Type 556 Dual-Beam Oscilloscope 

Reparatur und Kalibrationsbericht

Serial no. 700532

18. Januar 2010

Reparatur am 556 Oszilloskop

 

Die Reparatur- und Kalibrations Arbeiten an diesem Röhrenoszilloskop sind bedingt durch die hohen Betriebsspannungen

Lebensgefährlich.

Unterlassen Sie jegliche Arbeiten daran, wenn Sie nicht über das erforderliche Fachwissen und die Ausstattung für den sicheren Umgang mit lebensgefährlichen Spannungen verfügen, das ist absolut ernst gemeint. Bei diesen älteren Röhrengeräten findet sich wirklich an jeder Ecke irgendwo eine lebensgefährliche Spannung, das macht es besonders gefährlich.


Es war nun mal an der Zeit das 556 anzugehen, da es einen dauerhaften Laborplatz eingeplant bekommt.

Zunächst gilt es den Gesamtzustand zu beurteilen, es ist vollständig und unverbastelt, beide Strahlen schön hell und störungsfrei, vermutlich mit der Hochspannung schon einmal wenig Arbeit, ein gute Vorausetzung um anzufangen. Der Upper Beam ist grob funktionsfähig, der Lower Beam auch, er triggert jedoch nicht.



Erster Fehler

Luftfilter

20. Januar 2010

Diesen vergammelten Luftfilter bezeichne ich als Fehler,
da sein Zustand das gesamte Gerät gefährdet.


Der Luftfilter ist nur noch ein Fragment seiner ehemaligen Jugend, total zerbröselt in seine Bestandteile und voll mit Dreck. Diesen Schmutz zieht es mit ins Gerät hinein, er haftet an den Röhren an, diese werden heiß und dieses hauptsächlich organische Schmutzmaterial ist genau das was manchmal bei Röhrengeräten oft so muffelt. Wenn die Geräte sauber sind riechen sie kein bisschen - der Muffelgeruch im Betrieb ist ein guter Indikator für den Pflegezustand. Diese Brösel und dieser ungefilterte Staub sind nicht nur ekelhaft, das ist auch Nahrung für Schimmelpilze - gar nicht gut für die Gesundheit. Auch den Oberflächen, Kontakten, Oberflächenwiderständen (zusammen mit Kondensation) tut das alles gar nicht gut. Mal davon abgesehen dass dieser Dreck die Luftzufuhr mindert und in diesem Fall sogar Kühlkörper verstopft.
Sieht schon toll aus der Luftfilterkasten, oder nicht?



Das hier ist ein Auszug aus dem Instruction Manual, so wie man es eigentlich machen sollte, alle paar Wochen.

Wie es gemacht wurde, siehe oben, alle paar Jahrzehnte. Der Vorbesitzer hatte wahrscheinlich niemals den Zustand des Filters beobachtet. Gerade ein Röhrengerät mit 840 Watt Nennleistung ist natürlich ausgelegt für eine höhere Luftfördermenge, dass es diese Filterung der Luftmenge etwas öfters zu pflegen gilt sollte verständlich sein.
 
Wasser und verschiedene Reinigungsmittel und weg mit dem Dreck, alles frei bürsten und die Kühlkörper schön sauber machen. Bei der Reinigung ist ein Drähtchen abgebrochen, immer gut wenn man es merkt, soviel zum bekannten Thema "Kaputt-Reparieren" in diesem Fall "Kaputt-Putzen". Die kleinen Kühlkörper der Spannungsregler liegen hier direkt im vollen Luftstrom, bei schlechter Lüfterleistung überhitzen diese Kühlkörper sehr schnell, das Oszilloskop wird in diesem Fall irgendwann die Übertemperatur Sicherung aktivieren.




Zweiter Fehler

Fehler im Lower Beam Trigger

20. Januar 2010


   

Der "B SWEEP TRIGGER" (Schaltplan Nr. 6 im Instruction Manual) hat einen Fehler, er triggert ganz gelegentlich mal etwas wachsweich und in etwas chaotischer Abfolge.


Wenn man eine Rechteckspannung am Verstärker Eingang anlegt, dann sollte bei Triggerung darauf auch ein Rechteck den Triggerkreis durchlaufen, bis zum Transistor Q754 ist dieses auch einwandfrei vorhanden.

