Type 556 Dual-Beam Oscilloscope 




Endlich hatte ich mal das seltene Glück ein Tektronix Type 556 zu ergattern, darauf wartete ich schon lange.  Es ist ein Oszilloskop mit zwei voneinander unabhängigen Strahlsystemen, je nach Einschub erreicht es mit den schnellen Type 1A4 und Type 1A1 Einschüben eine Bandbreite von ca. 50 MHz, für die meisten Arbeiten vollkommen ausreichend. Die Strahlschärfe und Einstellbarkeit der Focusierung dieser alten Serien ist ausgezeichnet und wie ich finde z.B. der 7000er Serie einen Hauch überlegen, das kann aber auch an der typischerweise geringeren Bandbreite der Vertikalverstärker liegen. Ausgestattet mit zwei Type 1A4 Einschüben kann es acht Kanäle gleichzeitig mit 50 MHz Bandbreite darstellen ! Der 1A1 Verstärker reicht von 20V/cm herunter bis auf 5mV/cm, ein breiter Bereich. Der 1 kHz Rechteck Kalibrator kann 200µV bis 100V ausgeben.

Das Gerät besitzt einen Upper Beam der auf der oberen Grundlinie basiert sowie einen Lower Beam auf der unteren Grundlinie, beide Strahlen sind auf die Grundlinie bezogen mit ca. +/-3cm gut auslenkbar, nach ca. +/-3.5cm beginnt die Ablenkung in der Geometrie zu verzerren und nach ca. +/-4cm verschwindet der Strahl, 7000er z.B. schaffen hingegen locker +/-4cm fast komplett verzerrungsfrei bis in die Ecken, Vorraussetzung eine penible Geometrie Einstellung, ein klarer Vorteil durch die späteren Entwicklungsjahre, z.B. hier beim 7844 gut erkennbar. Das lower frequency Dual Beam 565 kann den Strahl auf verzerrungsfreie +/-4cm auslenken und es hat eine wie ich finde noch etwas höhere Strahlschärfe als das 556, allerdings auch eine geringere Bandbreite, beides ist miteinander verknüpft.

Das 565 verfügt wie das 502 oder das 502A über den P2 Phosphor, der länger nachleuchtet und dadurch für langsamere Zeitbasis Einstellungen z.B. mit 5 Sekunden/cm oder 1 Sekunde/cm besser geeignet ist. P2 verläuft auch etwas mehr ins blaugrüne als der sattgrüne Standard P31  Phosphor im 556, P31 hat hingegen die höchste Leuchtkraft von allen und ist dazu weniger empfindlich gegenüber zu kräftigen Helligkeitseinstellungen mit der Gefahr von Einbrennspuren. Mit "grünbläulich" beim P2 Phosphor meine ich natürlich nicht den tiefblauen P11 Phosphor wie z.B. beim 7904 oder 7904A (zwei gezeigte Exemplare jeweils mit der Option 78, dem P11 Phosphor); normalerweise waren die 7000er alle mit P31 als Standard ausgestattet. Informationen über die Eigenschaften und die Leuchtkraft bezogen auf den P31 als Standard Phosphor finden sich in jedem Tektronix Katalog z.B. aus den 80ziger Jahren, manche Jahrgänge stehen zum Download im Internet.

Der Type 556 hat umfangreiche Triggermöglichkeiten und Trigger-Filter, jeder Plug-in kann von jeder Zeitbasis aus bedient werden, die Delay Einrichtung arbeitet ausgezeichnet, auch die Triggereinstellbarkeit, excellent besser es geht nicht. Die leichte und getrennte Einstellbarkeit von Astigmation und Focus erlaubt es z.B. in Rechtecksignalen jedes Detail ob in der Flanke oder auf Schulter mit genauester Schärfe anzusehen. Die Anordnung und Bedienbarkeit der Knöpfe ist überaus gelungen, daran zu drehen ist eine Freude allererster Güte, es läßt sich praktisch blind bedienen, auch der AC-DC-GND Schalter der Einschübe, die Anordnung kann nicht besser sein, moderne Software-Shift-Untermenu bediente Geräte können sich scheibenweise, nein eimerweise davon abschneiden.

Das Gewicht beträgt mit den Einschüben ca. 42 kg, der Spaß es herumzutragen hört kurz danach aber wirklich auf. Der Leistungsbedarf ist mit maximal 840 Watt angegeben und eine ideale Edelheizung für den Winterbetrieb. Das Gerät ist ein Hybrid der Übergangszeit aus 34 Röhren und ettlichen Transistoren, erst durch die Transistoren ist es gelungen diesen schnellen Dual Beam in nur einem Gehäuse unterzubringen, ein anderes Model der 555 ist auch groß und hat aber beispielsweise die Power Supply in einem extra Gehäuse ausgelagert, wahrscheinlich noch weniger oder gar keine Transistoren, ich weiß es nicht. Das 556 hatte Ende der Sechziger mit oder ohne Einschübe einst angeblich ca. 4400 Dollar gekostet, ich kann es nicht verläßlich sagen.

