Messung der Einschwingzeit von 16 Bit Digital zu Analog Wandlern



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DAC Settling Time Messvorrichtung

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Kurze Einführung:

Ein Digital zu Analog Wandler (DAC, digital to analog converter) ist vom Arbeitsprinzip vergleichbar mit einem sehr schnell verstellbaren Widerstandsteiler, der zusammen in Kombination mit einem Operationsverstärker eine vielfältig digital einstellbare Ausgangsspannung zur Verfügung stellt. Typischerweise beträgt die Auflösung eines DAC heutzutage 8 bis 16 Bit, entsprechend 256 bis 65536 verstellbaren Stufen.

Die Settlingzeit ist für jeden DAC eine sehr wichtige Kenngröße, sie besagt wie lange es dauert bis die Ausgangsspannung ein vordefiniertes Toleranzband erreicht hat und auch nicht wieder verläßt. Man sagt: "der DAC ist auf X Bit oder X ppm oder X % genau eingeschwungen" oder benutzt dem englischen Sprachgebrauch entsprechend den Begriff der "Settling-Time" für die Einschwingzeit.


Historie:

Das aufgebaute Messgerät basiert schaltungstechnisch auf dem Application Note 74 des Halbleiterherstellers Linear Technology. Dieser Application Note gehört nach meiner Ansicht ohne Zweifel zu der Gruppe der herausragenden Artikel in der Analogtechnik.  Mein Dank gilt diesen Autoren ohne deren Artikel ich nicht in der Lage gewesen wäre Messungen erfolgreich durchzuführen. Dem Leser sei das Studium des Application Note empfohlen um die Messung zu verstehen als auch ein Gefühl für den Schwierigkeitsgrad der Schaltung zu bekommen. Die Schaltung wurde im Verlauf der Arbeiten an die persönlichen Wünsche angepasst, obwohl das nicht notwendig gewesen wäre.


Aufwandsabschätzung:

Es sei angemerkt der Aufbau dieser Messeinrichtung hat hohen Schwierigkeitsgrad, insbesondere das Erreichen einer vollständig flachen Kompensation weit im 16 Bit Bereich erfordert viel Arbeit und eine grenzenlose Geduld zum Verständnis. Von besonderer Güte ist auch der Schwierigkeitsgrad die Messvorrichtung so abzustimmen, damit das Oszilloskop zu keinem Zeitpunkt den Bildbereich verläßt oder gar übersteuert wird.

Insgesamt wurden in dieses Projekt bisher Größenordnung 500 bis 750 Stunden an privater Zeit investiert, dieser ältere Bericht zeigt einen Bruchteil der offenen Dokumentation, die momentan auf ca. 350 pdf Seiten mit ca. 700 Abbildungen und Fotos angewachsen ist, sie gibt nur einen kleinen Überblick über die Dimension, die solche Arbeiten im Grenzbereich erfordern.

Diese Arbeiten mit aller Präzision durchzuführen erfordern eine gewisse Geisteshaltung und ein Drang zur Perfektion oder "Verrücktheit", anders ist es nicht zu erklären, viel mehr möchte ich dazu auch nicht sagen.


Ein paar Erklärungen:


Diese Zeichnung zeigt einen möglichen Einschwingvorgang eines DAC. Zum Zeitpunkt t=Null gibt das Load DAC Signal den Startbefehl für die analoge Spannungsausgabe des zuvor angelegten digitalen Code. Der Ausgangsverstärker des DAC beginnt mit maximaler Geschwindigkeit die Spannung ansteigen zu lassen, während dieser Anstiegszeit beginnt er mit maximaler Steilheit oder so steil wie man ihn läßt. In der Nähe des Zielwertes beginnt der Regelkreis überzuschwingen, er schießt über sein Ziel hinaus und schwingt auch unterhalb dieses Sollwertes - der Einschwingvorgang erfolgt hier sinusförmig mit abnehmender Amplitude, dieser Bereich wird im Englischen auch mit "Ringing" bezeichnet.