Am unteren Anschluß der Induktivität L755 entsteht auch noch ein Rechteck, allerdings mit chaotischer zappliger Amplitude, die dazu noch um einiges kleiner gewesen ist als zum Vergleich mit dem Upper Beam. Eine meiner Vermutungen ist, dass eventuell die Tunneldiode D755 nicht mehr einwandfrei in ihren leitenden Zustand überspringt oder unsauber wieder zurück.

Jedenfalls ein Vorteil eines Dual Beam Oszilloskopes ist es, man kann fast immer leicht die elektrischen Zustände zwischen den beiden Strahlsystemen miteinander vergleichen, das erleichtert die Fehlersuche.



Glück hat wer über ein zweites 556 verfügt und sich dort das B-Board ausleihen kann. Das Board wurde getauscht, zum Aus- und Einbau ist es hilfreich Fotos zu machen, sowie die Leitungen mit den entsprechenden Buchstaben zu markieren.


Der Lower Beam Trigger funktioniert wieder


Das erste Bild von beiden Strahlen im stabilen Triggerbetrieb.



Der Trigger funktioniert selbst noch auf das kleine 0.1 Division Signal, das macht Hoffnung.




Testen der aktiven Kennlinien

ab 20. Januar 2010, begleitend


Der Abschnitt Kennlinien ist ein sehr großes zeitaufwendiges Kapitel, ein zentraler Punkt dieser Restauration. Eine der wichtigsten Maßnahmen bei einer anständigen Reparatur ist es zuerst einen Eindruck vom Zustand der aktiven Bauelemente zu bekommen. Hierfür werden alle aktiven verstärkenden Bauteile mit dem Kennlinienschreiber untersucht. Einfach nur Bauteile zu tauschen ohne zu wissen warum, das tut man nicht.


Röhren

Es wurde zusammengetragen was gefunden wurde. Die gesamte Dokumentation befindet sich deswegen im Internet, da ist sie einfach über Jahre hinweg aufgehoben und selber finde ich sie immer wieder sofort ohne zu suchen. Fall diese gezeigte Dokumentationsmethode dem ein oder anderen gefällt es bei seinen Geräten ähnlich zu tun, dann hatte der Artikel einen weiteren Nutzen.
Part
(Link zeigt Übersicht).
Reference
(Link zeigt immer das aktuell eingebaute Bauteil).
Prüfling Typ Schematic No. Circuit
TTECC88 V534 3+4 E88 TFK 3 A Sweep Trigger
V583 19+20 6DJ Phil 4 A Sweep Generator
V625 85+86 E88 TFK 4 A Sweep Generator
V673 5+6 6DJ Phil 4 A Sweep Generator
V734 1+2 E88 TFK 6 B Sweep Trigger
V783 17+18 E88 TFK 7 B Sweep Generator
V825 21+22 6DJ Phil 7 B Sweep Generator
V873 45+46 E88 TFK 7 B Sweep Generator
V904 53+54 E88 TFK 9 Delay Pick Off
V1043 47+48 E88 TFK 10 ALT Trace Logic & Blanking
V1063 29+30 E88 Tesl 10 ALT Trace Logic & Blanking
V1104 27+28 6DJ Phil 11 Upper Beam Horiz. Amp
V1174 7+8 6DJ Phil 11 Upper Beam Horiz. Amp
V1184 9+10 6DJ Phil 11 Upper Beam Horiz. Amp
V1204 23+24 6DJ Phil 12 Lower Beam Horiz. Amp
V1274 13+14 E88 TFK 12 Lower Beam Horiz. Amp
V1284 15+16 E88 TFK 12 Lower Beam Horiz. Amp
TTECC81 V3 1 Left Vertical Amplifier
V203 2 Right Vertical Amplifier
P12AU6 V661 4 A Sweep Generator
V861 7 B Sweep Generator


Transistoren

Part
(Link zeigt Übersicht).
Reference
(Link zeigt das aktuell eingebaute Bauteil).
Schematic No. Circuit
2N4122
PNP
Silicon
40V
400MHz
4,5pF

