Tunnel Diode Pulser 067-0681-01

Leserbericht von Karlheinz L.

Der Tektronix 067-0681-01 Tunnel Diode Pulser ist ein Hilfsmittel zur Erzeugung von Rechtecksignalen mit sehr hoher Flankensteilheit, er ist speziell geeignet zum Testen der Übertragungseigenschaften schneller Oszilloskope.

067-0681-01
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Der Pulser erzeugt Signale mit Anstiegszeiten von <125nS mit einer Amplitude von ca. 300mVss an 50 Ohm.

Angesteuert wird das Gerät von einem Rechteckgenerator, daraus werden dann Rechtecksignale mit hoher Flankensteilheit generiert. Die Signale werden von einer Tunneldiode erzeugt.

Tunneldioden sind sehr exotische Bauelemente, über die man seitenweise schreiben könnte. Aber das haben andere schon gemacht, deswegen empfehle ich neben den allgemeinen Erklärungen im internet, die leider selten über die übliche Darstellung des negativen differentiellen Widerstandes hinausgehen, nach folgendem Buch zu googeln, das es auch als frei verfügbare PDF Datei gibt:

"RCA Tunnel Diodes for Switching and Microwave Applications" von Dennis Tillman aus dem Jahr 1965.

Hier steht all das, was man bei Wikipedia und auf den Amateurelektronik-Homepages normalerweise nicht findet.

Tunneldioden haben aufgrund quantenphysikalischer Effekte sehr schnelle Schaltzeiten, sie waren bis in die späten 70er Jahre die schnellsten verfügbaren Halbleiter und wurden deswegen hauptsächlich in der Höchstfrequenztechnik eingesetzt, aber auch in der Messtechnik, z.B. in schnellen und stabilen Triggerschaltungen in Oszilloskopen und Frequenzzählern und als Impulserzeuger, so wie in dem hier beschriebenen Tunneldioden Pulser.

Mittlerweile sind diese exotischen Bauelemente ziemlich in Vergessenheit geraten und spielen kaum noch eine Rolle. Daran hat auch die in der oben erwähnten RCA Publikation vor 45 Jahren gegebene Einschätzung, dass Tunneldioden nach dem Transistor die wichtigsten Halbleiter-Bauelemente seien, nichts geändert. Aber das war in einer Zeit, in der es vollkommen undenkbar war, dass einmal Milliarden von Transistoren in einem einzigen Chip im GHz Bereich takten.
Signale mit vergleichbar schnellen Anstiegszeiten kann man schon lange mit diskreten oder integrierten Halbleiterschaltungen erzeugen, Tunneldioden braucht man dafür nicht mehr. Die Tunneldiodenschaltungen haben aber einen bis heute bestehenden Vorteil: Man kann mit geringem Aufwand hochfrequente Signale in guter Qualität erzeugen.
Zumindest theoretisch. Praktisch war es in der Vergangenheit im privaten Bereich unmöglich, an solche Dioden zu gelangen. Deswegen scheiterte schon in meiner Kindheit ein ambitioniertes Bauprojekt aus dem Buch: "Minispione" von Günter Wahl. Dort wurde eine Tunneldiode als UKW Oszillator eingesetzt, die nie irgend jemand jemals wirklich real gesehen hat. Heute, über 40 Jahre später, ist das einfacher, bei eBay werden derzeit noch eine Menge Tunneldioden aus Beständen der ehemaligen UDSSR angeboten.



Die Einfachheit der Impulserzeugung mit Tunneldioden sieht man an dem Pulser sehr gut, die Komplexität der Schaltung ist sehr übersichtlich. Das Ganze ist frei verdrahtet und sieht innen so aus, das Gerät besteht gerade mal aus ein paar Bauteilen:


<Aufbau>

Hier der prinzipielle Schaltungsaufbau, nachvollzogen anhand der Verdrahtung:


<SCHEMATIC>
Der Pulser muss mit einer Signalquelle angesteuert werden, die bei einer Belastung von 11mA noch ein Rechtecksignal mit einer Amplitude von mindestens 40Vss liefern kann.
So etwas können nicht viele Generatoren, einer der wenigen bezahlbaren und auf dem Gebrauchtmarkt noch angebotene Generatoren ist der Tektronix PG 506 Calibration Generator, ein Einschub für das TM500 System.

Die Schaltung besteht aus folgenden Teilen:

1:
Einer Schaltung, die dafür sorgt, dass sowohl positive Impulse als auch negative Pulse die Schaltung versorgen können.
Positive Impulse werden von D1 direkt durchgelassen, negative Impulse laden über D2 zuerst C1 auf. Sobald der Puls der Generators vom negativen Maximum auf 0 V zurück gegangen ist,liegt der -Pol von C1 auf 0V, der +Pol auf dem positiven Spitzenwert der gespeicherten Spannung. Der Elko entlädt sich und versorgt dabei den Pulser so lange, bis er entweder entladen ist oder der nächste negative Eingangsimpuls kommt.

