkt spielt keine
Rolle.
Eine Überprüfung schadet aber nie. Die meisten
Metallschichtwiderstände haben exzellent wenig
Nichtlineatität, meist je größer die
Bauform desto
besser. Kohleschicht in der Gegenkopplung ist nicht so der Hit,
dafür haben Kohleschicht, insbesondere
Kohlemassewiderstände
sehr gute HF-Eigenschaften, und für hochohmige
Widerstände
sind sie auch keine schlechte Wahl, mal abgesehen vom höheren
Temperaturkoeffizienten.
Spulen
altern normalerweise nicht,
solange der Lackdraht unversehrt bleibt. Chemische Alterung
(Versprödung, Flußmittel usw.) kann an manchen
Stellen den
Lack zum Abblättern bringen. Starke Vibration (sei es von
außen oder durch Eigenbewegung, magnetische Kräfte)
kann
Draht an Draht scheuern lassen, Wicklungsschluß ist
möglich.
In manchen militärischen Anwendungen, z.B. ein vibrierendes
Triebwerk oder die Maschinenkanone erzeugen heftigste Vibrationen. Bei
Schaltnetzteilspulen sind die auftretende Probleme durch geschickte
Wicklung und Vergußmassen beherrschbar geworden. Aber bei
Audio
Geräten, na ja kaum nennenswert das Vibrationsproblem.
Trafos,
gleiches wie die Spulen, hinzu
kommen noch die Isoliermaterialien wie Folie, Papier usw -
normalerweise kein Problem. Ein starkes säuselndes
Geräusch
untersuchen ob es scheuern der Wicklung sein kann, der 50 Hz Brumm ist
harmlos, es sind aber auch mechnische Bewegungen. Ferrite sind
spröde, hart und bruchempfindlich, daher aufpassen und nicht
runterfallen lassen.
Transistoren,
normalerweise kein
Problem, einen funktionierenden Transistor würde ich nicht
tauschen. Macht keinen Sinn, eher das Gegenteil der Fall,
möglicherweise hat der Entwickler die Schaltung genau auf
diesen
einen Transitor abgestimmt. Insbesondere bei höherwertigen
Geräte, wo Geld zum Bauen da ist, da hat oft noch einer an
einer
Schraube gedreht. Beim Ruhestrom ist es bei einem
Leistungsverstärker nicht unwahrscheinlich, daß da
einer
schraubt und trimmt. Auch oft sind gepaarte Transistoren einer
Gegentaktendstufe eingebaut. Bonddrähte halten normalerweise
auch
solange wie der Transistor, obwohl es einer der schwächsten
Stellen ist. Würde ich lassen mit austauschen. Einen
anderen
besseren Typen reinmachen ist wieder was anderes, aber da gilt wieder
der Satz: da mußt Du genau wissen was Du da tust.
Potentiometer,
leidiges Kratzen, darüber
wurde schon genung geschrieben.
Allgemein, vorsichtig sein beim
Tauschen von Bauteilen der Gegenkopplung, oft sind parasitäre
Eigenschaften absichtlich oder unbeabsichtigt mitgenutzt worden, worst
case der Verstärker oszilliert nach dem Tausch. Daher an solch
sensiblen Stellen gelegentlich eine "Generalprobe" machen und gucken ob
er noch geht. Gibt einem vor allem als Nicht Elektrotechniker ein
besseres Gefühl gelegenlich mal schnell nachsehen ob noch
alles
geht, ein gemachter Fehler ist schneller umkehrbar. Idealerweise
tauscht man zusammen mit dem Schaltplan die Bauteile und versucht sich
bewußt zu machen, was da gerade getauscht wird und warum, im
Zweifelsfall mit dem gleichen Wert tauschen, bei exakter Kenntnis was
es macht ein Upgrade zum besseren optionalen Bauteil. Normalerweise
sollten 30-100 Euro an austauschbaren Bauteilen genügen, das
ist
dann aber ein All-Inklusive-Tauschurlaub. Für eine gutes
Bauteile
Upgrade, Bauteilbestellung usw., Reinigung, Ausmessen würde
man
bestimmt im Schnitt etwa zwei bis drei volle Arbeitstage
benötigen, das dauert einfach wenn man das richtig machen
will.
Ist das natürlich eine Frage: Rentiert sich das oder Nicht?
Privat
für die eigenen Geräte auf jeden Fall, macht ja auch
Spaß.
Ein zwanzig Jahre alter Verstärker ist was
schönes
und kann nach Belieben genutzt werden, einmal ein Bauteile Update und
dem
Hörgenuß steht nichts entgegen, für die
Vitrinen finde
ich zu schade.
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