Q3, Q103 (push-pull-pair) 1 Left Vertical Amplifier
Q14, Q114 (push-pull-pair) 1 Left Vertical Amplifier
Q34, Q134 (push-pull-pair) 1 Left Vertical Amplifier
Q203, Q403 (push-pull-pair) 2 Right Vertical Amplifier
Q214, Q414 (push-pull-pair) 2 Right Vertical Amplifier
2N918
NPN
Silicon
30V
900MHz
Q23, Q123 (push-pull-pair) 1 Left Vertical Amplifier
Q43, Q143 (push-pull-pair) 1 Left Vertical Amplifier
Q233, Q433 (push-pull-pair) 2 Right Vertical Amplifier
2N3251
PNP
Silicon
40V
250MHz
Q44, Q144 (push-pull-pair) 1 Left Vertical Amplifier
Q74, Q174 (push-pull-pair) 1 Left Vertical Amplifier
Q224, Q424 (push-pull-pair) 2 Right Vertical Amplifier
Q264, Q464 (push-pull-pair) 2 Right Vertical Amplifier
Q643
Q779
Q793
Q843
Q1154
Q1164
Q1254
2 Right Vertical Amplifier

4 A Sweep Generator
7 B Sweep Generator
3 A Sweep Trigger
4 A Sweep Generator
6 B Sweep Trigger
9 Delay Pick Off
10 ALT Trace Logic & Blanking
11 Upper Beam Horiz. Amp
12 Lower Beam Horiz. Amp




Weitere Reinigung

22. Januar 2010

Zwischenzeitlich muss man neben der Fehlersuche auch die Details reinigen, man kann sich immer nur Stück für Stück vorarbeiten.
Alles in einem Durchgang komplett zu reinigen, sollte sich kein Mensch antun, daher immer zwischendurch Stück für Stück.

Hier werden gerade die BNC Schutzkappen gereinigt in purem Reiniger mit Zitronensäure. Lange genug drin lassen und ständig umrühren. Bitte mitlesende Chemiker um noch bessere Tipps. Eventuell mit Salzsäure o.ä., es müssen hartnäckige Nickel Oxide gelöst werden, manche Buchsen sind auch versilbert. Der Ausbau der Buchsen ist möglich, geschieht aber nur sehr ungern.




Jetzt sehen die wieder wunderbar gut aus für ihre vierzig Jahre.




Dritter Fehler

Fehler in der Plug-In Versorgung

28. Januar 2010


Hinter der Upper Beam Delay Line befindet sich ein defekter 100 Ohm Widerstand. Diesen überdeckten Fehler sieht man nicht sofort, man kann ihn nur messen. Der Widerstand leitet die +350V Versorgung an den Plug-In. Festgestellt bei der Benutzung eines CA Plu-In, der die +350V intern verwendet.




R1552 war der defekte Widerstand. Der +350V Kreis ist mit einer Schmelzsicherung F1424 (0.75A) abgesichert, warum der 100 Ohm trotzdem zu heiß wurde kann ich nicht genau sagen.
Wahrscheinlich lag der fehlerhafte Überstrom der am Plug-In Stecker einst gezogen wurde in einem Bereich, der die Sicherung noch nicht auslöst, den Widerstand aber schon zerstört. Als Beispiel 300mA*300mA*100Ohm=9Watt, das macht ihn schnell kaputt, ist jetzt aber nicht mehr wichtig.




Vierter Fehler

Fehler in der Vertikal Endstufe

31. Januar 2010

War einfacher Fehler, ihn zu finden hat aber gedauert.


1V/Div
5µs/Div
Ground - Center Graticule

Wir legen ein 66 kHz Rechtecksignal an den 556 Upper Beam an.



2V/Div
5µs/Div

So sollte es nicht aussehen.

  • Der Gain ist zu hoch.
  • Mit den gerundeten Ecken und der lahmen Bandbreite wird das nichts.
  • Äußerst merkwürdig der plötzliche Übergang vom scharfen Strahl in einen breiten Strahl, sowohl oben als auch unten.


Aber jetzt wo liegt der Fehler, es gehen mir mögliche Fehlermodelle durch den Kopf:


  • Delay Line Compensation (SAG Effekt, Dribble-Up)? 
  • Verstärker Kompensation falsch eingestellt?