2:
Einer einstellbaren Konstantstromquelle.
Die Zenerdiode D3 sorgt für eine Basisspannung, welche um 6,2V negativer ist als die Eingangsspannung, an den Widerständen R1+P1 fällt dadurch eine Spannung von ca. 7 V ab, die vom dem Transistor konstant gehalten wird. Dadurch ergibt sich auch ein von der Eingangsspannung unabhängiger Konstantstrom. Der Strom ist Abhängig von der Einstellung von P1, dieser ergibt sich aus den 7V, die an R1+P1 anliegen. Verändert sich deren Gesamtwiderstand, muss sich auch der Strom ändern, um wieder die 7V Spannungsabfall zu erreichen. Das ist die einfachste Weise, eine Konstantstromquelle zu realisieren.

3:
Der Impulserzeugung.
Die Entkopplungswiderstände R3, R4, und R5 entkoppeln den Ausgang von der Konstantstromquelle, so dass parasitäre Kapazitäten die Signalqualität nicht beeinträchtigen.
An der Konstantstromquelle und an den 3 1k Widerständen fallen zusammen rund 40V ab, das erklärt die notwendige hohe Eingangsspannung des Pulsers.
Das eigentliche Schaltelement ist die Tunneldiode D4.
Die Tunneldiode hat ihren Schaltpunkt bei ca. 10mA, sie ist direkt an die Ausgangsbuchse angelötet, um parasitäre Induktivitäten so gering wie möglich zu halten.


<TD>



Mit dem Potentiometer wird der Triggerpunkt eingestellt.
Ist der Kontstantstrom zu niedrig, bleibt die Diode im Bereich des Höckerstromes, die Ausgangsspannung ist niedrig. Erhöht man den Strom weiter, dann fängt die Diode an zu triggern, in sehr kurzer Zeit gerät sie in den Bereich der Talspannung. Wichtig für das Verständnis des Triggervorganges und des daraus resultierenden Ausgangsimpulses ist, dass man das Ganze im Zusammenhang mit der Ausgangsspannungskennlinie der Konstantstromquelle sieht.
Siehe dazu das Diagramm 25 auf Seite 34 in der RCA Publikation.


Das Poti "TD TRIGGERD LEVEL" muss so eingestellt werden, dass der Pulser gerade noch stabil triggert, an dem Punkt wird die optimale Signalqualität erreicht.
 
Hier sieht man den Übergangsbereich, an dem der Pulser noch nicht stabil triggert. Das sieht dann so aus:


<trigger threshold>



Hier die Signale bei einem Typischen Messaufbau mit einwandfrei triggendem Pulser:


<Signale>

Unten das Ausgangssignal (Schwarz, CH3 )des PG 506, der bei 11mA rund 47Vss liefert.
Das grüne Signal in der Mitte ist der Strom, der dabei in den Pulser geht. Gemessen wurde er mit einer Tek P6042 Stromzange, 5mA entsprechen dabei 50mV am Oszilloskop.
Blau oben ist der Ausgang des Pulsers.



Hier das Ausgangssignal des Pulsers, dargestellt mit einer horizontalen Auflösung von 500nS/Div. Im unteren Bereich ist die Anstiegsflanke noch stark vom Eingangssignal abhängig, da die Tunneldiode dort noch nicht getriggert hat.

<pulser2>


Die nächsten beiden Oszillogramme zeigen den Übergang von der Flanke zum Impulsdach des Ausgangssignals in starker Vergrößerung, ebenfalls bei einer Zeitauflösung von 500nS/Div.
Es zeigt das typische Einschwingen des Signals, welches durch das Verhalten der Tunneldiode bedingt ist.
Beim ersten Bild mit optimal eingestellter Triggerschwelle, im zweiten Bild ist der Diodenstrom zu hoch eingestellt, was das Überschwingen deutlich erhöht.
Normalerweis sieht man das gar nicht, man muß diesen Abschnitt des Signals dazu erheblich vergrößern, die Vertikalauflösung beträgt bei dieser Messung 2mV/Div.
 
<current ok>                                                                                                   <current high>



Hier die Flanke des Ausgangssignals, gemessen mit einem tek TDS 640, aufgelöst mit 500pS/Div:


<pulser3>


Mit meinen Geräten kann ich die Eigenschaften des Pulsers nicht vollständig überprüfen, mein schnellstes Oszilloskop für Impulse ist das Tek TDS 640, dieses zeigt einen Puls mit einer Anstiegszeit von 687pS. Ein 500MHz DSO ist also deutlich zu langsam für den Pulser. Für dieses Gerät würde auch noch der highspeed Ausgang des bereits erwähnten PG 506 ausreichen, der eine Anstiegs/Abfallzeit von ca. 1nS hat. Allerdings sieht man schon einen Unterschied zwischen dem PG 506 highspeed Ausgang und dem Pulser. Zudem muss bei einem Test die Signalquelle deutlich besser sein als das Testobjekt, somit ist der Pulser sehr wohl sinnvoll.