Dieses Bild zeigt drei typische Fälle wie der Regelkreis eines DAC Verstärkers einschwingen kann.

Das linke Bild zeigt einen unterkompensierten Regelkreis mit entsprechendem Überschwingen, dieser Kreis zeigt die höchste Anstiegsgeschwindigkeit.
Das mittlere Bild zeigt den nur schwer zu erreichenden aperiodischen Grenzfall, er bildet den Übergang zwischen gerade noch auftretendem Ringing und dem nicht mehr vorhandenen Ringing.
Das rechte Bild zeigt den überkompensierten Regelkreis, er hat keinerlei Überschwinger, er nähert sich den Ziel Endwert nur "kriechend". Lehrbücher der Regelungstechnik erklären diese Vorgänge im mathematischen Detail, der Leser sei darauf verwiesen.

(Bemerkung: auf den Bildern ist überkompensiert mit unterkompensiert verwechselt worden, überkompensiert bedeutet ein Überschwingen ist möglich - im Prinzip Haarspalterei der Worte).


Messergebnisse:

Es wurden verschiedene DAC und Operationsverstärker gemessen,
die folgenden Bilder zeigen die Ergebnisse am Beispiel des jeweilig selben Typen:



Dieses Bild zeigt den Einschwingvorgang eines OP am DAC, der einen Full Scale Sprung von 0V auf +10V am Ausgang durchführt (Code 0000 to FFFF).

Die obere Spur mit 2V/DIV zeigt den Ausgang des OP in voller Größe.

Die untere Spur mit 20mV/DIV zeigt einen Ausschnitt aus dem Einschwingvorgang, gezeigt wird hier der Bereich in dem die Spannung sich dem 16 Bit Zielwert nähert, das 20mV/DIV Signal ist verstärkt und entspricht 1mV/DIV am Operationsverstärker Ausgang.

Getriggert wird die Schaltung exakt auf die erste Division mit dem hier nicht sichtbar geschalteten LOAD DAC Signal. Die vertikale Auflösung entspricht ca. 6 LSB/Division, wobei sich 1 LSB auf 153µV abbilden. Kompensiert wurde der Verstärker hier auf ein möglichst aperiodisches Einschwingverhalten, die gemessene Settling Time beträgt etwa 2,3µs.






Der Operationsverstärker ist hier vollständig überkompensiert,
man sieht das starke Überschwingen im Großsignal, die Settling Time beträgt hier ca. 2,7µs.



Hier wird eine schnellste Settling Time von ca. 1,8 µs gefunden,
der OP zeigt aber noch immer ein Ringing und ist noch unterkompensiert.
Der OP schwingt hier von oben kommend auf den Endwert ein.



Hier ein anderes Extrem, der Operationsverstärker ist überkompensiert, seine Settling Time wächst auf mittlerweile 4,5µs an.


Gemittelte Messungen:

Die bisher gezeigten Messungen waren in ihrer Auflösung begrenzt durch das Rauschen von Oszilloskopverstärker, Operationsverstärker, DAC Widerstände und der Referenz. Thermisches und nichtperiodisches Rauschen läßt sich durch eine Mittelwertsbildung stark reduzieren, dieses Verfahren wird in den folgenden Messungen angewandt, manche digitale Oszilloskope erlauben diese Möglichkeit.


Dieser DAC ist nun ultraflach und fast vollkommen aperiodisch auskompensiert. Er schwingt in dieser Messung auf Größenordnung 20 bis 21 Bit genau in etwa nur 3 Mikrosekunden ein. Die Einstellarbeiten zu solch einer Kompensation benötigen etwa 30 Minuten, der Einschwingvorgang wurde anschließend 2072 mal gemittelt um das Rauschen zu reduzieren und nur die periodischen Anteile aufzuzeigen.