Nein, so tieffrequente Wirkung durch Falscheinstellung sin dfast nicht drin. All das ergäbe trotzdem einen stetigen Übergang und nicht diese merkwürdige Stelle. An die ganze noch ausstehende HF-Trimmer Einstellungen braucht man jetzt eigentlich nicht zu denken, das ist es nicht.

Schlußfolgerung, irgendein Teil im Verstärker geht in eine Sättigung - aber wo?

  • Da kann irgendeine Kennlinie (z.B. Diode) ab einer bestimmten Bedingung durchbrechen ,Transistoren, Dioden defekt.
  • Eine Hilfsspannung läuft bei irgendeiner Bedingung richtig schön in den Wald.
  • Transistoren in der Sättigung bedingt durch falsche Widerstände oder defekte Kondensatoren usw.
Was macht der Fehlersuchende, er beschäftigt sich zuerst einmal mit dem Schaltplan. Einfach nur so wie ein blindes Huhn mit dem Ohmmeter, der Probe und dem Multimeter ranzugehen um per Zufall vielleicht schneller ans Ziel zu kommen wäre bei kleineren Schaltungen akzeptabel, aber hier erschwert. Es wäre auch zu langweilig und Blindflug pur, möchte ich nicht. Zeit soll keine Rolle spielen, Verständnis und Erfahrung ist der Mühe wahrer Lohn.

  • Schaltplan lesen
  • Circuit Description lesen
  • immer wieder

so geht das erstmal Stunden für Stunden.

Die Art und Weise wie es gezeichnet ist, das macht jeder immer anders. Die Zeichner hatten früher keinen Computer und weniger Möglichkeit die Bauteile mehrfach auf dem Papier hin und her zuschieben, um alles zu optimieren. Dafür dass diese Pläne in wenigen Anläufen gezeichnet worden sind, sind sie sehr gut gemacht.

Anfangen erstmal wie wild darin rum zu messen, mit DMM und Oszi im DC Betrieb, die meisten Spannungen abgeklappert, nichts gefunden. Anlegen erster Test Signale und die Push-Pull Stufen ansehen. Aha, eine der beiden scheint ein wenig verzerrt zu sei, aber durch die ganze Kette hinweg durchgehend, und diese Kette ist leider lang.

  • Schaltplan lesen
  • Circuit Description lesen
  • Messen
  • immer wieder

Ärgern.
Die richtigen Bauteile zu finden ist ein Suchspiel auf den Keramik Lötstützpunkten. Das Manual hat keine Fotos mit Beschriftung der R, L, C und D. Man muss sich an den aufgedruckten "Q" Transistor Referenzbezeichnungen orientieren und jedesmal von E,B,C ausgehend die Schaltung am Gerät selber rekonstruieren, es geht aber es ist mühsehlig. Ich denke schon darüber nach basierend auf Fotos der Keramikträger eines Bestückungsplan zu erstellen. Aber das ist unendlich viel Arbeit - es muss nicht sein.

Ärgern
So nun gehen wir mal die Transistoren an, teils verbaut ohne Ende und nur mit Kinderhänden zwischen Seitenwand und CRT gut zu erreichen, manche Transistoren nur von der Unterseite zugänglich (nicht meckern, es sind Fassungen). Zugänglich bedeutet, dass bei diesem Gerät die volumigen 40kg öfters mal zu wenden und auf den Kopf zu stellen. Das braucht Platz, Kraft und ruhige Nerven auf dem Tisch.

Ärgern
Umklemmen der Tastkopfspitze von Messpunkt zu Messpunkt im laufenden Betrieb, natürlich geht das schon, aber nicht bei jedem Wechsel zu einem anderen Testpunkt, die Gefahr dabei abzurutschen und etwas zu zerstören (Kurzschluss durch Tastkopfspitze) oder einen Stromschlag zu bekommen besteht schon. Daher öfters als einem lieb ist hilft nur ständig das Gerät aus- und wieder einschalten. Solch ein Röhrengerät braucht auch nach kurzem Ausschalten immer wieder ungefähr eine Minute bis sich wieder was tut auf der CRT (aber immer noch schneller als manche PC -Oszis). Die verbrauchten Zeiten summieren sich zunehmend auf.