Der Zustand ist bis auf den gebrochenen Knopf im 1A4 ausgezeichnet erhalten, keinerlei nennenswerte erkennbare Kratzer auf der Frontplatte oder am Lack das ist sehr selten, sogar die Tragegriffe sind noch in Ordnung. An diesem lauen Sommersonntag erfährt es gerade die erste Grundreinigung der Frontplatte und der Knöpfe. Die Knöpfe sind meistens immer arg verschmutzt, die Rillen lassen sich gut reinigen mit einer Bürste, Zahnpasta und Wasser, für die etwas härteren Fälle hilft Alkohol. Das abgebildete Gerät mit der Serienummer 532 wurde für Europa in den Niederlanden gebaut, es ist aber bereits ein Typ der neueren 556 Generation, es existieren zwei Serien "up-to-SN 1999" und die Serie "SN 2000 and above", als eines der deutlichsten Unterscheidungsmerkmal: die "SN 2000 and above" kann im Lower Beam Display den Right Plug-in sowohl auf Time Base A oder B stellen, die "SN 1999 and below" konnten nur eine von beiden. Zeitbasen bedienen.

Nicht mehr zeitgemäß ist natürlich der Leistungsbedarf, das eklige Gewicht und die hohe Lautstärke des aber noch angenehm tief klingenden Lüftergeräusches. Die elektrische Leistungsfähigkeit ist selbst nach heutigen Maßstäben immer noch beachtlich und wie schon gesagt für sehr viele Arbeiten auch im Jahr 2009 vollkommen ausreichend, auch im Jahr 2009 sind Oszilloskop weiterhin nicht besser als der Bediener selbst, daran ändern auch tausend Einstellmöglichkeiten, Betriebssysteme und ewige Bandbreite nichts.

Die Triggerempfindlichkeit und Einstellbarkeit ist sehr gut, die Vorteile eines echten Dual Beam liegen ungenannt auf der Hand. Über die mechanische Verarbeitung und Wartbarkeit brauchen wir uns hier nicht zu unterhalten, besser geht es kaum. Unschlagbare Glanzpunkte sind die ausgezeichnete Bedienbarkeit und ideale Anordnung der Knöpfe und Einschübe, daraus resultiert ein optisches Erscheinungsbild, das mich verpflichtet den Titel zu verleihen - eines der am angenehmsten bedienbaren und schönsten Oszilloskope der Welt, für mich die Nummer "Eins". Meine persönliche Nummer "Zwei" bezogen auf eine andere Serie stammt aus der 7000er Serie: das 7844 mit den runden Ecken und den tollen Dual Beam Eigenschaften, jedoch auch in dieser Serie gibt es eine 7000er Schönheitskönigin, das 7904 mit Option 78 (schöne Bauform, blauer Strahl, toll beleuchte und hübsch angeordnete Knöpfe und sogar noch ohne Lüfter), das natürlich ein 7904A oder 7104 elektrisch besser ist - ganz klar - steht aber nicht auf dem heutigen Wettbewerbsprogramm.

Bessere und mehr Fotos vom 556 kommen erst nach der Komplettreinigung, die Bilder zeigen den ungereinten Zustand so wie ich es bekommen habe mit 40 Jahren auf dem Buckel !








Eine lange armdicke Dual Beam CRT




Das sind die Feinheiten, speziell hergestellte Widerstände und eine T-Coil Kompensation der Verstärker.




So sauber nach 40 Jahren !




Eine Ersatzrolle ab Werk im Gerät eingebaut mit silberhaltigem Lötzinn, wo gibt's noch sowas?




Noch der Original Luftfilter bei abgenommenem Deckel, allerdings total porös, zerbröselt schon beim Ansehen.






Der liebe Herr Weber hatte das Gerät 1978 nachgeeicht, wenn er das wüßte, das das jetzt im Internet steht. Hochspannungspotis, Keramiktrimmer, Delay-Line, kompakte verschlossene Hochspannungseinheit und die leichte Wartbarkeit alles gut zu erkennen.

Irgendwo verrückt und doch nachvollziehbar, es besteht Zugang zu modernen Digital Oszilloskopen und ettlichen heiß geliebten 7000er, aber es wird mir oft eine Freude bereiten mit diesen alten edlen Maschinen Oldtimern zu arbeiten, nicht nur aus Spaß und Hang zur Nostalgie sondern auch wegen den überzeugenden Eigenschaften aus Bedienung, Optik und Leistungsfähigkeit. Die gewonnen Erfahrungen werden zeigen wo noch weitere Vor- und Nachteile liegen.

 Hier geht es weiter zum Reparatur und Kalibrationsbericht sowie zu Röhrenkennlinien



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