Schön auch zu sehen, das Oszilloskop befindet sich trotz der starken eingestellten Verstärkung zu keinem Zeitpunkt der Messung außerhalb des Darstellungsbereichs oder gar in einem übersteuerten Zustand. Der negative Glitch bei Division 9,6 ist der Ausschaltmoment des verstärkten Zoom Fensters der Messvorrichtung.

Der DAC mit seiner hier gefundenen Einstellung nähert sich einer bandbreiten begrenzten idealen Heaviside Sprungfunktion schon verdächtig nahe an.





Ein noch stärker gezoomter Bereich zeigt das Toleranzband von +/-10µV. Bei einer Full Scale Sprunghöhe von -10V auf +10V  beträgt dieses Toleranzfenster lediglich 1ppm oder etwa 20 Bit Vertikalauflösung mit einer Settling Time von 3µs oder 21 Bit je nach Sichtweise der Fensterweite.

Gezoomt wurde hier von 5mV/DIV hin zu den 1mV/DIV auf mathematischem, rechnerischen Weg, das Oszilloskop ist daher auch bei dieser Messung zu keinem Zeitpunkt übersteuert, es verläßt nur mathematisch den Bildbereich. Die Anzahl der Mittelwertsbildungen betrug 2049 sweeps, eine Erhöhung der Anzahl der Mittelwertsbildungen zur weiteren Rauschunterdrückung ergibt keinen Sinn mehr, da die Stabilitätsgrenze der Mittelwertsbildung bei dieser Anzahl der Sweeps bereits erreicht worden ist.



Verschiedene Messungen:



Die Messeinrichtung kann unipolare als auch bipolare Sprünge in alle Richtungen durchführen,
im Foto hier ein aperiodischer Sprung von 0 Volt nach -10 Volt.


Beispiele für noch fehlerbehaftete Messungen:

 
Diese Fotos zeigen eine DAC Ausgangsspannung wenn handwerklich falsch auskompensiert worden ist. Die Möglichkeiten zur Erlangung einer falschen Kompensation sind wahrhaft vielfältig, die große Freude immer eine flache Kompensation zu erreichen kann man nachvollziehen wenn es erfolgreich gelungen ist. Auf diesen beiden Fotos ist übrigens auch das LOAD DAC Signal zu erkennen, der digitale 5V Puls in der unteren Spur.




Diese Messung stammt noch aus der Anfangszeit, sie zeigt bei Division 9,4 den noch relativ hohen Ausschalt Glitch. Er ist aber immerhin so klein, dass die Aussage NO-OVERDRIVE des Oszilloskop zulässig ist. Man sieht auch bei der Division 3,6 den überlagerten Einschaltspike im Einschaltmoment der Zoomeinrichtung. Im Laufe der Arbeiten an dieser Messeinrichtung konnten diese Schaltspitzen weiter reduziert werden. Eine passende Bandbreite der Messungen von 10-20 MHz ist für den Mikrosekunden Bereich der Settling Time noch zulässig, eine noch weitere Reduzierung hätte eine unzulässige Verschleifung der gemessenen Settling Time zur Folge, was zu vermeiden ist.





Zur Abwechslung eine Aufnahme mit grünem Standard P31 Phospor. Die DAC Kompensation hat in dieser Aufbauphase noch handwerkliche Fehler, die Einschalt- und Ausschalt Glitches konnten verringert werden. Die fehlerbehafteten Messungen geben einen kleinen Eindruck vom Aufwand, der unternommen werden muss um gute Ergebnisse zu erreichen.


Schlusswort:

Wer Spaß an solchen Messungen hat, dem sei dringend empfohlen damit anzufangen, er sei aber gleich vor dem Aufwand und dem sicherlich irgendwann tief hängenden Frustlevel schon vorab gewarnt. Ein gewisses Maß an Freude zur Eigenquälerei muss man schon mitbringen, es war der einzig funktionierende Motor des Weitermachens und des Nicht Aufgebens.



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