  • Transistoren vermessen
Mal sehen was die Kennlinien so sagen, alle sind auf den ersten Blick in Ordnung. Es hätte gut sein können dass da eine schwach gewordene Lusche mit dabei ist, was aber nicht diese komische Stelle an der CRT erklärt. Diese Arbeit ist aber nicht umsonst, da ich später noch alle Kennlinien aufnehmen möchte, das erste Antesten aus Neugier muss sein. Ich bin ein Freund von Kennlinien, da ich gern in diesen denke.

Es hilft nichts anderes bei Hilflosigkeit, alles muss komplett durch geprüft werden. Dann fangen wir am besten mal ganz am Anfang an, klingt auch irgendwie logisch.

Beginnen wir am Plug-In, das Ausgangssignal mit +67.5 VDC und dem überlagerten Push Pull Signal läuft vom Kathodenfolger bis zum Eingang der Endstufe hindurch, mit dem Resultat einer der beiden Zweige ist an manchen Stellen stärker verzerrt und an manchen Stellen weniger.


Messungen im Bereich der Delay Line



Das hier sollte normalerweise ein schnelles, sauberes Rechteck sein. So sieht der verzerrte Zweig in der Delay Line aus, sowohl davor als auch dahinter. Die Rundung hat schon etwas mit dem 556 CRT Bild gemeinsam. Der andere Delay Line Zweig sieht etwas besser aus.


Die stupide Denkmaschine kommt ins Rollen:

Verursachen die X10 Tastköpfe die rundlichen Verzerrungen?
Nein - dann wärs an beiden, außerdem ist alles recht niederohmig.

Spielen wir mal selber Oszilloskop-Ablenkplatten und addieren auf dem Test Oszilloskop beide Zweige, einmal mit ADD und mit ADD+INV. Sieht danach alles schon viel besser aus, merkwürdig aussehende Differenz Signale sehen nach der additiven Rekonstruktion wesentlich besser aus als im Einzelzweig alleine betrachtet, durch einfaches Nachdenken kommt man gleich dahinter warum, gleichartige Störungen auf beiden Delay Line Zweigen kompensieren sich aus, nur die gegenläufigen Anteile (Differenzen ergeben das Signal). Nur komischerweise auf der CRT sind die Rundungen noch stärker da als auf der Delay-Line, da komme ich nicht dahinter.


Wo ist die Störung am schlimmsten?

Ganz vorne am Delay Line Treiber am Kollektor. Wie sich herausstellen wird ist es die falsche Schlußfolgerung, suchen wir dort mal im Detail. Einiges später die Erkenntnis - nein - dort kann es nicht sein, alles scheint in Ordnung.

Solch ein Dual Beam Vertikal Verstärker muss schon einige trickreiche Nebenaufgaben erledigen. Es kommen im Left Amplifier erschwerend noch der Crossover Verstärker vom rechten Plug-In hinzu, sowie die Dioden Schaltlogik, die Trace Separation Schaltung und natürlich noch die Normal Trigger Signal Erzeugung. Von den ettlichen T-Coils und der Delay Line Termination erstmal gar nicht zu sprechen, das sind alleine mehrere Semester Elektrotechnik Grundverständnis und Jahre der Erfahrung für die funktionierende Realisierung, da brauchen wir uns nichts vorzumachen.

In der Schematic ist alles in wunderbarer Art und Weise schaltungstechnisch miteinander verstrickt. Man muss Stück für Stück erlernen was sind z.B. Schutzfunktionen und was Signalfunktionen. Die Circuit Description ist hilfreich aber in ihrem Umfang natürlich beschränkt - das ist auch gut so, man muss einfach selber ran.


Jetzt will ich zuerst alles komplett verstehen bevor ich überhaupt auch nur ein Stückchen weitersuche!

Dieser Entschluss war richtig, auch wenn er auf den ersten Blick sinnlos und überzogen erscheint, wegen diesem alten Oszilloskop? Ja genau, der wahre Gewinn ist die Erfahrung und das Wissen, das funktionierende Oszilloskop ist nur die Belohnung.