Das Gerät habe ich in den USA von einem Surplus Händler erworben für eine paar wenige Dollar. Angeboten wurde er als "ungetestet", das bedeutet normalerweise: Funktioniert nicht wirklich. Bei dem geringen Kaufpreis war das Risiko eines Fehlkaufes aber überschaubar. Man sah dem Teil an, dass es bereits intensiv genutzt wurde, eine Reinigung war dringend notwendig.

Bei einer ersten Überprüfung lies sich kein reproduzierbares Signal erzeugen. Ich hatte schon die Befürchtung, dass die Tunneldiode geschrottet war, bis durch Zufall plötzlich ein Signal erschien. Es war aber instabil und verschwand gleich wieder. Durch Herumwackeln am Pulserausgang lies es sich wieder zurückholen, dabei war das Impulsdach des Rechtecks am Ausgang sehr instabil, meist war nur ein differenziertes Signal im Bereich der Flanke zu sehen. Das bedeutet, dass die niederfrequenten Komponenten fehlten und nur die hochfrequenten Anteile übertragen wurden. Das ist ein eindeutiger Hinweis auf ein Kontaktproblem.
Es zeigte sich, dass der Punkt, an dem die Tunneldiode mit der BNC Ausgangsbuchse verbunden war, sehr empfindlich auf Berühren reagierte.
Die BNC Ausgangsbuchse ist eine exotische Spezialanfertigung, die wohl unmöglich neu zu beschaffen ist, wie auf den Bildern oben zu erkennen ist.
In der Buchse ist ein 43 Ohm Widerstand integriert, im Schaltbild mit R6 bezeichnet. Nach Ablöten der Entkoppelwiderstände R3..R5 und der Tunneldiode kann man den Widerstand herausziehen.


<Resistor>

Der Anschlussdraht des Widerstandes, welcher in der BNC Buchse steckt, ist im laufe der Zeit korrodiert, was zu den Kontaktproblemen geführt hat.

Das ist ein Carbon-Composit Widerstand oder auch Kohle-Presswiderstand genannt, der einen festen Kern aus Widerstandsmaterial besitzt, welcher in ein Phenolharzgehäuse eingebettet ist.
Diese Widerstände waren einmal billigste Massenware und hatten insgesamt durchweg schlechte Eigenschaften. Aber sie hatten auch einen (einzigen) großen Vorteil, bedingt durch das Aufbauprinzip haben sie eine sehr geringe Induktivität, das machte sie für HF Anwendungen und die Impulstechnik sehr gut geeignet.

Man darf diesen Widerstand auf gar keinen Fall durch einen normalen Kohleschicht oder Metallfilmwiderstand ersetzen. Diese Widerstände haben eine Widerstandsschicht, welche wendelförmig um den Widerstandskörper geführt wird. Diese Wendel hat eine Induktivität, die bei den extrem hohen Frequenzen, die an der Flanke des Ausgangssignals erzeugt werden, nicht mehr vernachlässigt werden kann. Die Signaleigenschaften des Pulsers würden sich mit solchen Widerständen verändern.
Dieser Widerstandstyp ist mittlerweile nur noch schwer zu bekommen.

Das Problem lies sich aber durch Reinigen des Drahtes beseitigen. Erst mit Kontakt 60 die Oxydschicht lösen, dann an dem Papiertuch abwischen.

<Korrosion>


Man sieht auf dem Bild oben deutlich die abgelöste Oxydschicht. Danach den Draht mit einem Kontaktöl benetzen und neue Korrosion zu vermeiden und den Widerstand wieder vorsichtig einbauen. Beim Löten an der Tunneldiode ist allergrößte Vorsicht angesagt, da diese Bauteile sehr wärmeempfindlich sind. Deswegen eine Pinzette zur Wärmeableitung benutzten. Seit dieser kleinen Reparatur liefert das Gerät wieder einwandfreie Signale.


Zum Abschluss noch ein Hinweis:

Wer sich diesen Pulser anschaffen möchte, muss sich darüber im Klaren sein, dass er dazu unbedingt einen PG 506 oder einen vergleichbaren Generator benötigt. Solche Generatoren sind auch auf dem Gebrauchtmarkt immer noch recht teuer. Wer glaubt, dass der Pulser schon so "irgendwie" an einem Standardgenerator zu betreiben ist, der 20..30Vss in unbelastetem Zustand liefert, dem sei gesagt: "Vergiss es!"


Karlheinz dankeschön für diesen interessanten Reparaturbericht und auch für die Erklärung der Schaltung.


www.amplifier.cd

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