Aber was heißt das in der Realität? Na dann schau Dir mal den umfangreichen Schematic 1, Left Vertikal Amplifier mal genauer an, dieses Teil ist gut verstrickt und heftig kompliziert mit mehreren überlagerten Regelkreisen. Erst wenn ich alle schaltungstechnischen Funktionen der meisten Bauteile verstanden habe inklusive ihrer groben Dimensionierung werde ich die Suche fortsetzen. Dies sind die "schweren Entschlüsse", die man fasst, aber ich ziehe das jetzt durch.

  • Oszilloskop abschalten und auch abgeschaltet lassen.

Hinsetzen, den ganzen Tag, Freinehmen, nichts vorhaben und alles unwichtige um einem herum ignorieren.

Schaltplan lesen
Circuit Description lesen
nachdenken.


Schaltplan selber zeichnen.

Ich kam nur noch mühselig weiter, die ganzen Schaltungsfunktionen nur aus dem Originalplan heraus zu verstehen, ich sah darin keine Chance mehr. Jetzt war der Punkt erreicht wo mir die eigene Logik sagt:

  • zeichne die komplette Schaltung so wie Du sie selber verstehst ohne um fünf Ecken denken zu müssen.
  • zeichne die Bauteile so positioniert wie auch die Ströme fließen und für Dich logisch direkt.
  • zeichne die Bauteile so positioniert von Top nach Down ihren Potentialen entsprechend, höhere Spannungen sind zunehmend oben auf dem Schematic.
  • zeichne die Bauteile bestmöglich in ihren Funktionsblöcken aufgeteilt ohne sie zu sehr zu vermischen.
  • zeichne die Bauteile so, dass der Strom möglichst immer von "oben nach unten fällt". (Nachdenklich aus dem Fenster blickend fällt der Schnee in diesen Tagen genauso - es sei denn er bekommt Seitenwind und dass nennt man hier dann Verstärkung oder Signal.).
Ein jeder hat dabei eigene Vorstellungen, denen muss er folgen.
Schaltpläne zu zeichnen ist eine Kunst für sich, ich denke ich kann das. An der Art und Weise und an Kleinigkeiten wie ein Schaltplan gezeichnet ist erkennt man vieles, angefangen von den Randbedingungen einer Entwicklung und oft auch die Person(en) die dahinter stecken.

Die Qualität einer Schaltung läßt sich auch schon erahnen, ein Schaltplan muss nicht schön sein oder gar geleckt, nein er muss aus elektrischer Sicht logisch sein sein, das Handgekritzel mancher Könner ist verständlicher als die perfekte Computerzeichnung von technischen Zeichnern die nichts mit der Schaltung zu tun haben. Aber das versteht nur einer, der selber entwickelt oder damit Fehler suchen muss, bei allen anderen ist dieser Erklärungsansatz absolut hoffnungslos.

Ich meine damit natürlich nicht diesen Originalplan, ich habe schon gesagt unter dem Anspruch 60ziger Jahre, Handzeichnungen, weniger Platzierungsversuche, alles muss auf ein Blatt passen usw., gilt weiterhin: es wurde sehr gut gemacht. Den stehenden Push-Pull Stufen gebe ich den Vorzug (Gewohnheitssache) vor den liegenden wie hier - aber drucke mal eine lange stehende Kette auf ein längliches Blatt Papier, viel Spaß - das erklärt fast alles.

Die Reparierenden wurden in den alten Manuals oftmals noch mit Comics und Zeichnungen belohnt und zum Weitermachen ermuntert. Welcher Reparierende kennt nicht den schießenden Cowboy im 7A26 Verstärker oder den Bergsteiger an der 502A CRT (es gibt noch einige Beispiele mehr).

Noch nicht gesehen?



 

Das war noch freie Elektrotechnik.

Heutzutage schwer vorstellbar, das gäbe den größten Ärger.
Oder sind Sie in einem Unternehmen bei dem sowas noch möglich ist?
Dann interessiert es mich mehr darüber zu erfahren.


Ein neuer Plan

Nach ein paar Stunden des Zeichnens und dem ständigen Verschiebens der Bauelemente ist ein neuer Schaltplan entstanden, den ich jetzt umfassend verstehen kann. So etwas kostet wieder Stunde um Stunde vor dem Computer, aber es befreit von der Last des sinnlosen Suchens, um einem frustierendem Abbruch entgegen zu wirken.


Das sind jetzt etwa 75% der Bauteile vom Left Vertical Amplifier. Der Rest ist nicht notwendig zur Funktionserklärung und wird später eingezeichnet zu einem Komplettschaltplan.

Warum zeige ich diesen Schaltplan nicht größer und gut leserlich?

Ganz einfach deswegen, wenn Du diesen Vertikalverstärker verstehen willst, dann tue es selbst, fange an ihn selber Stück für Stück zu zeichnen, bei jedem Schritt den Du zeichnest wächst das Verständnis und irgendwann schließt sich der Kreis ganz von alleine. Dieses Teil per Internet zu erklären würde lange dauern, vergiss es. Und ich würde fast mit Dir wetten, falls Du den Plan jetzt selber zeichnest, wird er ähnlich aussehen wie der hier den Du vor deinen Augen hast. Es sei denn Du bist ein Freund der liegenden Push-Pull Zeichnungen, dann bist Du mit den Original auch gut beschert.

Die logische Platzierung der Gruppen hat mich ettliche Stunden gekostet und das ist das eigentliche kleine Geschenk an Dich.

Mit dem originalen Schaltplan den man nicht selber gezeichnet hat habe ich es nicht geschafft alle Funktionen zu verstehen, auch nach sehr vielen Stunden am Oszilloskop nicht. Teilfunktionen ja, komplett umfassend betrachtet aber nur Bahnhof. Mit dem eigenen Schaltplan (als er fertig war) reichte eine konzentrierte Stunde völlig aus.

Mittlerweile denke ich wäre ich in der Lage selbst einen ordentlichen Vertikal Verstärker zu entwickeln, ich habe keine Angst davor (Respekt ja), mittlerweile verspüre ich die Lust das auch zu tun, ich habe noch ein zweites 556. Vielleicht komme ich auch irgendwann mal an eine gebrauchte oder neue 556 Röhre ran, wäre schön. Geistiger Nachholbedarf besteht noch ganz klar im Bereich Delay-Line Kompensation und den T-Coils, aber ich denke das ist auch nur komplexe Wechselstromrechnung, Verständnis von Leitungsimpedanzen und der leitungsgebundenen Wellenausbreitung, das ist beherschbar (obwohl es hartes Brot ist). Die Kunst und der Aufwand hierfür wird auch in der Empirik und dem Erreichen der erforderlichen Perfektion liegen.


Wie hat Dir dieser Ausflug gefallen?

Wir kamen jetzt von Pontius nach Pilatus und haben den eigentlichen Fehler immer noch nicht gefunden, das ist aber nicht schlimm, da jetzt alles verstanden ist findet man den Fehler auch leicht, das ist meistens so und das können wir ganz entspannt morgen erledigen.

Am nächsten Tage gehe ich da ganz entspannt dran und finde ihn in fünf Minuten !


Der nächste Tag

Mir war durch das erarbeitete Verständnis klar geworden durch die Delay-Line fließt in beiden Zweigen im Ruhezustand ein konstanter Strom, das bedeutet natürlich die verbogene, überlagerte Signalform sehe ich an jeder Stelle der Delay-Line Kette, die Störung war nur im Bereich der Delay Line Treiber und der Emitterfolger relativ stark ausgeprägt, da sich dort entsprechende Widerstände befinden an denen sich die Störung gut sichtbar austoben kann. Das war die erste Erkenntnis, nur weil die Störung dort gut sichtbar ist muss sie in diesem Falle noch lange nicht in diesem Bereich entstehen.

Die zweite Erkenntnis war an der CRT sah die Störung heftiger aus als an der Delay-Line, warum?, weil es abgekoppelte Teile gibt und nur geschwächt die Störung an die Delay-Line weitergeben.


Was liegt nun näher als dort zu suchen, genau am anderen Ende wo man es nicht vermutete?


Wenn ich anstatt vorne anzufangen, hinten angefangen hätte zu suchen, hätte ich den Fehler ein paar Tage früher sofort gefunden, hätte wahrscheinlich aber nicht die Gnade erfahren mir das Verständnis vom Verstärker erarbeiten zu dürfen.

Die wirklich einzigen Spannungen, die ich mir noch nicht angesehen habe waren die Spannungen an der Endstufen Pentode und der CRT selbst, ich war so geblendet vom Gedanken der Fehler liegt im Bereich der Delay-Line und deren Antrieb oder Terminierung, dabei hatte nur der Fehler in der Endstufe eine Rückwirkung auf das Signal in der Delay-Line. Der eigentlich sichtbare Fehler am CRT Bild war heftiger als der gedämpfte in der Delay-Line, dieser Gedanke begleitete mich ständig, jetzt konnte ich ihn verstehen.

Ich hatte viele Stunden früher sogar mal die Endstufen Pentoden vom intakten rechten Vertikalverstärker mit denen vom defekten linken getauscht um schnell zu sehen ob diese noch in Ordnung sind, waren sie auch, aber heute war alles anders:


Die erste Messung an diesem schönen neuen Tag nach der Verständnisaktion:


  1. Messe die Kathodenspannung an den Endstufen Pentoden - ok
  2. Messe die Gitterspannungen an den Endstufen Pentoden - ok
  3. Messe die Anodenspannung an den Endstufen Pentoden - HORROR !!!

nur jämmerliche 143 Volt anstatt dem Sollwert von 176V.
(Der Strahl ist dabei mittig im Upper Beam Bereich positioniert).

Bei der Sichtung von solch einem Messergebnis brechen im erstem Moment die Tore förmlich auf. Es dauerte keine zehn Sekunden und ich habe das Gerät sofort ausgeschaltet und bin mit dem Ohmeter sofort an die Anodenwiderstände gegangen. Und siehe da eines dieser Biester hatte anstatt 1000 Ohm stolze 2000 Ohm.

Wenn man den Fehler kennt ist alles nur noch Kindergarten, besonders für Außenstehende ist das natürlich immer genauso leicht zu sagen. Viele sagen dann einfach nur: "das ist ja logisch das es so ist, das muss so sein, das weiß man", kenne ich alles nur zu gut, man lernt damit zu leben.



1000 Ohm Sollwert.



2000 Ohm anstatt 1000 Ohm Sollwert.




Sofort mit dem neuen Wert gekennzeichnet und einem entsprechenden Symbol gekennzeichnet.

Warum hat der Widerstand jetzt exakt 2000 Ohm? Sehr wahrscheinlich hat der Widerstand eine innere Struktur von zwei parallel geschalteten 2000 Ohm Widerständen. Diese Widerstände sollten sicherlich genau definierte parasitäre Eigenschaften haben um zur T-Coil und den Ablenkplatten zu passen. Auch die thermische Drift sollte entsprechend sein, da sonst der Strahl auf der CRT in der Gegend herum wandert falls beide Widerstände nicht gleich laufen würden. Wenn dieser Widerstand ausgetauscht werden muss, dann nur gegen einen originalen Widerstand, der freundlicherweise aus meinem zweiten (noch defekten) 556 entnommen wurde.
Oder falls kein Orginal zur Hand ist, sollte man sehr wahrscheinlich gleich beide gegen den gleichen neuen Ersatz Typus austauschen, hierzu kann man sich sicherlich einen Ersatz aus z.B. HF SMD oder bedrahteten Widerständen selber zusammen bauen. Die nachfolgende Evaluierung wäre wahrscheinlich unerlässlich. Aber das mache ich dann am anderen Oszilloskop falls mir nirgends solch ein Widerstand über den Weg läuft.


Was lernen wir aus dieser Geschichte?
  • Beginne nicht immer nur von vorne, sondern auch mal von hinten.
  • Messe zwischendurch vielleicht auch mal an den Spannungen, die so leicht zugänglich sind wie keine andere in diesem ganzen Oszilloskop.
  • Das DMM das fast weniger kostet als die zugehörige Batterie in manchem Elektrofachhandel hat den Fehler gefunden.
Wer es verstanden hat braucht manchmal nur ein paar Stunden, wer es nicht richtig versteht braucht Tage, wer es gar nicht lernen will, der findet es nie.



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